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Galerie Flechtheim <Düsseldorf> [Hrsg.]; Galerie G. Paffrath <Düsseldorf> [Hrsg.]; Hugo Helbing <München> [Hrsg.]
Gemälde alter und neuer Meister: aus dem Nachlass Geheimer Kommerzienrat M. Leiffmann, Düsseldorf, und aus deutschem Museums- und Privatbesitz ; Versteigerung in Düsseldorf im Palast-Hotel Breidenbacher Hof, Samstag, 12. November 1932 — Düsseldorf, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.6055#0007
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Lv'er im Jahre 1921 verstorbene Geheime Kommerzienrat Moritz Leijfmann, der Mitbegründer des Bank-
hauses B. Simons & Co., war der Typus des privaten Bankfachmannes, der im hödisten Grade das Vertrauen
seiner Klienten genop. Neben seiner ausgedehnten beruflichen Tätigkeit beschäftigte er sich viel mit künst-
lerischen Fragen, wozu Anregungen ihm häufig aus dem großen Kreise seiner Freunde unter den bildenden
Künstlern, Musikern und Schauspielern zuströmten. Sein von Professor Adolf Schill erbautes, von gropen
Parkanlagen umgebenes palastartiges Haus am Rheinufer war ein Mittelpunkt glanzvoller Geselligkeit in
der Vorkriegszeit. Unvergessen sind besonders die Festlichkeiten, die hier während der bis 1914 alljährlich
wiederkehrenden Düsseldorfer Goethe-Festspiele stattfanden, die Leiffmann im Jahre 1899 mit dem
Minister von Rheinbaben, mit Max Grube und dem Staatsanwalt Kretschmar ins Leben gerufen hatte.
Zum Schmucke der „Villa Leiffmann" dienten Gemälde alter und neuer Meister, die der Besitzer keines-
wegs planmäßig, sondern hier und da, besonders auf Reisen in Süddeutschland zusammengebracht hatte.
Diese Sammeltätigkeit war von jedem Snobismus entfernt, wurzelte vielmehr in einer aufrichtigen Liebe zur
Malerei. Es ist möglich, dap ein Sammler, dem es nidit auf die kunsthistorische Vollständigkeit seiner Galerie
ankam, der nur edlen Schmuck für seine Wohnräume, zugleich Erholung für seine Mußestunden suchte, hier
und da einmal irrte. Aber Leijfmann bewies einen sicheren Instinkt für Qualität und besonders auch da, wo
er mit der Kunst der Zeitgenossen in Berührung kam, eine Selbständigkeit des Urteils, die ihn beispielsweise
die so gar nidit „salonfähige" Malerei eines Gerhard Janssen der Kunst viel berühmterer Düsseldorfer vor-
ziehen liep. Jüngeren Künstlern zu helfen, ist diesem Manne stets ein nobile ofjicium gewesen. Leijfmann
war — es ist schmerzlich zu sagen — einer unserer letzten Mäzene.

Nachdem der Tod der Gattin die Räume der Villa Leiffmann verödet hatte, gehen nun die Bilder, von
denen eine Anzahl der besten 1921 eine vom städtischen Kunstmuseum und vom Kunstverein für die Rhein-
lande und Westfalen veranstaltete Ausstellung alter Kunst aus Düsseldorfer Privatbesitz geschmückt hatte,
in alle Welt hinaus. Andere Werke mannigfaltigster Art aus Museums- und Privatbesitz, von alten und
neueren Künstlern reihen sidi an.

Dem besonderen Geschmack niederrheinischer Kunstsammler entspricht die Fülle trefflicher holländischer
Kabinettstücke. Die Landschapen von Berchem, A. Cuyp, Hobbema, Jacob Salomonsz van Ruisdael, die
Gesellschaßsstücke von Dirk Hals und A. Palamedesz, die Bildnisse von N. Maes, Quinckhard u. a.,
die Stilleben von Huysum und Weenix seien besonders hervorgehoben. Bei den Flamen überrascht eine
von Ludwig Burdiard wieder in ihre Rechte eingesetzte grope Altartafel von Rubens, bei den Franzosen
die kompositioneil an N. Poussin angelehnte, farbig sehr ansprechende „Marter Petri", die ehemals in der
Dresdner Galerie war, bei den Engländern ist das Gainsborough zugeschriebene männliche Bildnis von
ungewöhnlicher Qualität der Malerei. Das köstliche Selbstbildnis des Todesdiini und das Maleratelier von
Magnasco sind Beispiele übermütigster Selbstpersiflage italienischer Barockkünstler. Ins 19. Jahrhundert
leiten dann die Bildnisse Edlingers, die Werke des Jan. Zick und die fesselnden Goya-Phantasien des
Spaniers Lucas über. Von dem Belgier Alfred Stevens, der in Wilhelm Hausensteins soeben erschienenen
„Europäischen Hauptstädten" endlich einmal die verdiente Würdigung findet, wird ein ansprechendes Inte-
rieurbildnis gezeigt. Ungewöhnlich gut ist die Münchner Schule durch Werke von Schleich, Spitzweg, Stadler,
Defregger (Frühwerke!) und Zügel vertreten, sehr überraschend das „Leihhaus" von Gotthardt Kuehl, das
Hauptwerk seiner Münchner Zeit, das alle Vorzüge der tonigen Diez-Schule mit einem gewählten Reichtum
der Farbe vereinigt, wie dieser Künstler ihn kaum wieder erreicht hat. Selbst Grützner stimmt mit dem
„Bibliothekar" recht versöhnlich. Dap die Düsseldorfer Schule mit vielen charakteristischen Proben vertreten
ist, mag hier selbstverständlich erscheinen. Aber Claus-Meyers „Feinschmecker" und die grofie Landschaft von
H. Mühlig, sonst ein Meister kleiner Formate, verdienen eine besondere Hervorhebung. Es fehlen jedoch auch
keineswegs Führer der modernen Kunst, wie Renoir, Thoma, Schuch, Liebermann, Slevogt und Corinth.

WALTER COHEN.
 
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