Fliegende Blätter (78.1883 (Nr. 1953-1979))

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Das Sorteert.

Ob es Lied, ob's Arie sei.

Ist sie nur hübsch anzuseh'n.

Kann man Alles üücrsteh'n.

Anfangs halt sie das Bouquet
Leicht, graziös mtb wundernett.

Aber ach — es ist zu schwer,
lind d'rum senkt sic's immer mehr.
Daß uns Angst im Herzen preßt:
Wenn sie's nur tiicht fallen läßt!
Endlich schnauft man frisch und frei.
Denn die Nummer ist vorbei
Und die Diva, die man rief.

Neigt sich ungeheuer tief.

Nach so schwerer Brustbeklemmung
Und des BlutumInnfcS Hemmung.
Eine Symphonie in Moll
Sehr wohlthätig wirken soll.

Anfangs int'ressirt's uns noch.

Ist das Tonwerk klassisch doch.

Aber alsbald wird uns bang.

Denn das Ding ist viel zu lang.
Ächte Musikkenner nur
Lesen mit die Partitur.

Aber wir - kann's anders sein? -
Nicken ganz allmählig ein.

Doch im Paukenkessel kauert
Das Verderben, und es lauert
Bis wir eingeschlafen find.

Dann erhebt es sich geschwind;

Die Trompeten schmettern hell.

Platzen möcht' das Trommelfell.

Das Finale scheint zu unh'u.

Doch da fängt's von vorne an!
Taumelnd fahren wir empor.

Schmerz im Schädel. Schmerz im Ohr.
Und es treibt uns aus dem Haus.

Doch Gottlob — jetzt ist es aus.
Jubelnd applaudirt die Menge.

Selbst der Kritiker, der strenge.

Ist vom Ganzen so entzückt.

Daß er an die Wand uns drückt
llitb noch unter'm -Ausgangsthor
Uns ein „Bravo!" brüllt in's Ohr;
llnd an Weni vorbei wir geh'n.

Alles sagt: „'s war wunderschön!"

Daß wir glauben gar zuletzt
Selbst, cs hätte uns ergötzt.

Denn wer will am End' allein
Auch so ungebildet sein.

Zu gesteh'n. daß eine Qual
Ihm es war? Das nächstemal
Wieder in's Concert darum
Geht dasselbe Publikum.

Denn es bleibt halt ein Genuß.

De» man manchmal haben muß.