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Gebrochene Tinten.

ä't Tnge fördern und zur Geltung bringen — ganz uncigen-
niiljig — ohne allen weitern Absichten. Wenn sie ihre Studien
vollendet hat, dann hört ja ohnedem jede weitere Beziehung
»u ihr auf — muß aufhören! — Muß aufhören!?" Dabei
war aber doch dem armen Manne nicht gar wohl. Ja, ich

weine, er glaubte selbst nicht recht daran!

Eines Tages saß Angelika am Piano und spielte die
große 6-äur-Sonate von Beethoven mit einer Zerstreutheit,
die ihr sonst fremd war. Offenbar beschäftigte sie im Innern
rtwas ganz anderes als die Schöpfung des großen Meisters.
Aber was? Das war schwer zu crrathcn. Da führte die

rcge Phantasie des Mannes jäh einen furchtbaren Streich

»ach seinem Herzen und zwar in ganz unerwarteter Weise.

Sein Lieblingsstudium >var einst die Schädellehre Gall's ge-
wesen; und jetzt — o Entsetzen! als er Angelika von der

Seite her ansah, hatte ihr Auge im Profil unleugbar die Gestalt
eines Schlangenauges. Angelika schien seinen Blick zu fühlen;
sie wendete rasch das Haupt und ein voller, zürnender Blick
iraf sein Auge und sein Herz wie ein Dolchstich. Das war
der erste zürnende Blick aus ihrem Auge. Doch ein freundliches
Lächeln begleitete ihn und wie natürlich war ihre Erklärung,
daß die Schwierigkeit einer Passage ihr sonst heiteres Auge ver-
düstert habe. Ein Anderer hätte es vielleicht auch geglaubt;
»icht so der Mann, dessen Vertrauen unbegränzt war, wenn er
Jemanden desselben werth hielt, und dessen Mißtrauen ebenfalls
gränzcnlos war, wenn es einmal wachgcrufen wurde.

Angelika war ängstlich bemüht, den Schatten, den ihr
zerstreutes Wesen über das Herz ihres Freundes geworfen,
durch verdoppelte Liebenswürdigkeit zu verscheuchen; aber dieses
Streben schien so absichtlich, so gesucht, daß der Mann sich
des Gedankens nicht erwehren konnte: Angelika suche ihm etwas
zu verbergen und es schien ihm gewiß, ein fremder Gegenstand
sei in ihrer Seele Ursache einer andern Gedankenreihc geworden.
Angelika stellte es wohl entschieden in Abrede und behauptete,
sie sei ebenso, wie früher, der Kunst mit ganzer Seele ergeben,
doch entschlüpfte zuweilen leise ei» Seufzer ihrer Brust und die
Zerstreutheit schien eher zu- als abzunehmen. —

Der Zufall wollte einmal, daß der Professor allein eine
Landparthie machte, um seinem, von allerlei Sorgen gepreßten
Herzen in freier Luft Zerstreuung und Erholung zu gönnen.
Er suchte ein einsames Plätzchen im Walde auf, das höchst
selten von Jemand betreten wurde; dort wollte er ungestört
über die jüngsten Ereignisse Nachdenken und sich die Dinge
zurecht legen, um den gestörten Frieden der Seele wieder zu
gewinnen. Als er, in Gedanken vertieft, leise durch das Gras
hinschritt, hörte er in der Nähe ein Mädchen weinen und eine
andere Stimme, die ihr Trost zusprach; diese beiden Stimmen
waren ihm zu sehr bekannt, als daß er sich hätte täuschen
können. Ja, es war Angelika und ihre Mutter. Auch sie
hatten die Einsamkeit des Waldes ausgesucht. Hätte der Mann
"nen Augenblick nur gezögert, er würde die Ursache der Thränen
Angelikas entdeckt haben; aber Horchen war nicht die Sache des
ehrlichen Professors; er verachtete diese Abscheulichkeit an den
Weibern und konnte sich derselben um so weniger selbst schuldig machen.

- (Schluß folgt.)

Sprüchwörtcr.

Vor gethan und nachher bedacht.

Hat Manchen in groß' Leid gebracht;

Bei vorbedacht und nachgethan.

War auch schon Mancher schlimm daran.

Quäle nie ein Thier zum Scherz,

Denn cs fühlt wie du den Schmerz;
Vom Menschen hörst du das nicht sagen,
Ihn darfst du schinden, quälen, plagen.

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Doppelter Nutzen.

Der Herr Lehrer Knüpple weiß stets das Angenehme mit
dem Nützlichen zu verbinden: Er setzt sich auf seinen Kirsch-
baum, studirt und macht zugleich die wirksamste Vogelscheuche.

S etbstgefüh l.

Dame: „O, ich möchte so gern berühmt werden! Ich
möchte etwas recht Großes thun! Etwa wie llsunno ä' A»c,
Sappho, oder einen Tyrannen ermorden!" — Doktor: „Schade,
meine Gnädige, daß cs heut zu Tage kein Kapitol mehr zu

24*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Doppelter Nutzen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bechstein, Ludwig
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Lehrer <Motiv>
Vogelscheuche <Motiv>
Lektüre <Motiv>
Gleichzeitigkeit
Karikatur
Kirschbaum
Satirische Zeitschrift

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Digitales Bild
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Fliegende Blätter, 64.1876, Nr. 1612, S. 187

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