188
Die Ammc.
In stolzer Karosse fährt sie daher
Auf schwellendem Polster gcwicgct
Die vornehme blasse Dame, und er
Gelangweilt im Sorgenstuhl lieget:
Sie macht Visiten, die Dame, heute —
Und er denkt der Junggescllcnfrcude.
Im Kinderzimmer, so traulich und warm.
Da sitzt mit der Haube und Krause
Das Weib aus dem Volke und hält im Arm
Den Sprössling aus vornehmem Hause:
Er lächelt sie an, so voll von Leben —
Und sic hat ihm ihr Herzblut gegeben.
Jui’ii novit curia.
(In einer Gerichtsverhandlung beruft sich der Anwalt des
Klägers ans einen gewissen Gcsctzcsparagraphen.) — Der An-
walt des Beklagten: „Ich bin überzeugt, daß sich im
Gesetzbuch ein Artikel findet, der das Gcgcntheil sagt. Auf
diesen berufe ich mich." — Präsident: „Wollen Sie nicht
diesen Artikel nennen?" — Anwalt des Beklagten: „Ich
überlasse das vertrauensvoll dem hohen Gerichtshof."
Schöne Häuslichkeit.
„Der Zankhuber lebt mit seiner Frau wirklich, als wenn sic
immer Theater spielten." — „Wieso?" — „Nun, ein Aus-
tritt folgt bei ihnen auf den andern."
Sie sitzt so stille und vorwärts geneigt
Und schaut auf die blühenden Wangen,
Der sinnenden Seele leise entsteigt
Ein Bild und das regt ihr Verlangen:
Sie sieht einen einsamen, müden Mann —
Und ein krankes Kind, das nicht schlafen kann.
Weit draußen im letzten Hause der Stadt,
Da sitzt um diesclbige Stunde
Ein Mann, dem die Sorge die Seele hat
Beschwert, daß sein Liebling gesunde:
Er sitzt am Bcttchcn und sinnt und spricht —
„Bald kommt Deine Mutter, d'rnm weine nicht!"
Die Ordre.
Ein Fürst pflegte die alljährlich von seiner Armee
abzuhaltenden Manövers in höchsteigener Person zu leiten
und zu commandiren. Die Armee ist in Schlachtordnung aus-
gestellt, um einen markirten Feind anzugrcifen. Seine Hoheit
hatten aber die Gewohnheit, alles, was Sie sagten, sehr un-
deutlich zu sprechen, mehr zu murmeln, waren aber stets im
höchsten Grade ungnädig, wenn Sie Jemand nicht verstand
und mit „Wie?" oder „Was?" antwortete. Das reizte Dieselben
stets zum höchsten Zorn, war aber bei wichtigen Befehlen natür-
lich für den Betroffenen sehr unangenehm. In obigem
wichtigen Momente, als die Schlacht beginnen soll,, winken
Dieselben einen Ihrer Ordonnanzoffiziere aus der zahlreichen
Suite heran und befehlen: „Reiten Sie sofort zu General
Die Ammc.
In stolzer Karosse fährt sie daher
Auf schwellendem Polster gcwicgct
Die vornehme blasse Dame, und er
Gelangweilt im Sorgenstuhl lieget:
Sie macht Visiten, die Dame, heute —
Und er denkt der Junggescllcnfrcude.
Im Kinderzimmer, so traulich und warm.
Da sitzt mit der Haube und Krause
Das Weib aus dem Volke und hält im Arm
Den Sprössling aus vornehmem Hause:
Er lächelt sie an, so voll von Leben —
Und sic hat ihm ihr Herzblut gegeben.
Jui’ii novit curia.
(In einer Gerichtsverhandlung beruft sich der Anwalt des
Klägers ans einen gewissen Gcsctzcsparagraphen.) — Der An-
walt des Beklagten: „Ich bin überzeugt, daß sich im
Gesetzbuch ein Artikel findet, der das Gcgcntheil sagt. Auf
diesen berufe ich mich." — Präsident: „Wollen Sie nicht
diesen Artikel nennen?" — Anwalt des Beklagten: „Ich
überlasse das vertrauensvoll dem hohen Gerichtshof."
Schöne Häuslichkeit.
„Der Zankhuber lebt mit seiner Frau wirklich, als wenn sic
immer Theater spielten." — „Wieso?" — „Nun, ein Aus-
tritt folgt bei ihnen auf den andern."
Sie sitzt so stille und vorwärts geneigt
Und schaut auf die blühenden Wangen,
Der sinnenden Seele leise entsteigt
Ein Bild und das regt ihr Verlangen:
Sie sieht einen einsamen, müden Mann —
Und ein krankes Kind, das nicht schlafen kann.
Weit draußen im letzten Hause der Stadt,
Da sitzt um diesclbige Stunde
Ein Mann, dem die Sorge die Seele hat
Beschwert, daß sein Liebling gesunde:
Er sitzt am Bcttchcn und sinnt und spricht —
„Bald kommt Deine Mutter, d'rnm weine nicht!"
Die Ordre.
Ein Fürst pflegte die alljährlich von seiner Armee
abzuhaltenden Manövers in höchsteigener Person zu leiten
und zu commandiren. Die Armee ist in Schlachtordnung aus-
gestellt, um einen markirten Feind anzugrcifen. Seine Hoheit
hatten aber die Gewohnheit, alles, was Sie sagten, sehr un-
deutlich zu sprechen, mehr zu murmeln, waren aber stets im
höchsten Grade ungnädig, wenn Sie Jemand nicht verstand
und mit „Wie?" oder „Was?" antwortete. Das reizte Dieselben
stets zum höchsten Zorn, war aber bei wichtigen Befehlen natür-
lich für den Betroffenen sehr unangenehm. In obigem
wichtigen Momente, als die Schlacht beginnen soll,, winken
Dieselben einen Ihrer Ordonnanzoffiziere aus der zahlreichen
Suite heran und befehlen: „Reiten Sie sofort zu General
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Amme"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1872, S. 188
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg