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JUANAS BILD
Von Alfred Richter
Pedro und Alfonso arbeiteten zusammen in den Salpetergruben
droben im Gebirge. Es war eine gottverlassene Gegend. Da gab es
Sehnsucht, Sehnsucht gab es da, Sehnsucht nach vielem: nach Liebe,
nach Tanz, überhaupt nach den Mädchen, nur auf ein paar ge-
flüsterte Worte, eine zugeworfene Blume, und Blicke, Blicke-
aber wo waren die Mädchen? Lier oben gab es ja keine!
„Aebrigens, was seufzt du herum von Mädchen," sagte Alfonso
vorwurfsvoll, „du hast ja eine Braut!" And er schielte nach Iuanas
Bild, das über Pedros bescheidener Pritsche an der Wand hing,
einfach mit vier Nägeln sestgeschlagen, ohne Glas und ohne Rahmen,
aber dafür ein sehr, sehr schönes, und auch ein großes Bild. Rodrigo,
der Ingenieur aus ihrem Dorfe, ihr alter Freund, hatte es aus
Gutmütigkeit — und aus Verliebtheit — nach der Natur skizziert
und zu Lause sorgsam ausgepinselt, der Juana überreicht und hatte
auf Dank gewartet. Aber ein paar Tage darauf war er verunglückt.
Juana weinte ein bißchen.
Dann schenkte sie das Bild dem Pedro. Er wollte sie ja heiraten.
Ringe hatte er gekauft, man hatte Verlobung gefeiert. Nun würde
er doch auch in die Salpetergruben gehen, um viel Geld zu verdienen.
Danach würde dann die Lochzeit sein. Juana sollte ihm nur inzwischen
treu sein!.
Sie versprach es.
And nun hing also ihr Bild drüben in der Baracke bei den
Salpetergruben über Pedros Liegestatt. Sowie er aufwachte, fah
er als erstes das Bild, und auch als letztes, bevor er einschlief. So
treu war Pedro seiner Juana. Oh, möchte sie es ihm mit gleichem
vergelten!
Natürlich schrieben sie sich Briefe. Jeden Tag wollte Pedro einen
Brief von Juana haben. Da sie nun so furchtbar oft aber doch nicht
schrieb, mußte seine Schwester, das verlangte er, ihm auch noch extra
schreiben, recht oft. Aeber Juana vor allem, er wollte immerfort
über Juana hören.
Ja, und eines Mittags, als Pedro in der Pause in seine Koje
trat — als Sanitäter hatte er einen Verschlag für sich allein — hatte
irgend so ein Schurke, so ein Lund, so ein Schakal Juanä einen
Gendarmenschnurrbart ins Gesicht gemalt. Es sah wahnsinnig aus.
Pedro schäumte. Er schliff sein Messer auch noch auf der Rückseite.
Er legte Prügel zurecht, gleich mehrere. Er leistete grauenhafte
Racheschwüre. And er verpflichtete Alfonso, mit aufzupassen. Alfonso
schwor es.
Doch bereits am nächsten Tag leuchtete beiden, wie sie gemeinsam
das unselige Gemach betraten, eine knallrote Nase höhnisch aus dem
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Die Eiszeit
JUANAS BILD
Von Alfred Richter
Pedro und Alfonso arbeiteten zusammen in den Salpetergruben
droben im Gebirge. Es war eine gottverlassene Gegend. Da gab es
Sehnsucht, Sehnsucht gab es da, Sehnsucht nach vielem: nach Liebe,
nach Tanz, überhaupt nach den Mädchen, nur auf ein paar ge-
flüsterte Worte, eine zugeworfene Blume, und Blicke, Blicke-
aber wo waren die Mädchen? Lier oben gab es ja keine!
„Aebrigens, was seufzt du herum von Mädchen," sagte Alfonso
vorwurfsvoll, „du hast ja eine Braut!" And er schielte nach Iuanas
Bild, das über Pedros bescheidener Pritsche an der Wand hing,
einfach mit vier Nägeln sestgeschlagen, ohne Glas und ohne Rahmen,
aber dafür ein sehr, sehr schönes, und auch ein großes Bild. Rodrigo,
der Ingenieur aus ihrem Dorfe, ihr alter Freund, hatte es aus
Gutmütigkeit — und aus Verliebtheit — nach der Natur skizziert
und zu Lause sorgsam ausgepinselt, der Juana überreicht und hatte
auf Dank gewartet. Aber ein paar Tage darauf war er verunglückt.
Juana weinte ein bißchen.
Dann schenkte sie das Bild dem Pedro. Er wollte sie ja heiraten.
Ringe hatte er gekauft, man hatte Verlobung gefeiert. Nun würde
er doch auch in die Salpetergruben gehen, um viel Geld zu verdienen.
Danach würde dann die Lochzeit sein. Juana sollte ihm nur inzwischen
treu sein!.
Sie versprach es.
And nun hing also ihr Bild drüben in der Baracke bei den
Salpetergruben über Pedros Liegestatt. Sowie er aufwachte, fah
er als erstes das Bild, und auch als letztes, bevor er einschlief. So
treu war Pedro seiner Juana. Oh, möchte sie es ihm mit gleichem
vergelten!
Natürlich schrieben sie sich Briefe. Jeden Tag wollte Pedro einen
Brief von Juana haben. Da sie nun so furchtbar oft aber doch nicht
schrieb, mußte seine Schwester, das verlangte er, ihm auch noch extra
schreiben, recht oft. Aeber Juana vor allem, er wollte immerfort
über Juana hören.
Ja, und eines Mittags, als Pedro in der Pause in seine Koje
trat — als Sanitäter hatte er einen Verschlag für sich allein — hatte
irgend so ein Schurke, so ein Lund, so ein Schakal Juanä einen
Gendarmenschnurrbart ins Gesicht gemalt. Es sah wahnsinnig aus.
Pedro schäumte. Er schliff sein Messer auch noch auf der Rückseite.
Er legte Prügel zurecht, gleich mehrere. Er leistete grauenhafte
Racheschwüre. And er verpflichtete Alfonso, mit aufzupassen. Alfonso
schwor es.
Doch bereits am nächsten Tag leuchtete beiden, wie sie gemeinsam
das unselige Gemach betraten, eine knallrote Nase höhnisch aus dem
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Die Eiszeit
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Eiszeit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5111, S. 26
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg