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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 1.1905

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Kempf, Friedrich: Die Anfänge und bisherige Tätigkeit des Münsterbau-Vereins
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Kempf, Die Anfänge und bisherige Tätigkeit des Münsterbauvereins

das herrliche Münster so ungefährdet den kommen-
den Geschlechtern zu vererben, wie sie es selbst
überkommen hatte. Das Vorgehen der beteiligten
Kreise anderer Städte musste allein schon veranlassen,
ähnliche Schritte zur Erhaltung unseres kostbarsten
Baudenkmals zu tun.

Obwohl der politischen Gemeinde die Obsorge
des Münsters nicht mehr obliegt wie früher, erlaubte
sich dieselbe dennoch in dieser und ähnlicher Weise
Anregungen bei der Kirchenbehörde zu geben. Der
Stadtrat erblickte seine Legitimation in der Tat-
sache, dass es fast ausschließlich die Freiburger Bür-
gerschaft gewesen ist, welche das Münster mit Auf-
bietung aller Kräfte erbaut, dasselbe von jeher als
ihren höchsten Schatz betrachtet und mit opferwilliger
Fürsorge über seine Erhaltung und Ausschmückung
gewacht hatte, wie denn auch heute noch das hehre
Besitztum den Gegenstand des Stolzes und der Sorge
aller Bewohner der Stadt und der weitesten Umgebung
bildet. Bei der Kirchenbehörde haben diese idealen
Bestrebungen beifälligen Widerhall gefunden. Sie
sprach dem Stadtrat für das bewiesene warme Inter-
esse an der Erhaltung der Münsterkirche ihren
Dank aus und kam den praktischen Vorschlägen
desselben bereitwilligst entgegen, indem sie zunächst
mit der Ganterschen Brauereigesellschaft ein Ab-
kommen traf. Letztere hat danach ihr Vorhaben bis
zur endgültigen Entschließung über die einer Sach-
verständigenkommission zur Begutachtung vorzule-
gende Frage der Freilegung verschoben.

In ununterbrochener Entwicklung der Angele-
genheit wurde infolge der stadträtlichen Anregung,
auf Anordnung des Erzbischofs Dr. J. Chr. Roos, ein
aus den Herren Prälat Domdekan K. F. Weickum,
Domkapitular R. Behrle, Oberbürgermeister Dr. O.
Winterer, Domkapitular L. Kiefer, Bankier Dr. E.
Krebs, Domkustos K. Mayer, Domkapitular F. Ru-
dolf sowie dem Erzbischöflichen Bauinspektor F. Baer
bestehendes vorbereitendes Komitee gebildet. Dieses
beschloss am 24. Mai 1889 eine aus den ersten
Autoritäten auf dem Gebiete der kirchlichen Bau-
kunst und aus Kennern des Freiburger Münsters
zusammengesetzte Kommission zur Begutachtung zu
berufen. Es waren dies der geheime Oberbaurat
Professor Dr. F. Adler in Berlin, Oberbaudirektor
Professor Dr.J.Durm in Karlsruhe, Hofbaudirektor
Professor J. von Egle in Stuttgart, Dr. A. von Essen-
wein, Direktor des germanischen Museums in Nürn-
berg, an dessen Stelle dann Oberbaurat F. J. Ben-
zinger in München trat, sowie Freiherr F. von Schmidt,
Dombaumeister zu St. Stephan in Wien.

Nachdem Bauinspektor Baer, um in weiteren
Kreisen Stimmung für das Unternehmen zu machen,
eine Reihe populär geschriebener Artikel über die

Baugeschichte des Münsters im Freiburger Tagblatt
veröffentlicht und dann in einer kleinen Druckschrift
zusammengefasst hatte1, traten die genannten Archi-
tekten am 10. September 1889 hier zusammen, wobei
Baer als Kommissär der Kirchenbehörde fungierte.
Zum Zweck der Untersuchung der Pyramide des
Hauptturms und des einen nördlichen Ostturms wur-
den diese Teile mit einer besonderen Gerüstung ver-
sehen (Abbildung S. 6). Den Vorsitz unter den Sach-
verständigen, welche vom Oberbürgermeister vor Be-
ginn ihrer Tätigkeit im Rathaussaale begrüßt und
bewillkommnet wurden, führte der Dombaumeister
Freiherr von Schmidt. Das von ihnen erstattete, von
Oberbaudirektor Darm redigierte und durch Druck-
legung zur allgemeinen Kenntnis gebrachte Gut-
achten* hatte die Notwendigkeit einer sachgemäßen,
umfassenden äußeren Instandsetzung des teilweise
stark geschädigten Baubestandes dargetan. Es ließ
keinen Zweifel über die dem Münster schuldende
Pflege und Erhaltung; auch hatte es eine gewisse,
auf ein angemessenes Maß sich beschränkende Frei-
legung begründet.

Die Kosten für die Untersuchung und vorberei-
tenden Maßnahmen in der Höhe von 11000M hatte
der Münsterfabrikfonds vorgeschossen. Die Höhe der
Summe, welche das Wiederherstellungswerk vor-
aussichtlich verursachen würde, wurde damals vom
Erzbischöflichen Bauamt auf 2 276 000 M berechnet,
ein Betrag, der mit Rücksicht auf die inzwischen
stark veränderten heutigen Verhältnisse notwendiger-
weise bedeutend höher angenommen werden muss.

Nun erhob sich die verantwortungsvolle, außer-
ordentlich schwierige Frage, wie die erforderlichen
gewaltigen Geldmittel aufzubringen seien, da dem
hiesigen Münster nicht wie denen anderer Städte,
z. B. Straßburgs, wo das Stiftsvermögen des Frauen-
hauses einen jährlichen Ertrag von oft mehr als
100 000 M für die Unterhaltung des Baues abwirft,
reiche eigene Mittel zur Verfügung stehen. Der bau-
pflichtige Münsterfabrikfonds, obwohl seit Dezennien
redlich bemüht, für die bauliche Pflege zu sorgen,
war nicht imstande, die so weitausschauende Aufgabe
auch nur im entferntesten zu bewältigen. Bevor also
weitere Schritte in der gedachten Richtung unter-
nommen werden konnten, musste in erster Reihe
die Teilnahme und das Interesse der zunächst be-
teiligten lokalen Kreise geweckt werden.

In dieser Erkenntnis wurde am 1. Mai 1890
ein auf die Organisation eines Vereins abzielender
Aufruf an die Bewohner der Stadt erlassen, der auf

1 Baugeschichtliche Betrachtungen über Unserer Lieben
Frauen Münster zu Freiburg i. Br. Freiburg 1889.

2 Von Jos. Durm veröffentlicht im „Centralblatt der Bau-
verwaltung" vom 2. Juli 1890 (No. 26A S. 269 271).
 
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