Fliegende Blätter (59.1873 (Nr. 1459-1484))

Wandersmann und Rose.

Wandersmann:
Röslein, Röslein am Gartenzaun,
Verwehre mir nimmer, dich anzuschau'n,
Von Ferne, ach nur von Ferne.
Du bist das schönste im Gartenland,
Hab' nimmer so holdes Blümchen gekannt,
O Röslein, ich Hab' dich so gerne !
Rose, Rose, ach über Nacht
Hast du dich entfaltet zu üppiger Pracht,
Hat sich glühend dein Busen erschlossen;
Ich sah' dich als Knospe und war dir gut,
Nun hat sich die Liebe mit voller Gluth
Ueber Nacht in das Herz mir ergossen! -
Rose, Rose am Gartenzaun,
Es genüget mir nimmer dich anzuschau'n, —
O Rose, ich muß dich Pflücken.
Ich fürchte nicht Dornbusch und schwellenden Bach,
Sie rufen den männlichen Trotz nur wach,
O komm', mir den Busen zu schmücken!
Rose:
Wandersmann, stattlicher Wandersmann,
Blicke die Rose so brennend nicht an,
Es nennt sie ein And'rer sein Eigen.
Ach hättest dein Röslein du einst gepflückt,
Es hätte so gern deinen Busen geschmückt.
Nun mußt du die Liebe verschweigen!

Der schöne Lohn.

Oekonom (zu seinem Knecht): „Schau', Hans, Du hast
!" einen schönen Lohn und kommst doch nie aus!" — Knecht:
»Auskommen thu' ich schon — aber z'fruh!"

Schnell entschlossen.

Mayer: „Mein liebes Kind, Sie suchen wieder einen
Dienst und haben in der kurzen Zeit von 14 Tagen drei
Herrschaften gehabt?" — Dienstmädchen: „Ja, gnä' Herr,
ich hatte das Unglück, daß jedesmal kurz nach meinem
Dienstantritt die Frau starb." — Mayer (zu seiner Frau):
»Adele, die nehmen mer!"