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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Panzer, Friedrich: Der romanische Bildfries am südlichen Choreingang des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0019

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Panzer, Der romanische Bilderfries am südlichen Choreingang

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25. Von einem Reliquiar im Schatze zu Conches.

auf zwei Drachen gesetzt hat, und darunter steht:
„So hat unser David den Satan überwunden." Gerne
betete der Gläubige mit dem Psalmisten (21, 22) :
„Erlöse mich aus dem Rachen des Löwen" und ge-
tröstete sich in seinen Nöten der Zuversicht des
tapfern Knaben (1. Sam. 17, 37): „Der Herr, der
mich von dem Löwen und dem Bären errettet hat,
der wird mich auch erretten vor diesem Philister".
Ward er doch auch durch Stellen im Neuen Testa-
ment, wie 2. Timoth. 4, 17, gerade auf dies Ge-
schehnis verwiesen.

In unserer Betrachtung vorwärts schreitend, er-
blicken wir weiterhin (Fig. 1) zwei Gruppen, die,
aus einer Platte gehauen, und durch den Widder in
der Mitte auch szenisch verbunden, sich sofort als zu-
sammengehörig erweisen. Wir sehen links auf einem
Faltestuhle einen Mönch, sitzend mit geschulterter
Rute. Er hält mit der Linken einem vor ihm auf-
recht sitzenden Wolfe ein Buch hin. Der Wolf, eben-
falls mit dem Mönchskleid angetan, fasst es mit der
Linken und scheint mit der Rechten, die den Griffel
hält, darin zu schreiben oder vielleicht lesend zu
buchstabieren. Seine Aufmerksamkeit wird aber völ-
lig durch einen hinter ihm stehenden Widder in An-
spruch genommen, nach dem er sich fletschend um-
wendet. Über der Gruppe lesen wir: ABC. Da-
neben zeigt sich das zweite Stadium der Geschichte.
Das Buch ist verschwunden, der Wolf hat sich um-
gewendet und den entspringenden Widder ergriffen.
Der Mönch, gegen den er sich noch zurückkehrt,
straft ihn mit Rutenschlag und verweisender Ge-
bärde.

Was wir hier dargestellt finden, ist die wohl-
bekannte Geschichte vom Wolf in der Schule. In

einem deutschen Gedichte des 13. Jahrhunderts"'7 wird
sie so erzählt.

Der Wolf Isenbart und seine Frau Herrat be-
schließen, um ein Gegengewicht für ihre Sünden zu
haben, ihren Sohn Isengrin geistlich werden zu lassen.
Sie führen den Jungen nach Paris und geben ihn
dem berühmten Meister Ilias in die Schule: so gut
der Pfaffe Amis einem Esel das Abc beibrachte,
werde Ilias ja auch einen Wolf unterrichten können.
Die Schule beginnt.

„Höre lieber Isengrein,

Nun heißt es auch hübsch fleißig sein.

Sprich genau mir nach: a."

„Meister sind nicht Lämmer da

Gemalt in meinem Büchelein?

Wo mögen auch die Schafe sein?"

Der Lehrer antwortet, es gebe wohl ein Buch,
„heißet Virgilius, das lehret uns von Schafen" (er
meint die Bucolica und Georgica); „ach", schreit der
Schüler, „Meister, lehrt mich doch nur dies Buch,
Euer Lohn soll dafür gleich verdoppelt werden!"
Der Lehrer weist ihn ab: das sei für jetzt noch zu



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26. Von einem Portal auf dem Schloss Tirol.



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