Lcücnsrccept.
((.'ler mit ernsten, schweren Tritten
Durch das Leben kommt geschritten,
Kämpft im Schweiß des Angesichts
Und erringt oft schließlich — nichts!
Doch, wer mit Humor, dem kecken,
Off'nen Blicks kann Herzen wecken,
Der erwirbt mit Recht und Fug
Sich Fortuna's Gunst im Flug.
_ Dr. v. R.
Kleine Täuschung.
Fremder: „Hier im Orte scheint man
die Turnerei recht zu pflegen; fast in
jedem Hause sieht man bei dem Lampen-
licht an den Vorhängen die Schatten-
bilder von Turnern, die, wie cs scheint,
heute alle Armübungen machen!"
Einheimischer: „Nein, mein Gute- seier unseres Stadtoberhauptes, und da werden eben die Reden zu Hause eingeübt!
ster, morgen is Sie nämlich Jubiläums- _
Engländer (betritt einen Laden und
bemerkt hier eine hübsche Verkäuferin):
„Wer ist die schöne Dame?"
Kaufmann: „Meine Tochter!"
Eng l ä über: „Ich bitte, geben Sie
mir Tinte, Papier, Feder und die Hand
Ihrer Tochter!"
Er brummte, that's indessen treu;
Doch blieb sein Wachen ohne
Zweck:
Thcils kamen Männer nicht vorbei,
Theils liefen sie entsetzt hinweg.
Der Burgvogt grollte mehr und
mehr:
„Mir wird um meinen Nacht-
schlaf bang!"
Und auch Mathilde seufzte sehr
Und horchte sich die Ohren lang.
Da plötzlich in der Nacht einmal
Erklang das Horn: „Tra—rui—
tri—eh!"
Mathilde rief: „O süßer Schall!
Nun kommt mein Bräutigam in
spe!"
Sic raunte fort und fiel sogleich
Dem Nahenden an's Herz gar
froh;
Da erst ersah sie schreckensbleich:
Kein Anderer war's als —
Odilo!
„Elender!" rief sic.-„Bitte sehr!"
Sprach er. „Mir riß nur die
Geduld!
Wer cS beim Vollmondscheiu ge-
noß,
Der liebt Dich sofort überaus!" —
Sie nahm's, sprang heim und
rief im Schloß
Den Burgvogt Odilo heraus.
Äm Walde saß auf ihrem
Schloß
Mathilde schon manch' liebes
Jahr,
Wobei sie dies nur sehr ver-
droß,
Daß sie noch immer ledig
war.
D'rum ging sic zu der Hexe
einst.
Die sprach darauf mit
schlauem Mund:
„Es ist nicht nöthig, daß
Du weinst!
Das Tränklein hier macht
Dich gesund!
I Sein Herz war treu wie Gold,
jedoch
Der Rest von ihm war schauder-
haft:
Kein Thier des Waldes hatte noch
Ihn ohne Grausen angegafft.
„Mein Freund", sprach sie, „setz'
Dich hinfort
Beim Vollmondscheiu stets auf
die Straß'
lind, naht ein hübscher Recke
dort,
Von diesem Trank ihn schlürfen
laß!
Und that er's, stoße gleich in's
Horn;
Denn wisse nur: Der wird
mein Mann!
Weil, wer genoß den Zauberborn,
! Mir nicht mehr widerstehen kann!"
((.'ler mit ernsten, schweren Tritten
Durch das Leben kommt geschritten,
Kämpft im Schweiß des Angesichts
Und erringt oft schließlich — nichts!
Doch, wer mit Humor, dem kecken,
Off'nen Blicks kann Herzen wecken,
Der erwirbt mit Recht und Fug
Sich Fortuna's Gunst im Flug.
_ Dr. v. R.
Kleine Täuschung.
Fremder: „Hier im Orte scheint man
die Turnerei recht zu pflegen; fast in
jedem Hause sieht man bei dem Lampen-
licht an den Vorhängen die Schatten-
bilder von Turnern, die, wie cs scheint,
heute alle Armübungen machen!"
Einheimischer: „Nein, mein Gute- seier unseres Stadtoberhauptes, und da werden eben die Reden zu Hause eingeübt!
ster, morgen is Sie nämlich Jubiläums- _
Engländer (betritt einen Laden und
bemerkt hier eine hübsche Verkäuferin):
„Wer ist die schöne Dame?"
Kaufmann: „Meine Tochter!"
Eng l ä über: „Ich bitte, geben Sie
mir Tinte, Papier, Feder und die Hand
Ihrer Tochter!"
Er brummte, that's indessen treu;
Doch blieb sein Wachen ohne
Zweck:
Thcils kamen Männer nicht vorbei,
Theils liefen sie entsetzt hinweg.
Der Burgvogt grollte mehr und
mehr:
„Mir wird um meinen Nacht-
schlaf bang!"
Und auch Mathilde seufzte sehr
Und horchte sich die Ohren lang.
Da plötzlich in der Nacht einmal
Erklang das Horn: „Tra—rui—
tri—eh!"
Mathilde rief: „O süßer Schall!
Nun kommt mein Bräutigam in
spe!"
Sic raunte fort und fiel sogleich
Dem Nahenden an's Herz gar
froh;
Da erst ersah sie schreckensbleich:
Kein Anderer war's als —
Odilo!
„Elender!" rief sic.-„Bitte sehr!"
Sprach er. „Mir riß nur die
Geduld!
Wer cS beim Vollmondscheiu ge-
noß,
Der liebt Dich sofort überaus!" —
Sie nahm's, sprang heim und
rief im Schloß
Den Burgvogt Odilo heraus.
Äm Walde saß auf ihrem
Schloß
Mathilde schon manch' liebes
Jahr,
Wobei sie dies nur sehr ver-
droß,
Daß sie noch immer ledig
war.
D'rum ging sic zu der Hexe
einst.
Die sprach darauf mit
schlauem Mund:
„Es ist nicht nöthig, daß
Du weinst!
Das Tränklein hier macht
Dich gesund!
I Sein Herz war treu wie Gold,
jedoch
Der Rest von ihm war schauder-
haft:
Kein Thier des Waldes hatte noch
Ihn ohne Grausen angegafft.
„Mein Freund", sprach sie, „setz'
Dich hinfort
Beim Vollmondscheiu stets auf
die Straß'
lind, naht ein hübscher Recke
dort,
Von diesem Trank ihn schlürfen
laß!
Und that er's, stoße gleich in's
Horn;
Denn wisse nur: Der wird
mein Mann!
Weil, wer genoß den Zauberborn,
! Mir nicht mehr widerstehen kann!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kleine Täuschung" "Mathilde"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1893 - 1893
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 99.1893, Nr. 2510, S. 90
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg