84 Der allegorische Marzipan.
einzuholen. Aber er war nirgends mehr zu finden. Schließ-
lich meinte ich, daß es doch nur eine Sinnestäuschung ge-
wesen wäre. ' (Schluß folgt.)
Drohung.
„Aber jetzt, Herr Ochsenwirth, sind Sie mir einmal still
von den lumpigen paar Gulden. Sie kriegen Ihr Geld.
Wenn Sie bis Neujahr nicht bezahlt sind, so sollen Sie der j
schlechteste Kerl sein auf der ganzen Welt."
Klug und Klüger.
Der wohlhabende Seelsorger einer polnischen Juden-
gemeinde predigte an einem Sabbath, daß Alle, die hinieden
mit Glücksgütern gesegnet seien, im Jenseits Armuth erwarte, ^
während die Armen auf Erden in jener besseren Welt reich
und glücklich würden. Am nächsten Morgen klopft es an der !
Thüre des Rabbi und herein tritt schüchtern ein armes Mit-
glied der seiner Obhut anvertrauten Gemeinde. In dem
brüderlichen „Scholem Alechem" begegnet sich beider Gruß!
„Was ist Euer Begehr?" lautet des Rabbi Frage. „Verzeiht
Rabbi", erwidert der Eingetretene, „ich komme auf Eure gestrige j
Predigt. Ihr habt gesprochen vom Wohlergehen diesseits und ^
jenseits, daß der Reiche hinieden dort oben arm, und der !
Klug und Klüger.
Arme dieser Welt in jenem himmlischen Reiche gesegnet sein
wird mit Gold und Silber. Ich schlag Euch ein Geschäft vor
Rabbi! Ihr seid reich, ich bin ein blutarmer Mann. Leiht
mir fünfhundert Thaler, wenn wir uns zu Gutem dort oben
^ wieder finden, könnt Jhr's brauchen, — geb ich's Euch wieder!"
^ Der würdige Seelsorger macht gute Miene zum bösen Spiel,
! schreibt einen Schein, holt das verlangte Geld aus seinem Pult
und zählt es dann dem armen Glaubensgenossen vor. Als
dieser es einstecken will, sagt der Rabbi: „Halt! zuvor eine
Frage. Was wirst Du mit dem Geld beginnen?" — „Nu,
ich werd kaufen 500 Mispel Gerste!" — „Was kannst Du
daran verdienen?" — „Kann ich verdienen 500 Thaler!" —
„Gut dann hättest Du 1000 Thaler! Was würdest Du dann
beginnen?" — „Thät ich mir kaufen für 1000 Thaler Waizen!"
j — „Und wie viel könntest Du damit verdienen?" — „Könnt
! ich verdienen auch 1000 Thaler zu Gutem!" — „Dann
hättest Du 2000 Thaler. Und was würdest Du mit diesen
anfangen?" — „Nu 's ist eben viel Geld mit Grund-
stücken zu holen, thät ich mir kaufen Accker!" — „Und
wie viel könntest Du daran profitiren?" — „Auch so seine
^ 2000 Thälerchcn zu Gutem!" — „Dann hättest Du
4000 Thlr. Hör einmal, wenn das Verdienen so weiter geht, bist
Du auch ein reicher Mann und ich krieg meine 500 Thaler
dort oben nicht wieder!" Sprachs und strich sein Geld wieder ein.
einzuholen. Aber er war nirgends mehr zu finden. Schließ-
lich meinte ich, daß es doch nur eine Sinnestäuschung ge-
wesen wäre. ' (Schluß folgt.)
Drohung.
„Aber jetzt, Herr Ochsenwirth, sind Sie mir einmal still
von den lumpigen paar Gulden. Sie kriegen Ihr Geld.
Wenn Sie bis Neujahr nicht bezahlt sind, so sollen Sie der j
schlechteste Kerl sein auf der ganzen Welt."
Klug und Klüger.
Der wohlhabende Seelsorger einer polnischen Juden-
gemeinde predigte an einem Sabbath, daß Alle, die hinieden
mit Glücksgütern gesegnet seien, im Jenseits Armuth erwarte, ^
während die Armen auf Erden in jener besseren Welt reich
und glücklich würden. Am nächsten Morgen klopft es an der !
Thüre des Rabbi und herein tritt schüchtern ein armes Mit-
glied der seiner Obhut anvertrauten Gemeinde. In dem
brüderlichen „Scholem Alechem" begegnet sich beider Gruß!
„Was ist Euer Begehr?" lautet des Rabbi Frage. „Verzeiht
Rabbi", erwidert der Eingetretene, „ich komme auf Eure gestrige j
Predigt. Ihr habt gesprochen vom Wohlergehen diesseits und ^
jenseits, daß der Reiche hinieden dort oben arm, und der !
Klug und Klüger.
Arme dieser Welt in jenem himmlischen Reiche gesegnet sein
wird mit Gold und Silber. Ich schlag Euch ein Geschäft vor
Rabbi! Ihr seid reich, ich bin ein blutarmer Mann. Leiht
mir fünfhundert Thaler, wenn wir uns zu Gutem dort oben
^ wieder finden, könnt Jhr's brauchen, — geb ich's Euch wieder!"
^ Der würdige Seelsorger macht gute Miene zum bösen Spiel,
! schreibt einen Schein, holt das verlangte Geld aus seinem Pult
und zählt es dann dem armen Glaubensgenossen vor. Als
dieser es einstecken will, sagt der Rabbi: „Halt! zuvor eine
Frage. Was wirst Du mit dem Geld beginnen?" — „Nu,
ich werd kaufen 500 Mispel Gerste!" — „Was kannst Du
daran verdienen?" — „Kann ich verdienen 500 Thaler!" —
„Gut dann hättest Du 1000 Thaler! Was würdest Du dann
beginnen?" — „Thät ich mir kaufen für 1000 Thaler Waizen!"
j — „Und wie viel könntest Du damit verdienen?" — „Könnt
! ich verdienen auch 1000 Thaler zu Gutem!" — „Dann
hättest Du 2000 Thaler. Und was würdest Du mit diesen
anfangen?" — „Nu 's ist eben viel Geld mit Grund-
stücken zu holen, thät ich mir kaufen Accker!" — „Und
wie viel könntest Du daran profitiren?" — „Auch so seine
^ 2000 Thälerchcn zu Gutem!" — „Dann hättest Du
4000 Thlr. Hör einmal, wenn das Verdienen so weiter geht, bist
Du auch ein reicher Mann und ich krieg meine 500 Thaler
dort oben nicht wieder!" Sprachs und strich sein Geld wieder ein.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Drohung" "Klug und klüger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 59.1873, Nr. 1469, S. 84
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg