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Trutzsprüchlein.
Je neidischer das Schicksal das Glück uns geraubt,
Je höher gehoben das trotzige Haupt!
Je grimmer die Feinde, je macht'ger der Mnth!
Je wilder der Wirbel, je ruh'ger das Blut!
Je böser das Wetter, je heitrer der Scherz!
Je eis'ger die Kälte, je wärmer das Herz!
Je wüth'ger die Winde, je fester der Fuß!
Je spröder die Dirne, je herz'ger der Kuß!
_ M. Dooch-Arlniffq.
Ein freundlichrr Gatte.
! Richter: „Sie sind von Ihrer Frau angeklagt, versucht zu
> haben, sie mit Arsenik zu vergiften." — Angckagter: „Was?
i reine Vcrlüumdnng! Ich bestehe ans sofortige Obduktion!"
Verscherztes Glück.
Ein junger Kaufmann, dem es in Deutschland nicht gelingen
wollte, Karriere zu machen, entschließt sich dazu, sein Glück in
London zu versuchen, wo er durch die Empfehlung eines
Freundes eine gute Stellung zu erlangen hofft. — Nur mit
geringen Mitteln versehen, kommt er in London an; seine
Hoffnungen wollen sich aber lange Zeit hindurch nicht realisiren;
schon droht der letzte Schilling in Kurzem den übrigen zu
folgen. — Mißmuthig und gedankenvoll durchwandert er die
Straßen der Residenz. Vor einem großen Palais steht eine
herrschaftliche Equipage. Er geht in seiner Harmlosigkeit dicht
an dem Pferde vorüber; dieses schnappt nach seinem Arni, !
"nd nur durch einen schnellen Seitensprung entgeht er dein Un-
glück, Schaden an seiner Garderobe oder wohl gar an seiner
Verscherztes Glück.
Gesundheit zu erleiden, was seine Verlegenheit aufs Höchste ge-
steigert hätte. — Nach Hause zurückgekehrt, erzählte er diesen
Vorfall seinem Freunde, ist aber wie ans den Wolken gefallen,
als dieser, statt seine Freude und seine Glückwünsche über den
glücklichen Ausgang des Attentats ihm auszusprechen, ihn für
seine Dummheit, für sein thörichtes Ausweichen vor dem beißenden
Pferde mit den heftigsten Vorwürfen überhäuft. „Sich," sagte
der erfahrene Mann, „ans einem wirklichen Pferdebiß hätte
sich leicht für Dich Kapital schlagen lassen; — der Besitzer der
Equipage, augenscheinlich ein reicher Lord, wäre zum vollen
Schadenersatz verpflichtet gewesen. Eine neue Garderobe oder
deren Werth in Baar wäre noch das Wenigste gewesen; hättest
Du aber das -Glück gehabt, eine Bißwunde am Arm davonzn-
tragen, so wäre Dir auf Monate, vielleicht für Dein ganzes
Leben geholfen gewesen. Die Dir nach hiesigen Gesetzen zn-
stehende Entschädigung für Kurkosten, Schmerzensgelder, oder
wohl gar für eine unschwer nachzuweisende Invalidität hätte
Dir tausende von Pfund Sterling einbringen können, die Du
nun verscherzt hast. Was Du für Gefahr hieltest, war das
Glück in leibhaftiger Person; cs lächelt Dich an und läuft
Dir geradezu in die Arme, Du aber, Verblendeter, weichst ihm
behende ans, — eine Dummheit, die ich Dir nie verzeihen kann."
Unser Freund sieht die Logik dieser Ausführungen ein und
merkt sie sich genau — für etwaige spätere ähnliche Fälle. —
Er macht es sich jetzt geradezu zur Beschäftigung, an allen Pferden
herrschaftlicher Equipagen recht unvorsichtig nahe vorbei zu gehen;
vergebens hält er ihnen selbst den Arm zum Biß dar, —
aber keines will mehr bei ihm anbcißen!
Trutzsprüchlein.
Je neidischer das Schicksal das Glück uns geraubt,
Je höher gehoben das trotzige Haupt!
Je grimmer die Feinde, je macht'ger der Mnth!
Je wilder der Wirbel, je ruh'ger das Blut!
Je böser das Wetter, je heitrer der Scherz!
Je eis'ger die Kälte, je wärmer das Herz!
Je wüth'ger die Winde, je fester der Fuß!
Je spröder die Dirne, je herz'ger der Kuß!
_ M. Dooch-Arlniffq.
Ein freundlichrr Gatte.
! Richter: „Sie sind von Ihrer Frau angeklagt, versucht zu
> haben, sie mit Arsenik zu vergiften." — Angckagter: „Was?
i reine Vcrlüumdnng! Ich bestehe ans sofortige Obduktion!"
Verscherztes Glück.
Ein junger Kaufmann, dem es in Deutschland nicht gelingen
wollte, Karriere zu machen, entschließt sich dazu, sein Glück in
London zu versuchen, wo er durch die Empfehlung eines
Freundes eine gute Stellung zu erlangen hofft. — Nur mit
geringen Mitteln versehen, kommt er in London an; seine
Hoffnungen wollen sich aber lange Zeit hindurch nicht realisiren;
schon droht der letzte Schilling in Kurzem den übrigen zu
folgen. — Mißmuthig und gedankenvoll durchwandert er die
Straßen der Residenz. Vor einem großen Palais steht eine
herrschaftliche Equipage. Er geht in seiner Harmlosigkeit dicht
an dem Pferde vorüber; dieses schnappt nach seinem Arni, !
"nd nur durch einen schnellen Seitensprung entgeht er dein Un-
glück, Schaden an seiner Garderobe oder wohl gar an seiner
Verscherztes Glück.
Gesundheit zu erleiden, was seine Verlegenheit aufs Höchste ge-
steigert hätte. — Nach Hause zurückgekehrt, erzählte er diesen
Vorfall seinem Freunde, ist aber wie ans den Wolken gefallen,
als dieser, statt seine Freude und seine Glückwünsche über den
glücklichen Ausgang des Attentats ihm auszusprechen, ihn für
seine Dummheit, für sein thörichtes Ausweichen vor dem beißenden
Pferde mit den heftigsten Vorwürfen überhäuft. „Sich," sagte
der erfahrene Mann, „ans einem wirklichen Pferdebiß hätte
sich leicht für Dich Kapital schlagen lassen; — der Besitzer der
Equipage, augenscheinlich ein reicher Lord, wäre zum vollen
Schadenersatz verpflichtet gewesen. Eine neue Garderobe oder
deren Werth in Baar wäre noch das Wenigste gewesen; hättest
Du aber das -Glück gehabt, eine Bißwunde am Arm davonzn-
tragen, so wäre Dir auf Monate, vielleicht für Dein ganzes
Leben geholfen gewesen. Die Dir nach hiesigen Gesetzen zn-
stehende Entschädigung für Kurkosten, Schmerzensgelder, oder
wohl gar für eine unschwer nachzuweisende Invalidität hätte
Dir tausende von Pfund Sterling einbringen können, die Du
nun verscherzt hast. Was Du für Gefahr hieltest, war das
Glück in leibhaftiger Person; cs lächelt Dich an und läuft
Dir geradezu in die Arme, Du aber, Verblendeter, weichst ihm
behende ans, — eine Dummheit, die ich Dir nie verzeihen kann."
Unser Freund sieht die Logik dieser Ausführungen ein und
merkt sie sich genau — für etwaige spätere ähnliche Fälle. —
Er macht es sich jetzt geradezu zur Beschäftigung, an allen Pferden
herrschaftlicher Equipagen recht unvorsichtig nahe vorbei zu gehen;
vergebens hält er ihnen selbst den Arm zum Biß dar, —
aber keines will mehr bei ihm anbcißen!
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Verscherztes Glück"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Biss <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 64.1876, Nr. 1603, S. 119
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg