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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Kreuzer, Emil: Der Altar im Dettinger Chörlein
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0054

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Kreuzer, Der Altar im Dettinger Chörlein

Wappen des Abts Ludwig IL, Blarer von Einsiedeln.

Vermeidung unmotivierter Nuditäten zeichnen die
Gemälde aus.

Die Mitte der Predella nimmt die Widmungs-
inschrift, gleichsam der Stiftungsbrief ein. Sie lautet
(unter Beseitigung der Abkürzungen):

Deo, deiparae virgini, sanctis Andreae, Jacobo,

Christophoro,
Magdalenae, Ursulae cum sodalibus aram dicatam,

consecratam
Wilielmus Blarer a Wartensee cathedralis ecclesiae

Basiliensis
Canonicus custos, ad sancti Ursicini praepositus,

maiorum suorum zelum
Religionis huic sacello consignatum imitatus posita

tabula decoravit
Ut Numen veneraretur, nomen sanctorum vocaret

in vota

Posteros duceret in exemplum
Patriae et avitae virtutis.

ANNO MDCXV1.

1 Diesen Gott, der jungfräulichen Gottesgebärerin, den
Heiligen Andreas, Jakobus, Christophorus, Magdalena, Ursula
mit ihren Genossinnen gewidmeten und geweihten Altar
schmückte Wilhelm Blarer von Wartensee, der Kathedralkirche
zu Basel Domkustos und Propst zu St. Ursiz (St. Ursanne) in
Nachahmung des religiösen Eifers seiner Ahnen durch Auf-
stellung dieser Altartafel, um Gott zu verehren, den Namen
der Heiligen für seine Anliegen anzurufen und die Nachkommen
zur Befolgung des Beispiels der Tugend der väterlichen und
mütterlichen Vorfahren anzuleiten, im Jahre 1615.

Zu beiden Seiten der Predella befinden sich die
Wappen der Familien Blarer (Hahn in Rot auf Silber)
und Lichtenfels (Beil und Flug in Gold auf Schwarz).

Die Adelsfamilien sowohl der Blarer als der
Lichtenfels waren reich an hervorragenden kirch-
lichen Würdenträgern. Namentlich entstammten dem
Blarerschen Familienzweige „von Wartensee" die
Wiederhersteller der berühmten Stifte St. Gallen:
Abt Diethelm 1530—64, und Einsiedeln: Abt Lud-
wig II. 1526—44, nach den Wirren der Reformation
- ersterer ein Großoheim unseres Wilhelm -- und
Wilhelms Oheim, der Fürstbischof Jakob Christoph
von Basel (geb. 1542, gest. 1608), der um die
Hebung des kirchlichen Lebens in seiner Diözese
hohe Verdienste hat. Jakob Christoph hat 1575
den bischöflichen Stuhl von Basel als Nachfolger
des Fürstbischofs Melchior von Lichtenfels bestiegen
und nach Beratung mit Karl Borromäus, Kardinal-
erzbischof von Mailand, eine Diözesansynode ab-
gehalten, an welcher auch Petrus Canisius tätigen
Anteil nahm.

Das Kollegiatstift des hl. Ursicinus (St. Ursiz),
dessen Propst Wilhelm Blarer war, befand sich zu
St. Ursanne im nördlichen Berner Jura. Es war ur-
sprünglich ein Benediktinerkloster, wurde in un-
bekannter Zeit in ein Chorherrenstift verwandelt und
erhielt im 12. Jahrhundert eine neue Kirche in ro-
manischem Stil, welche das hervorragendste Bauwerk
des Berner Jura und auch für die Baugeschichte
der romanischen Teile unseres Münsters zu be-
achten ist.

Die Prüfung der Frage: In welchem Zusammen-
hange steht nun Wilhelm Blarer zu den Familien
von Lichtenfels und von Krozingen; wie kommt er
dazu, gerade in deren Kapelle im Münster den Altar-
aufsatz zu stiften? erfordert einige Angaben über die
Fensterbilder und Grabsteine dieser Kapelle.

Wilhelm Blarer von Wartensee, 1578 geboren,
ist der Sohn des Wolfgang Dietrich alias Wilhelm
Friedrich Blarer von Wartensee (gest. 1612) und
dessen Gattin Barbara von Lichtenfels; er erscheint
1607 als Besitzer des Hauses Nr. 5 der Herrenstraße
hier „zum goldnen Fälklein". Der eben genannte
Fürstbischof Jakob Christoph war der Bruder seines
Vaters; eine Vatersschwester hieß Ursula. Wir
werden die Namenspatrone dieser Angehörigen auf
dem Altare dargestellt finden.

Die Familie der Mutter Wilhelm Blarers, die
von Lichtenfels, hängt zusammen mit der Familie
der von Krozingen. Beide Familien scheinen zur
Herstellung der Kapelle so viel beigetragen zu haben,
dass ihnen als Stiftern gestattet werden konnte, ihre
Wappen in den Schlusssteinen anzubringen. Und
zwar muss das vornehmlich die Lichtenfelssche Fa-
 
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