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Wic Meister Rembrandt seiner Haushälterin das Schwatzen abgewöhnt hat.
zum Vorschein und wurden von Barbara ans das Freudigste
begrüßt. Aber wer malt der Letzteren Erstaunen, als ihr Gruß
nur die höhnischsten Gegenerwiederungen fand.
„Seht nur einmal die einfältige Dirne an," rief Margareth
den beiden Verbündeten zu, „heute, wo sie ihre Festkleider ab-
gelegt hat, scheinen wir ihr wieder gut genug zu sein."
„Laßt sie doch schwatzen so viel und mit wem sie immer will,"
entgcgnete Kathrin, „mit uns braucht sie nicht mehr zu reden!"
„Oder wir brauchen ihr auch nicht darauf zu antworten,"
bemerkte Anna spöttisch.
Barbara wußte gar nicht, wie ihr geschah. Sie suchte
sich Aufklärung zu verschaffen und forschte nach dieser plötzlichen
Sinnesänderung der Freundinnen, allein diese hatten an den
beiden vorhergehenden Tagen so tiefe Feindschaft gegen sie ge-
faßt, daß allen Fragen Barbara's nur die beleidigendsten Ent-
gegnungen folgten.
Eine Zeit lang ließ sich diese, die keine Erklärung der
sonderbaren Umwandlung ihrer bisherigen Freundinnen finden
konnte, die Schmähreden gefallen. Plötzlich lief aber auch ihr
die Galle über und sie vergalt Schimpf mit größerem Schimpfe.
Ein furchtbarer Zungenkampf brach los, und diesen zu schildern
>!t meine Feder in der That zu schwach. Nur so viel kann ich
unttheilen, daß Barbara ihre Vorwürfe mit fabelhafter Sicher-
heit auf die Gegnerinnen schleuderte und dabei so wohl zu ver-
fahren wußte, daß sie durch allerlei Anspielungen auch diese
unter einander bald feindlich stimmte. Es tvar ein entsetzliches
Gefecht, und die vier Damen bedauerten aufrichtig, daß ihre
Dachfenster nicht so nahe beisammen lagen, um sich wechselseitig
die schöne Gelegenheit zu geben, einander die Augen auszukratzen.
Die energische Intervention der aus ihrer Mittagsruhe
durch den Lärm anfgeschreckten Herrschaften machte erst dem
hitzigen Streite für Heute ein Ende. Die Dachfensterzusammen-
künfte aber waren damit für immer eingestellt, denn aus den vier
Freundinnen waren plötzlich vier erbitterte Feindinnen geworden,
die sich gegenseitig Tod und Verderben schwuren.
Rembrandt hatte seinen Zweck vollständig erreicht. Barbara
war jetzt auch des Nachmittags in der Küche zu finden.
Ueberhaupt schien auch ihre Zunge durch die letzte traurige Er-
fahrung theilweise gelähmt oder mindestens erschlafft. Die Er-
innerung an den Dachfensterkampf wirkte noch lange Zeit gar
zu niederdrückend auf sie.
* *
*
Mancher junge oder alte Jnnggescll, dem das leidige
Schicksal vielleicht auch mit einer so überaus schwatzhaften Haus-
hälterin bedacht hat, wird von dem Beispiele Rembrandts wohl
Gebrauch zu machen suchen, um sein zungenfertiges Uebel zu
kuriren. Das ist jedenfalls lobenswerth und wir wünschen, daß
in Folge dessen unsre braven Maler recht viele Aufträge für
Bilder schwatzhafter Haushälterinnen bekommen mögen.
Rembrandt aber that noch mehr, was wir jenen Herrn
wohl noch eifriger zur Nachfolge empfehlen möchten. Rembrandt
sah nämlich ein, daß es keine größere Wahrheit ans Erden gebe,
als den alten Bibelspruch: „Es ist nicht gut, daß der
Mensch allein ist!" Nun hatte aber Barbara so manche
j gute Eigenschaft: sie war nicht übel von Antlitz und Gestalt,
dazu immer thätig und außerordentlich sparsam. Vielleicht
war die letztere Eigenschaft gerade die am meisten beachtens-
werthe in den Augen Rembrandts, kurz — er heirathete bald
darauf die Barbara und man hat nicht gehört, daß er in der
Folge diesen Schritt bereut habe.
Run, Ihr jungen und alten Junggesellen, für Euch schlie-
ßen wir unsere Erzählung, gewiß zur Zufriedenheit aller Frauen
(der Haushälterinnen obenan!), auch mit einem Bibelsprüche,
nämlich: „Gehet hin und thnct desgleichen!"
A. B.
Auflösung des Rebus in voriger Nummer.
„Er" hat einen Strich, und „Sie" ist auch nicht ganz
richtig. _
Aus Ostpreußen.
Unteroffizier: „Welche Waffe hat der Soldat außer dem
Gewehr?" — Soldat: „Das Varschienenmesser." — Unter-
offizier: „Weßhalb nennt man es so?" — Soldat: „Weil
es zu „Varschiedenem" gebraucht wird."
Wic Meister Rembrandt seiner Haushälterin das Schwatzen abgewöhnt hat.
zum Vorschein und wurden von Barbara ans das Freudigste
begrüßt. Aber wer malt der Letzteren Erstaunen, als ihr Gruß
nur die höhnischsten Gegenerwiederungen fand.
„Seht nur einmal die einfältige Dirne an," rief Margareth
den beiden Verbündeten zu, „heute, wo sie ihre Festkleider ab-
gelegt hat, scheinen wir ihr wieder gut genug zu sein."
„Laßt sie doch schwatzen so viel und mit wem sie immer will,"
entgcgnete Kathrin, „mit uns braucht sie nicht mehr zu reden!"
„Oder wir brauchen ihr auch nicht darauf zu antworten,"
bemerkte Anna spöttisch.
Barbara wußte gar nicht, wie ihr geschah. Sie suchte
sich Aufklärung zu verschaffen und forschte nach dieser plötzlichen
Sinnesänderung der Freundinnen, allein diese hatten an den
beiden vorhergehenden Tagen so tiefe Feindschaft gegen sie ge-
faßt, daß allen Fragen Barbara's nur die beleidigendsten Ent-
gegnungen folgten.
Eine Zeit lang ließ sich diese, die keine Erklärung der
sonderbaren Umwandlung ihrer bisherigen Freundinnen finden
konnte, die Schmähreden gefallen. Plötzlich lief aber auch ihr
die Galle über und sie vergalt Schimpf mit größerem Schimpfe.
Ein furchtbarer Zungenkampf brach los, und diesen zu schildern
>!t meine Feder in der That zu schwach. Nur so viel kann ich
unttheilen, daß Barbara ihre Vorwürfe mit fabelhafter Sicher-
heit auf die Gegnerinnen schleuderte und dabei so wohl zu ver-
fahren wußte, daß sie durch allerlei Anspielungen auch diese
unter einander bald feindlich stimmte. Es tvar ein entsetzliches
Gefecht, und die vier Damen bedauerten aufrichtig, daß ihre
Dachfenster nicht so nahe beisammen lagen, um sich wechselseitig
die schöne Gelegenheit zu geben, einander die Augen auszukratzen.
Die energische Intervention der aus ihrer Mittagsruhe
durch den Lärm anfgeschreckten Herrschaften machte erst dem
hitzigen Streite für Heute ein Ende. Die Dachfensterzusammen-
künfte aber waren damit für immer eingestellt, denn aus den vier
Freundinnen waren plötzlich vier erbitterte Feindinnen geworden,
die sich gegenseitig Tod und Verderben schwuren.
Rembrandt hatte seinen Zweck vollständig erreicht. Barbara
war jetzt auch des Nachmittags in der Küche zu finden.
Ueberhaupt schien auch ihre Zunge durch die letzte traurige Er-
fahrung theilweise gelähmt oder mindestens erschlafft. Die Er-
innerung an den Dachfensterkampf wirkte noch lange Zeit gar
zu niederdrückend auf sie.
* *
*
Mancher junge oder alte Jnnggescll, dem das leidige
Schicksal vielleicht auch mit einer so überaus schwatzhaften Haus-
hälterin bedacht hat, wird von dem Beispiele Rembrandts wohl
Gebrauch zu machen suchen, um sein zungenfertiges Uebel zu
kuriren. Das ist jedenfalls lobenswerth und wir wünschen, daß
in Folge dessen unsre braven Maler recht viele Aufträge für
Bilder schwatzhafter Haushälterinnen bekommen mögen.
Rembrandt aber that noch mehr, was wir jenen Herrn
wohl noch eifriger zur Nachfolge empfehlen möchten. Rembrandt
sah nämlich ein, daß es keine größere Wahrheit ans Erden gebe,
als den alten Bibelspruch: „Es ist nicht gut, daß der
Mensch allein ist!" Nun hatte aber Barbara so manche
j gute Eigenschaft: sie war nicht übel von Antlitz und Gestalt,
dazu immer thätig und außerordentlich sparsam. Vielleicht
war die letztere Eigenschaft gerade die am meisten beachtens-
werthe in den Augen Rembrandts, kurz — er heirathete bald
darauf die Barbara und man hat nicht gehört, daß er in der
Folge diesen Schritt bereut habe.
Run, Ihr jungen und alten Junggesellen, für Euch schlie-
ßen wir unsere Erzählung, gewiß zur Zufriedenheit aller Frauen
(der Haushälterinnen obenan!), auch mit einem Bibelsprüche,
nämlich: „Gehet hin und thnct desgleichen!"
A. B.
Auflösung des Rebus in voriger Nummer.
„Er" hat einen Strich, und „Sie" ist auch nicht ganz
richtig. _
Aus Ostpreußen.
Unteroffizier: „Welche Waffe hat der Soldat außer dem
Gewehr?" — Soldat: „Das Varschienenmesser." — Unter-
offizier: „Weßhalb nennt man es so?" — Soldat: „Weil
es zu „Varschiedenem" gebraucht wird."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wie Meister Rembrandt seiner Haushälterin das Schwatzen abgewöhnt hat"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 64.1876, Nr. 1607, S. 151
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg