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(Ein* Erinnerung von Lerbert Lestiboudoi»
Gegen Ende des großen Weltkrieges, als ich noch ein halbwüchsiges
Bürschlein von knapp elf Jahren war, suchte mich die erste heftige
Leidenschaft heim. And wenn ich dieser Leidenschaft ein Gesicht geben
soll, müßte ich schon sagen, daß sie vor lauter Aufgeblasenheit prall
und rund wie eine Kegelkugel war, obwohl ihre innere Lohlheit kaum
die materielle Gewichtigkeit der Kegelkugel erreichte, ansonst jedoch
ebenso wenig wie jene mit geistigen Potenzen prunken konnte. Das
aber focht mich damals in keiner Weise an. Rief sie doch eine Re-
volution des Lerzens, ja, eine fieberhafte Bewegung aller Gefühle
und Empfindungen hervor, wie ich solches noch nie in meinen jungen
Jahren erlebt hatte. Leute möchte ich fast behaupten, daß selbst eine
ganz große Liebe den reifen Mann nicht stärker aus allen Gleisen
werfen könnte, als es diese Leidenschaft mit dem Knaben vermochte.
Sie verhexte, verzauberte den Elfjährigen und beraubte ihn aller
guten Geister eines artigen und sittsamen Lebenswandels. Mit ihr
stürmte ich im wahrsten Sinne des Wortes das Tor der Welt, jener
Welt, die mit ihrem grünen, lockenden Rasen — ein Gefilde der Se-
ligen und Auserwählten — verheißungsvoll vor mir lag.
Doch ich spreche in Rätseln, will mir scheinen, obwohl im Grunde
alles ganz einfach und unproblematisch war. Denn um was anderes
hätte es sich schon handeln können, wenn nicht um den Fußball, der
zu jener Zeit seinen Triumphzug durch die Lerzen der jungen Welt
antrat? Ihm waren wir verfallen, diesem heimlichen König aller
Knabenträume, er beherrschte uns und machte sich uns untertan, so
absolut, daß jedes Spiel und jede Aufgabe daneben verblaßten, sein
war unser Denken, Sinnen, Trachten, und was es sonst noch gab in
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.Rein, Liebling, nichts auf dieser Welt soll uns mehr trennen!'
(Ein* Erinnerung von Lerbert Lestiboudoi»
Gegen Ende des großen Weltkrieges, als ich noch ein halbwüchsiges
Bürschlein von knapp elf Jahren war, suchte mich die erste heftige
Leidenschaft heim. And wenn ich dieser Leidenschaft ein Gesicht geben
soll, müßte ich schon sagen, daß sie vor lauter Aufgeblasenheit prall
und rund wie eine Kegelkugel war, obwohl ihre innere Lohlheit kaum
die materielle Gewichtigkeit der Kegelkugel erreichte, ansonst jedoch
ebenso wenig wie jene mit geistigen Potenzen prunken konnte. Das
aber focht mich damals in keiner Weise an. Rief sie doch eine Re-
volution des Lerzens, ja, eine fieberhafte Bewegung aller Gefühle
und Empfindungen hervor, wie ich solches noch nie in meinen jungen
Jahren erlebt hatte. Leute möchte ich fast behaupten, daß selbst eine
ganz große Liebe den reifen Mann nicht stärker aus allen Gleisen
werfen könnte, als es diese Leidenschaft mit dem Knaben vermochte.
Sie verhexte, verzauberte den Elfjährigen und beraubte ihn aller
guten Geister eines artigen und sittsamen Lebenswandels. Mit ihr
stürmte ich im wahrsten Sinne des Wortes das Tor der Welt, jener
Welt, die mit ihrem grünen, lockenden Rasen — ein Gefilde der Se-
ligen und Auserwählten — verheißungsvoll vor mir lag.
Doch ich spreche in Rätseln, will mir scheinen, obwohl im Grunde
alles ganz einfach und unproblematisch war. Denn um was anderes
hätte es sich schon handeln können, wenn nicht um den Fußball, der
zu jener Zeit seinen Triumphzug durch die Lerzen der jungen Welt
antrat? Ihm waren wir verfallen, diesem heimlichen König aller
Knabenträume, er beherrschte uns und machte sich uns untertan, so
absolut, daß jedes Spiel und jede Aufgabe daneben verblaßten, sein
war unser Denken, Sinnen, Trachten, und was es sonst noch gab in
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.Rein, Liebling, nichts auf dieser Welt soll uns mehr trennen!'
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Nein, Liebling, nichts auf dieser Welt soll uns mehr trennen!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 199.1943, Nr. 5126, S. 206
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg