Die drei drei Wünsche.
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Unsere Geschichte spielt noch zu einer Zeit, in welcher die Könige,
wie der Kaiser von Marokko es noch heute thut, ihre Schätze in Kellern
oder Thürmen ausbewahrten, die eigens dazu erbaut waren.
War der erste Wunsch des jungen Grafen schon ein recht
kühner, so war der zweite es nicht minder; er forderte nichts weniger
als des Königs Schätze. Der König war bestürzt, aber sein Wort
war geheiligt, er mußte es halten, und die reichen Schätze an Gold,
Silber und Juwelen aller Art wurden zur Verfügung des Ge-
fangenen gestellt. Dieser begann dieselben schleunigst unter die Höf-
linge zu vertheilen und gewann durch diese Liberalität in wenigen
Stunden einen ausgedehnten Freundeskreis.
Der König begann sich anßerordentlich unbequem zu fühlen.
Unfähig zu schlafen, begab er sich schon vor Sonnenaufgang des
dritten Tages, mit einer unbestimmten Furcht im Herzen, nach
dem Gesängniß, um den dritten Wunsch des jungen Grafen zu ver-
nehmen.
„Nun", so redete er letzteren an, „sage mir Deinen dritten
Wunsch, daniit ich ihn sofort geivähren und Dich dann hängen lassen
kann. Ich bin Deiner Wünsche wirklich recht müde."
„Sir", antwortete der Gefangene, „ich habe nur noch eine Gunst
von Euer Majestät zu erbitten, nach deren Gewährung ich befriedigt
sein werde. Es ist nichts weiter, als daß Du befiehlst, daß Dem-
jenigen die Angen ansgestochen werden, der meinen Vater den Fisch
umwendcn sah!"
„Sehr gut", gab der König zurück, „Dein Wunsch ist ein ganz
naturgemäßer und entspringt dem Herzen eines guten Sohnes .. Den
Ceremonienmeister her!" befahl er dann seiner Leibwache.
„Ich", rief der geängstete Ceremonienmeister aus, „ich habe
nicht das Geringste gesehen — es war der Tafeldecker!"
„Dann ergreift den Tafeldecker!" befahl der König.
Der Tafeldecker versicherte mit Thränen in den Augen, daß er
absolut Nichts von der Sache gesehen habe, daß es vielmehr der
Mundschenk gewesen sei. Dieser, der gleichfalls schwor, von der
ganzen fatalen Geschichte nichts zu wissen, schob die Schuld auf die
Lakaien. Aber auch von diesen wollte Keiner etwas von der gegen
den Grafen erhobenen Anklage wissen.
Kurz und gut, es war Niemand zu finden, der das Verbrechen
des Grafen gesehen haben wollte, worauf die Prinzessin sagte: „Ich
appellire an meinen Vater, als einen zweiten Salomo. Wenn Nie-
mand das Verbrechen sah, dann kann der Graf nicht schuldig sein
und mein Gemahl muß freigelassen werden!"
Der König, der längst Gefallen an dem jungen Grafen gefunden
hatte und zum ersten Male die Härte und Ungerechtigkeit seines
Verfahrens zu fühlen begann, war der Rede seiner Tochter mit
großer Aufmerksamkeit gefolgt; mit jedem Worte hatten seine Mienen
mehr und mehr das ihnen sonst eigene grausame Gepräge verloren.
„Man führe den Gefangenen herbei!" befahl er, nachdem seine
Tochter geendet und in banger Erwartung der Entscheidung ihres
Vaters über das Schicksal ihres Gatten entgegen sah.
Der Graf wurde, mit Ketten beladen, herbeigeführt.
„Komm her, mein Sohn", redete ihn zum Erstaunen der ganzen
Höflingsschaar der König freundlich an, „Du bist ebenso edelmüthig
als weise. Mit Deiner Weisheit hast Du die Schaar meiner Höf-
linge, die, um mir gefallen zu wollen, ein Menschenleben zu ver-
derben beabsichtigten, überwunden, mit Deinem Edelmuth aber das
Herz meiner Tochter lind auch das meine gewonnen und Deinem
Vater das Leben gerettet. Du verdienst nicht den Tod, sondern zu
herrschen über die, die Dich vernichten wollten... Komm her, meine
Tochter", wendete er sich an das Freudethränen vergießende junge
Weib, „löse die Ketten Deines Gemahls; er soll von heute ab
mein erster Minister und wenn ich sterbe. Erbe meines Reiches und
meiner Krone sein. . . Jedem Verräther aber soll in Zukunft seine
schändliche Zunge ausgerissen werden." Di. <s. vorn.
Aus der Jnstructionsstunde.
Offizier: „Nennen Sie mir ein Beispiel, wo der Soldat auch
in Friedenszeiten sich muthig zeigen kann!" — Rekrut: „Wenn
er sich beschwert!" _
Versetzltes Rührmittel.
Nervöse Dame: „...Nachdem ich Ihnen jetzt alle meine
Leiden geklagt habe, werden Sie mir Ihr Mitleid nicht versagen!"
Arzt: „Im Gegentheil — ich beneide Sie! Um das Alles
auszuhalten, müssen Sie eine Bärenconstitution haben!"
Wandlung.
Früher war die Kunst ein Tempel, jetzt ist sie — ein
Modebazar. _
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Unsere Geschichte spielt noch zu einer Zeit, in welcher die Könige,
wie der Kaiser von Marokko es noch heute thut, ihre Schätze in Kellern
oder Thürmen ausbewahrten, die eigens dazu erbaut waren.
War der erste Wunsch des jungen Grafen schon ein recht
kühner, so war der zweite es nicht minder; er forderte nichts weniger
als des Königs Schätze. Der König war bestürzt, aber sein Wort
war geheiligt, er mußte es halten, und die reichen Schätze an Gold,
Silber und Juwelen aller Art wurden zur Verfügung des Ge-
fangenen gestellt. Dieser begann dieselben schleunigst unter die Höf-
linge zu vertheilen und gewann durch diese Liberalität in wenigen
Stunden einen ausgedehnten Freundeskreis.
Der König begann sich anßerordentlich unbequem zu fühlen.
Unfähig zu schlafen, begab er sich schon vor Sonnenaufgang des
dritten Tages, mit einer unbestimmten Furcht im Herzen, nach
dem Gesängniß, um den dritten Wunsch des jungen Grafen zu ver-
nehmen.
„Nun", so redete er letzteren an, „sage mir Deinen dritten
Wunsch, daniit ich ihn sofort geivähren und Dich dann hängen lassen
kann. Ich bin Deiner Wünsche wirklich recht müde."
„Sir", antwortete der Gefangene, „ich habe nur noch eine Gunst
von Euer Majestät zu erbitten, nach deren Gewährung ich befriedigt
sein werde. Es ist nichts weiter, als daß Du befiehlst, daß Dem-
jenigen die Angen ansgestochen werden, der meinen Vater den Fisch
umwendcn sah!"
„Sehr gut", gab der König zurück, „Dein Wunsch ist ein ganz
naturgemäßer und entspringt dem Herzen eines guten Sohnes .. Den
Ceremonienmeister her!" befahl er dann seiner Leibwache.
„Ich", rief der geängstete Ceremonienmeister aus, „ich habe
nicht das Geringste gesehen — es war der Tafeldecker!"
„Dann ergreift den Tafeldecker!" befahl der König.
Der Tafeldecker versicherte mit Thränen in den Augen, daß er
absolut Nichts von der Sache gesehen habe, daß es vielmehr der
Mundschenk gewesen sei. Dieser, der gleichfalls schwor, von der
ganzen fatalen Geschichte nichts zu wissen, schob die Schuld auf die
Lakaien. Aber auch von diesen wollte Keiner etwas von der gegen
den Grafen erhobenen Anklage wissen.
Kurz und gut, es war Niemand zu finden, der das Verbrechen
des Grafen gesehen haben wollte, worauf die Prinzessin sagte: „Ich
appellire an meinen Vater, als einen zweiten Salomo. Wenn Nie-
mand das Verbrechen sah, dann kann der Graf nicht schuldig sein
und mein Gemahl muß freigelassen werden!"
Der König, der längst Gefallen an dem jungen Grafen gefunden
hatte und zum ersten Male die Härte und Ungerechtigkeit seines
Verfahrens zu fühlen begann, war der Rede seiner Tochter mit
großer Aufmerksamkeit gefolgt; mit jedem Worte hatten seine Mienen
mehr und mehr das ihnen sonst eigene grausame Gepräge verloren.
„Man führe den Gefangenen herbei!" befahl er, nachdem seine
Tochter geendet und in banger Erwartung der Entscheidung ihres
Vaters über das Schicksal ihres Gatten entgegen sah.
Der Graf wurde, mit Ketten beladen, herbeigeführt.
„Komm her, mein Sohn", redete ihn zum Erstaunen der ganzen
Höflingsschaar der König freundlich an, „Du bist ebenso edelmüthig
als weise. Mit Deiner Weisheit hast Du die Schaar meiner Höf-
linge, die, um mir gefallen zu wollen, ein Menschenleben zu ver-
derben beabsichtigten, überwunden, mit Deinem Edelmuth aber das
Herz meiner Tochter lind auch das meine gewonnen und Deinem
Vater das Leben gerettet. Du verdienst nicht den Tod, sondern zu
herrschen über die, die Dich vernichten wollten... Komm her, meine
Tochter", wendete er sich an das Freudethränen vergießende junge
Weib, „löse die Ketten Deines Gemahls; er soll von heute ab
mein erster Minister und wenn ich sterbe. Erbe meines Reiches und
meiner Krone sein. . . Jedem Verräther aber soll in Zukunft seine
schändliche Zunge ausgerissen werden." Di. <s. vorn.
Aus der Jnstructionsstunde.
Offizier: „Nennen Sie mir ein Beispiel, wo der Soldat auch
in Friedenszeiten sich muthig zeigen kann!" — Rekrut: „Wenn
er sich beschwert!" _
Versetzltes Rührmittel.
Nervöse Dame: „...Nachdem ich Ihnen jetzt alle meine
Leiden geklagt habe, werden Sie mir Ihr Mitleid nicht versagen!"
Arzt: „Im Gegentheil — ich beneide Sie! Um das Alles
auszuhalten, müssen Sie eine Bärenconstitution haben!"
Wandlung.
Früher war die Kunst ein Tempel, jetzt ist sie — ein
Modebazar. _
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die drei Wünsche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 94.1891, Nr. 2385, S. 130
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg