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Lieder eines vagabundirenden Philosophen.
Das richt'ge Theil von dem und dem.
Mit zarter Hand gewogen fein,
Das gibt „Philosophie" dir nicht.
Das gibt die — Liebe nur allein!
Du grüner Lenz mit frischem Blut
Du gold'ner Sommer, reich an Gluth,
Du brauner Herbst mit süßem Kuß, —
Ade, wenn's schon geschehen muß!
Ich hab's ertragen — ach — gelernt
Wenn Liebgeword'nes sich entfernt:
Den Abschied birgt der Gruß in sich! —
So ging's, so geht es ewiglich!
Da hilft kein Weh, da hilft kein Gram!
„Der dir es gab, es wieder nahm!"
So will's die mücht'ge Räthselhand,
Die an den Tod das Leben band!
D'rum lebt denn wohl, ihr lieben Drei,
Ihr frohen Brüder, zieht vorbei!
Bald naht der vierte Wandersmann,
Ihm schließe ich mich grüßend an:
„Herr Winter, — nimm mir's doch nicht krumm! —
Im Schnee nur jag' mich nicht herum!!
Ein stilles Plätzchen, warm und klein —
Dann magst auch Du willkommen sein!" —
Mit dem Strome müßt ihr schwimmen,
Mit den Wölfen müßt ihr heulen,
Krächzen müßt ihr mit den Raben,
Dunkelmunkeln mit den Eulen!
Allen Leuten müßt ihr recht thun,
Müßt geschickt euch stets erweisen,
Selbst das Beste zu — verleugnen.
Und das Schlechte hoch zu Preisen!
Ei, was gibt das doch für Arbeit!
Für ein Bücken, Schreien, Rennen,
Bis sie euch als ihre Brüder
Lobend, fördernd anerkennen! !
Nein, da geh' ich lieber einsam
Meine schmalen, stillen Straßen!
Könnt' das Plaudern mit mir selber
Doch am Ende auch nicht lassen! —
Fließt mir da so manches Wörtlein
lieber meine dummen Lippen!
Küm' es dem und dem zu Ohren,
Ging es übel meinen Rippen! —
Find' zum Lager doch mein Plätzchen,
Mag es tief im Wald' auch stecken,
Brauch' dazu die eine Kunst nur:
Nach der Decke mich zu strecken! —
Und lieg' ich einst im Grabe drin,
So setzt mir einen Rosenstrauch,
Daß Jeder, der vorübcrgeht
Ein Röslein pflück' nach Wand'rcrbranch.
Und glaubt ihr, daß die „Erde leicht"
Erst wird, gedrückt von einem Stein,
So legt ihn d'rauf, so schwer ihr wollt,
Wird auch noch zu ertragen sein!
Dann schreibt mir d'rauf: „Hier liegt ein Mann
Der viel geliebt, d'rum viel auch — litt.
Der von der Heerstraß' seitwärts stets
Durch Wald und Au die Pfade schritt.
Der nie die Hände hat geleckt,
Und nie gewedelt wie ein Hund.
Ein Mensch zu sein, das war sein Stolz, —
D'rum blieb er ja ein — Vagabund!"
Gestörte Nachtruhe.
„Wie haben Sie in Ihrem neuen Logis geschlafen?" —
„Miserabel. In meinem Zimmer ist eine Tapete, die so furchtbar
schreit, daß ich die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte!"
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Lieder eines vagabundirenden Philosophen.
Das richt'ge Theil von dem und dem.
Mit zarter Hand gewogen fein,
Das gibt „Philosophie" dir nicht.
Das gibt die — Liebe nur allein!
Du grüner Lenz mit frischem Blut
Du gold'ner Sommer, reich an Gluth,
Du brauner Herbst mit süßem Kuß, —
Ade, wenn's schon geschehen muß!
Ich hab's ertragen — ach — gelernt
Wenn Liebgeword'nes sich entfernt:
Den Abschied birgt der Gruß in sich! —
So ging's, so geht es ewiglich!
Da hilft kein Weh, da hilft kein Gram!
„Der dir es gab, es wieder nahm!"
So will's die mücht'ge Räthselhand,
Die an den Tod das Leben band!
D'rum lebt denn wohl, ihr lieben Drei,
Ihr frohen Brüder, zieht vorbei!
Bald naht der vierte Wandersmann,
Ihm schließe ich mich grüßend an:
„Herr Winter, — nimm mir's doch nicht krumm! —
Im Schnee nur jag' mich nicht herum!!
Ein stilles Plätzchen, warm und klein —
Dann magst auch Du willkommen sein!" —
Mit dem Strome müßt ihr schwimmen,
Mit den Wölfen müßt ihr heulen,
Krächzen müßt ihr mit den Raben,
Dunkelmunkeln mit den Eulen!
Allen Leuten müßt ihr recht thun,
Müßt geschickt euch stets erweisen,
Selbst das Beste zu — verleugnen.
Und das Schlechte hoch zu Preisen!
Ei, was gibt das doch für Arbeit!
Für ein Bücken, Schreien, Rennen,
Bis sie euch als ihre Brüder
Lobend, fördernd anerkennen! !
Nein, da geh' ich lieber einsam
Meine schmalen, stillen Straßen!
Könnt' das Plaudern mit mir selber
Doch am Ende auch nicht lassen! —
Fließt mir da so manches Wörtlein
lieber meine dummen Lippen!
Küm' es dem und dem zu Ohren,
Ging es übel meinen Rippen! —
Find' zum Lager doch mein Plätzchen,
Mag es tief im Wald' auch stecken,
Brauch' dazu die eine Kunst nur:
Nach der Decke mich zu strecken! —
Und lieg' ich einst im Grabe drin,
So setzt mir einen Rosenstrauch,
Daß Jeder, der vorübcrgeht
Ein Röslein pflück' nach Wand'rcrbranch.
Und glaubt ihr, daß die „Erde leicht"
Erst wird, gedrückt von einem Stein,
So legt ihn d'rauf, so schwer ihr wollt,
Wird auch noch zu ertragen sein!
Dann schreibt mir d'rauf: „Hier liegt ein Mann
Der viel geliebt, d'rum viel auch — litt.
Der von der Heerstraß' seitwärts stets
Durch Wald und Au die Pfade schritt.
Der nie die Hände hat geleckt,
Und nie gewedelt wie ein Hund.
Ein Mensch zu sein, das war sein Stolz, —
D'rum blieb er ja ein — Vagabund!"
Gestörte Nachtruhe.
„Wie haben Sie in Ihrem neuen Logis geschlafen?" —
„Miserabel. In meinem Zimmer ist eine Tapete, die so furchtbar
schreit, daß ich die ganze Nacht kein Auge zuthun konnte!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gestörte Nachtruhe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 59.1873, Nr. 1484, S. 203
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg