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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 2.1927

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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.13210#0138
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Konjunktur gefragt hat, dessen Tun weder durch
Schlauheit, noch Klugheit, noch Berechnung be-
stimmt wurde, der nichts tat, als seinem inneren
Gesetz folgen, sehen, arbeilen, erleben. So ist er
der Natur ganz nahe gekommen, so ist er, obwohl
in Amerika in seiner Bedeutung nicht erkannt,
Anfang und Exponent der großen und unabseh-
baren Entwicklung einer Stadt-Landkultur gewor-
den. Glied einer Entwicklung, die seltsam genug
ist, Zurückhaltung des Kolonialstils, Pionierstadt,
rücksichtslose Unterjochung der Natur, Aufbau
der Wirtschaft und Wolkenkratzerstadt, Automo-
bil und ungeahnte Einschaltung der Bewegung in
den Komplex des Lebens, schließlieh als Doku-
ment einer neuen Zeit das Werk Lloyd Wrights.
Bemerkenswert, daß bewußte und widerslandlose
Hingabe an die lebendige Kraft, an das Leben
Bindeglied einer solchen Entwicklung sein und
zu solchem Resultat führen konnte. Europa ge-
hemmt, scheuklappengesegnet und formalistisch
gebunden, ist von einer solchen Lockerung und
organischen Lösung noch himmelweit entfernt.
Erbitterter Kampf um Windmühlen, während un-
erbittlich die Zeit ihre Probleme stellt, und da
niemand daran denkt, sich denen ernsthaft zuzu-
wenden, allmählich in einer Kette allermöglicher
Krisen die Grundlagen alles Lebens zum Wanken
bringt. Europa ist heute, es mag seinem Dünkel
schwer einsehen, aber es muß gesagt werden, kul-
turferner als Amerika. Kein Trost für uns, daß
Lloyd Wrighl eine Einzelerscheinung zu sein
schien, das ist jahrzehntelang so gewesen. Doch
heute ist er Beginn einer Entwicklung, die beson-
ders in südlichen Landhäusern Hand in Hand mit
der kulturellen Erschließung des Landes schon
zu schönen Ergebnissen geführt hat.

De Fries hat das Buch herausgegeben und mit
schönen, klugen und beherzigenswerten Worten

begleitet. Es ist diesem Satz kaum noch etwas

hinzuzufügen:

„Was der schöpferisch wirklich Befähigte in den
Grundrissen des Architekten Wright wesentlich
findet, ist eine neue seelische Einstellung zum
Bauwerk, die, erst im Anfang einer Entwicklung
stehend, noch ungeahnte und kaum ausdenkbare
Möglichkeiten in sich birgt. Diese Möglichkeiten
aus eigenem Können zu gestalten, das ist Aufgabe
des Architekten von morgen! Nichts anderes! Es
ist mehr als genug!"

Das bedeutet vollen Einsatz und volle Ausnutzung
der lebendigen Kräfte der Persönlichkeit. Hoffen
wir, daß es endlich möglich sein wird, auch für
die Persönlichkeit des Herausgebers des Buches
den Einsatz zu finden, der ihre gewiß nicht ge-
wöhnlichen Fähigkeiten voll zur Auswirkung kom-
men läßt. Rading.

Hermann Kaenig. „Gärten von Heute".

Verlag Br. Sachse, Hamburg 23. Preis 2,40 M.,

mit 85 Abbildungen.

Auch in diesem neuen Werk steht der bestbe-
kannte Verfasser des früher erschienenen „Gar-

tensozialismus" (Verlag Br. Sachse, Hamburg)
durchaus auf dem Boden einer gesunden Realisie-
rung des Gartengedankens. Es ist ihm in erster
Linie Bedürfnis, aus den weiten Zusammenhän-
gen zwischen wirtschaftlicher Tragbarkeit und
persönlichem Gartenwollen die besten Gartenmög-
lichkeiten zielvoll zu bemessen. Er laboriert nicht

— wie leider so viele — mit relativen Schönlieits-
begriffen herum, nein, er findet den Garteninhalt
in der auf praktischen Überlegungen beruhenden
Gartenform unter besonderer Betonung des Gar-
tencharakters. Und darauf kommt es doch an.
Unser heutiges Gartenschaffen krankt hier und da
schon bedenklich an traumhaft-sentimentalen
Tendenzen. Eine vielfach recht zweifelhafte Gar-
lengesinnung macht aus Nebensächlichkeiten gar
ein Problem. Man verliert sich im Detail und
sieht dann das Ganze nicht mehr. Hermann Koe-
nig sagte dazu einmal: Ist es denn nicht ratsamer
und berufsdienlicher, in allen Fällen vom Garlen-
vorhaben wohl den künstlerischen Einschlag und
Wert zu bekunden, aber eine realere Begründung
zum Ausgangspunkt zu machen? Man soll doch
dort nicht problematisch sein, wo es kein Pro-
blem gibt! —

Hermann Koenig greift die Dinge sicher und —
wie sie sind. Eine wohltuende Zweckhaftigkeit
und, wenn es irgend sein kann, auch Großzügig-
keit ist ihm Ausgangspunkt für jegliches Pro-
gramm. Als Werkbündler sucht er den Ausdruck
unserer Zeit, um ihn in künstlerischer Eigenart
den Dingen zu übermitteln. Das alles ist weit-
reichend bekannt. Davon zeugen viele durchge-
führte Arbeilen. Ein Blick auf Inhaltsangabe und
Vorwort in „Gärten von Heute" gibt sogleich seine
ganze garlenkünstlerische Einstellung. Seine
Slichworte dafür sind hier: Mensch und Garten

— das Garlenverständnis — die Mitarbeit des Bau-
herrn — Garlenformen — Pflanzen- und Gar-
lencharakter — der Staudengarten — der Rosen-
garten — der Sommerblumengarien — der Gras-
garten — der Nutzgarten — der Park — Garten-
architekturen — Garlenwünsche und ihre Erfül-
lung — wohlfeile Gärlen. 85 Abbildungen illu-
strieren den Text. Sie geben den treffendsten
Querschnitt aus Koenigs Gärten und machen das
Buch besonders wertvoll. Bemerkenswert ist, daß
aus der Hamburger Ebene, wie schon früher, hier-
mit eine neue gut persönliche Publikation, kommt.
Man ist immer wieder erfreut. Wer auch nur
etwas von dem Hamburger Wirklichkeitssinn be-
sitzt, wird Koenigs „Gärten von Heute" trotz des
erstaunlich billigen Preises besonders zu schätzen
wissen. Friedrich Last, Aachen

Anschriften der Mitarbeiter dieses Heftes:

Professor Dr. Emil Preclürius, München, Ohmstraße 30.
Professor F. II. Ehmcke', München, Odeonplat/. 12.

Professor Paul Renner, Direktor der Gcwerhcschule, München,

Pranckhslraße.
Jan Tichichold, Lehrer an der Gewerbeschule, München,

Pranckhstraße.
Rudolf von Dclius, München. Ehenauerstraße 6.

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