Zahnarzt und Patient
IVM
Von Th. K.Frank«
In der Zeitung stand eine Anzeige:
Radioapparat, hochwertig, wie neu, gegen Lerren-
anzug zu tauschen gesucht. Angebote unter WW 2308.
Als Lans Deubler sie las, kam ihm ein Gedanke.
Ein Radioapparat war schon lange das Ziel
seiner Wünsche, und besonders jetzt im Kriege gehörte
er zu jedes Menschen Ausrüstung wie der Stecke»
zum Esel.
Aber Frau Berta war anderer Ansicht. Sie war
überhaupt fast immer anderer Ansicht, teils aus
Grundsatz, teils vermöge und zufolge ihrer
größeren Einsicht und Erfahrung. Was ihm einfiele,
fragte sie. Seine Anzüge seien samt und sonders
zweiter und dritter Qualität, und die Kleiderkarte
setze etwaigen späteren Erwerbsabsichten gewisse
Grenzen.
Doch Lans ließ sich von seiner Idee nicht ab-
bringen. Der Radioapparat mußte her! So setzte
er sich, allen Belehrungen und Protesten seiner
braven Eheliebsten zum Trotz, sogleich hin und
schrieb an WW 2308.
Zwei Tage später kam sein Partner. Den Radio-
apparat hatte er gleich mitgebracht. Er habe 350
Mark gekostet, sagte er, sei erstklassiges Fabrikat
und leiste seine Arbeit treu wie ein Lund und prä-
zise wie der beste türkische Lausknecht. Dann be-
gehrte er das Tauschobjekt zu sehen.
Lans holte seinen blauen Anzug hervor. Er war
just kein Paradestück, denn er befriedigte leider nicht
alle Forderungen, die man in Bezug auf Aesthetik
und Symmetrie an ihn zu stellen gemeiniglich be-
rechtigt war, weil er Lansens Proportionen nicht
entsprach. Dieweilen nämlich der Bauch zu lang und
die Beine entsprechend kürzer geraten waren, so daß
also an der unteren Lälfte seiner Vorderfront ei»
leerer Raum entstand, der sich gelegentlich ebenso
überflüssig wie unlieb bemerkbar machte und die
Zufriedenheit seines Besitzers erheblich beeintiäch-
tigte. Aber den freundlichen Radiomann störte dieser
Aeberfluß nicht, und nachdem Lans fünfzig Mark
zugezahlt hatte, ward der Tausch perfekt.
Aeber etliche Tage war die Lochantenne fertig,
und dann begann für Lans eine glückliche Zeit. Es war doch wirk-
lich eine schöne, herrliche Sache um so ein Radiogerät. Indes,
die Lerrlichkeit dauerte leider nur einige Tage; der Apparat bekam
plötzlich Schwächeanfälle, und schließlich streikte er vollends.
Lans zog einen Fachmann zu Rate. Der kam, sah und sagte:
„Das Gehäuse ist noch gut; alles andere könne» Sie getrost zum
Schrott werfen."
Das war Lans eine böse Botschaft. Anderen Tages las er in
der Zeitung eine Anzeige:
Fortzugshalber 4 Kaninchen (Riesen) gegen Zimmerosen oder
Radioapparat zu tauschen. Fritz Löcker, Krückenweg 98.
Lans lud sich allsogleich seinen Radioapparat auf und wanderte
zum Krückenweg. Aber Fritz Löcker hatte nicht nur Karnickelverstand.
Er untersuchte die Wunderkiste von und »ach allen Seiten und
Richtungen und sagte dann: „Alter Kasten! Aber trotzdem, wenn
Sie dreißig Mark zuzahlen, ist der Lande! gemacht."
Lans zahlte zu und zog mit den vier Riesen heimwärts, froh
und frohlockend über de» wohlfeilen Tausch. Der reinste Lans im
Glück war er doch.
Daheim gab es wieder einmal Streit und Krach, denn Frau
Berta war, wie vorauszusehen, anderer Ansicht, teils aus Grundsatz,
teils vermöge und zufolge ihrer größeren Einsicht und Erfahrung.
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IVM
Von Th. K.Frank«
In der Zeitung stand eine Anzeige:
Radioapparat, hochwertig, wie neu, gegen Lerren-
anzug zu tauschen gesucht. Angebote unter WW 2308.
Als Lans Deubler sie las, kam ihm ein Gedanke.
Ein Radioapparat war schon lange das Ziel
seiner Wünsche, und besonders jetzt im Kriege gehörte
er zu jedes Menschen Ausrüstung wie der Stecke»
zum Esel.
Aber Frau Berta war anderer Ansicht. Sie war
überhaupt fast immer anderer Ansicht, teils aus
Grundsatz, teils vermöge und zufolge ihrer
größeren Einsicht und Erfahrung. Was ihm einfiele,
fragte sie. Seine Anzüge seien samt und sonders
zweiter und dritter Qualität, und die Kleiderkarte
setze etwaigen späteren Erwerbsabsichten gewisse
Grenzen.
Doch Lans ließ sich von seiner Idee nicht ab-
bringen. Der Radioapparat mußte her! So setzte
er sich, allen Belehrungen und Protesten seiner
braven Eheliebsten zum Trotz, sogleich hin und
schrieb an WW 2308.
Zwei Tage später kam sein Partner. Den Radio-
apparat hatte er gleich mitgebracht. Er habe 350
Mark gekostet, sagte er, sei erstklassiges Fabrikat
und leiste seine Arbeit treu wie ein Lund und prä-
zise wie der beste türkische Lausknecht. Dann be-
gehrte er das Tauschobjekt zu sehen.
Lans holte seinen blauen Anzug hervor. Er war
just kein Paradestück, denn er befriedigte leider nicht
alle Forderungen, die man in Bezug auf Aesthetik
und Symmetrie an ihn zu stellen gemeiniglich be-
rechtigt war, weil er Lansens Proportionen nicht
entsprach. Dieweilen nämlich der Bauch zu lang und
die Beine entsprechend kürzer geraten waren, so daß
also an der unteren Lälfte seiner Vorderfront ei»
leerer Raum entstand, der sich gelegentlich ebenso
überflüssig wie unlieb bemerkbar machte und die
Zufriedenheit seines Besitzers erheblich beeintiäch-
tigte. Aber den freundlichen Radiomann störte dieser
Aeberfluß nicht, und nachdem Lans fünfzig Mark
zugezahlt hatte, ward der Tausch perfekt.
Aeber etliche Tage war die Lochantenne fertig,
und dann begann für Lans eine glückliche Zeit. Es war doch wirk-
lich eine schöne, herrliche Sache um so ein Radiogerät. Indes,
die Lerrlichkeit dauerte leider nur einige Tage; der Apparat bekam
plötzlich Schwächeanfälle, und schließlich streikte er vollends.
Lans zog einen Fachmann zu Rate. Der kam, sah und sagte:
„Das Gehäuse ist noch gut; alles andere könne» Sie getrost zum
Schrott werfen."
Das war Lans eine böse Botschaft. Anderen Tages las er in
der Zeitung eine Anzeige:
Fortzugshalber 4 Kaninchen (Riesen) gegen Zimmerosen oder
Radioapparat zu tauschen. Fritz Löcker, Krückenweg 98.
Lans lud sich allsogleich seinen Radioapparat auf und wanderte
zum Krückenweg. Aber Fritz Löcker hatte nicht nur Karnickelverstand.
Er untersuchte die Wunderkiste von und »ach allen Seiten und
Richtungen und sagte dann: „Alter Kasten! Aber trotzdem, wenn
Sie dreißig Mark zuzahlen, ist der Lande! gemacht."
Lans zahlte zu und zog mit den vier Riesen heimwärts, froh
und frohlockend über de» wohlfeilen Tausch. Der reinste Lans im
Glück war er doch.
Daheim gab es wieder einmal Streit und Krach, denn Frau
Berta war, wie vorauszusehen, anderer Ansicht, teils aus Grundsatz,
teils vermöge und zufolge ihrer größeren Einsicht und Erfahrung.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Zahnarzt und Patient"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5096, S. 197
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg