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„Eine» galanten Ehemann habe ich da! Bestelle doch ein
Dutzend Meuchelmörder für mich, dann kannst Du mir gleich
zwölf Mal das Leben retten!"
Jetzt schöpfte der Professor wieder Muth. Schon ziemlich
dreist fragte er: „Habe ich zu hoffen — von Deiner Liebe —
ohne Lebensrettung?"
„Nun," antwortete die schöne Frau, „so ein ganz klein wenig
lieb, — vielleicht auch ein Bischen ganz viel lieb habe ich Dich
immer gehabt. Allerdings die Hirschgeschichte gab den Ausschlag.
Wenn Du aber immer mein guter, gehorsamer Ehemann sein willst,
so will ich auch ferner annehmen. Du hättest mir das Leben ge-
rettet und Dir einstweilen für dieses Leben recht dankbar sein!"
„O, Du Engel!" unterbrach sic hier stürmisch der glückliche
Professor, „ich-"
„Halt," fiel Malvine ein, „laß mich zu Ende reden!
Eine Entschädigung für das erfahrene Unrecht muß ich haben.
Wenn in den nächsten fünf Jahren unserer Ehe unsere An-
sichten oder unser Wille in irgend einer häuslichen Angelegen-
heit getheilt ist, so habe ich Dich nur an die Hirschgcschichte zu
erinnern und — —"
„Ich bin Dein Sclavc und thuc, was Du willst," fiel
ihr der entzückte Gatte in's Wort, indem er sie an sich zog
und küßte. Malvine aber lächelte, lächelte innerlich so recht
schelmisch und glücklich über den gelungenen Streich und den
doppelt betrogenen, guten, geliebten Ehemann. Dieser zog sie
auf das Sopha, und seine fröhliche Laune über das wiederge-
fundene Glück äußerte sich in fast übermüthigen Scherzen, die
von seiner jungen Frau noch übermüthiger erwidert wurden.
So saßen sie und vergaßen alles Andere und hörten kaum,
daß die Thüre sich öffnete, und sahen erst, daß Jemand im
Zimmer war, als Malvinens Schwester schon vor ihnen stand.
Jetzt sprang der Professor enipor und rief: „Ah, Fran
Schwägerin, Sie kommen eben recht, ich habe mich gerade mit
meiner lieben Frau verlobt!"
„Bravo", rief die Schwägerin, „die Luft ist wieder rein.
Sichst Du, Malvine, wie Recht Du gethan hast, offen zu sein
und Alles zu gestehen! Jetzt kannst Du wieder frei den Blick
zu Deinem lieben Mann erheben, keine heimliche Schuld drückt
Deine Fröhlichkeit zu Boden. — Aber was hast Du denn?"
Diese letzten Worte waren erstaunt an Malvine gerichtet,
weil diese ihr fortwährend alle möglichen Zeichen des Einver-
nehmens, der Entrüstung, der Aufforderung zum Schweigen
und so weiter machte.
Der Professor hatte mit wachsendem Erstaunen die Rede
seiner Schwägerin gehört, auch die unverständliche Telegraphie
seiner Gattin bemerkt. Jetzt fragte er: „Heimliche Schuld?
Meine Frau? Bitte, erklären Sie mir das doch etwas deutlicher!"
„Aber hat das denn Malvine nicht schon erklärt?" frag
wieder die immer mehr verdutzte Schwester.
„Da hast Du mir eine herrliche Waffe zerbrochen,
Schwester," warf Malvine dazwischen.
„Jetzt möchte ich aber doch wirklich wissen, was Du zu
gestehen hast, Malvine!"
Diese senkte etwas den Kopf und sagte etwas kleinlaut:
gelegen; — ach Gott, ich war gar nicht ohnmächtig; ich tvnßte ja
ganz gut, daß mein zahmer Hirsch mir kein Leides thun würde;
ich wollte nur ohnmächtig in Deinen Armen liegen!"
„Oh, Du hast mich getäuscht!"
„Aus Liebe! Du warst so schüchtern, obgleich Du mich
liebtest. Hätte ich Dich nicht glauben gemacht, daß Du mir
das Leben gerettet, hättest Du mir wohl nie Deine Liebe ge-
standen. So ganz aus freier Hand konnte ich Dir nicht um
den Hals fallen, also — ich mußte ohnmächtig werden, und
dazu gab mein zahmer Hirsch mir die passende Gelegenheit."
„O, Du geliebter Schälk! Und Ich glaubte, ich hätte
Dich betrogen!"
„Und jetzt haben wir uns gegenseitig betrogen!" sagte
Malvine, ihrem Gatten die Hand reichend, „ich verzeihe Dir,
wie Du mir verzeihst und erkläre jetzt ohne Ohnmacht, daß ich
Dich liebe!"
Die Antwort des Gatten wurde von einem langen Kusse
erstickt. — - A Uobcrid).
Warnu ng.
Lassen Sic sich nicht ein mit dem Mayer, das ist ein
Habenichts und ein Schuldenmachcr. Bor langer Zeit habe ich
ihn einmal gebeten, mir hundert Thalcr zu leihen, — darauf ist
er mir bis heute die Antwort schuldig geblieben.
„Nun, lieber Mann, ich werde Dich nicht an die Hirschgeschichtc
erinnern, wenn unsere Meinungen einmal auseinander gehen
sollten. Du hast geglaubt, ich hielte Dich für meinen Lebens-
retter; Du hast geglaubt, ich hätte ohnmächtig in Deinen Armen
„Eine» galanten Ehemann habe ich da! Bestelle doch ein
Dutzend Meuchelmörder für mich, dann kannst Du mir gleich
zwölf Mal das Leben retten!"
Jetzt schöpfte der Professor wieder Muth. Schon ziemlich
dreist fragte er: „Habe ich zu hoffen — von Deiner Liebe —
ohne Lebensrettung?"
„Nun," antwortete die schöne Frau, „so ein ganz klein wenig
lieb, — vielleicht auch ein Bischen ganz viel lieb habe ich Dich
immer gehabt. Allerdings die Hirschgeschichte gab den Ausschlag.
Wenn Du aber immer mein guter, gehorsamer Ehemann sein willst,
so will ich auch ferner annehmen. Du hättest mir das Leben ge-
rettet und Dir einstweilen für dieses Leben recht dankbar sein!"
„O, Du Engel!" unterbrach sic hier stürmisch der glückliche
Professor, „ich-"
„Halt," fiel Malvine ein, „laß mich zu Ende reden!
Eine Entschädigung für das erfahrene Unrecht muß ich haben.
Wenn in den nächsten fünf Jahren unserer Ehe unsere An-
sichten oder unser Wille in irgend einer häuslichen Angelegen-
heit getheilt ist, so habe ich Dich nur an die Hirschgcschichte zu
erinnern und — —"
„Ich bin Dein Sclavc und thuc, was Du willst," fiel
ihr der entzückte Gatte in's Wort, indem er sie an sich zog
und küßte. Malvine aber lächelte, lächelte innerlich so recht
schelmisch und glücklich über den gelungenen Streich und den
doppelt betrogenen, guten, geliebten Ehemann. Dieser zog sie
auf das Sopha, und seine fröhliche Laune über das wiederge-
fundene Glück äußerte sich in fast übermüthigen Scherzen, die
von seiner jungen Frau noch übermüthiger erwidert wurden.
So saßen sie und vergaßen alles Andere und hörten kaum,
daß die Thüre sich öffnete, und sahen erst, daß Jemand im
Zimmer war, als Malvinens Schwester schon vor ihnen stand.
Jetzt sprang der Professor enipor und rief: „Ah, Fran
Schwägerin, Sie kommen eben recht, ich habe mich gerade mit
meiner lieben Frau verlobt!"
„Bravo", rief die Schwägerin, „die Luft ist wieder rein.
Sichst Du, Malvine, wie Recht Du gethan hast, offen zu sein
und Alles zu gestehen! Jetzt kannst Du wieder frei den Blick
zu Deinem lieben Mann erheben, keine heimliche Schuld drückt
Deine Fröhlichkeit zu Boden. — Aber was hast Du denn?"
Diese letzten Worte waren erstaunt an Malvine gerichtet,
weil diese ihr fortwährend alle möglichen Zeichen des Einver-
nehmens, der Entrüstung, der Aufforderung zum Schweigen
und so weiter machte.
Der Professor hatte mit wachsendem Erstaunen die Rede
seiner Schwägerin gehört, auch die unverständliche Telegraphie
seiner Gattin bemerkt. Jetzt fragte er: „Heimliche Schuld?
Meine Frau? Bitte, erklären Sie mir das doch etwas deutlicher!"
„Aber hat das denn Malvine nicht schon erklärt?" frag
wieder die immer mehr verdutzte Schwester.
„Da hast Du mir eine herrliche Waffe zerbrochen,
Schwester," warf Malvine dazwischen.
„Jetzt möchte ich aber doch wirklich wissen, was Du zu
gestehen hast, Malvine!"
Diese senkte etwas den Kopf und sagte etwas kleinlaut:
gelegen; — ach Gott, ich war gar nicht ohnmächtig; ich tvnßte ja
ganz gut, daß mein zahmer Hirsch mir kein Leides thun würde;
ich wollte nur ohnmächtig in Deinen Armen liegen!"
„Oh, Du hast mich getäuscht!"
„Aus Liebe! Du warst so schüchtern, obgleich Du mich
liebtest. Hätte ich Dich nicht glauben gemacht, daß Du mir
das Leben gerettet, hättest Du mir wohl nie Deine Liebe ge-
standen. So ganz aus freier Hand konnte ich Dir nicht um
den Hals fallen, also — ich mußte ohnmächtig werden, und
dazu gab mein zahmer Hirsch mir die passende Gelegenheit."
„O, Du geliebter Schälk! Und Ich glaubte, ich hätte
Dich betrogen!"
„Und jetzt haben wir uns gegenseitig betrogen!" sagte
Malvine, ihrem Gatten die Hand reichend, „ich verzeihe Dir,
wie Du mir verzeihst und erkläre jetzt ohne Ohnmacht, daß ich
Dich liebe!"
Die Antwort des Gatten wurde von einem langen Kusse
erstickt. — - A Uobcrid).
Warnu ng.
Lassen Sic sich nicht ein mit dem Mayer, das ist ein
Habenichts und ein Schuldenmachcr. Bor langer Zeit habe ich
ihn einmal gebeten, mir hundert Thalcr zu leihen, — darauf ist
er mir bis heute die Antwort schuldig geblieben.
„Nun, lieber Mann, ich werde Dich nicht an die Hirschgeschichtc
erinnern, wenn unsere Meinungen einmal auseinander gehen
sollten. Du hast geglaubt, ich hielte Dich für meinen Lebens-
retter; Du hast geglaubt, ich hätte ohnmächtig in Deinen Armen
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Betrogene Betrüger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 64.1876, Nr. 1591, S. 23
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg