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Predella des Altars.

Der Altar im Dettinger Chörlein.

Von

Emil Kreuzer, Erzbischöflichem Justitiar.

, *'

er einzige der vielen Altaraufsätze aus
der Epoche der Spätrenaissance im Frei-
burger Münster, der sich bis auf unsere
~ma Zeit herüber gerettet hat, steht im so-
genannten „Dettinger Chörlein'', der Ka-
pelle der Edeln von Lichtenfels und von Krozingen
an der Südseite des Chorumgangs. Er ist auch einer
der wenigen, welche überhaupt noch den ihnen vom
Stifter angewiesenen Platz einnehmen. Es sind dies
die Aufsätze des Hochaltars, der Stürzelkapelle, der
Universitätskapelle, des Dettinger Chörleins, der
Böcklinskapelle, der Lochererkapelle.

Wie an einem Stiefkinde sind die Beschreiber
unseres Münsters bisher an dem Altar des Dettinger
Chörleins vorübergegangen. Baer würdigt zwar die
„flotten Formen", den „geschickten Aufbau" und die
„gute Silhouette" dieses Altars, spricht aber seinem
Hauptbilde der Verkündigung Maria „nur mehr deko-
rativen Wert" zu. Schreiber nennt unser Altarbild
„ein unbedeutendes", Marmon „ein künstlerisch un-
bedeutendes, doch anständiges Gemälde".

Und doch erfreut der Altar den aufmerksamen
Beschauer nicht nur durch die Gestalten und Farben
seiner Bilder, die schönen Gruppen seines Mittel-
stücks und die Zierlichkeit seines Rahmenwerks,
sondern er bietet vor allem eine Fülle tiefsinniger

Anmerkung der Schriftleitung. Nachstehende Ausfüh-
rungen liegen auch dem betreffenden Abschnitt im neuen
Münster-Fährer von Kempf und Schuster (Freiburg i. Br., Her-
dersche Verlagshandlung, 1906) S. 180 ff. zu Grunde.

Freiburger Munsterblätter II, 2.

Gedanken aus der Marianischen Typik, wie sie in
solchem Umfang in keinem zweiten Kunstwerk des
Münsters, ja überhaupt nur sehr selten auf einem
Bilde zum Ausdruck gekommen sind. Wir dürfen
uns freuen, dass dieses keineswegs unbedeutende
Werk jene gefährlichen Zeiten im ersten Drittel des
19. Jahrhunderts glücklich überdauert hat, in denen
so vieles, was die Voreltern zur Erbauung der kom-
menden Geschlechter gestiftet hatten, schonungslos
einem doktrinären Purismus geopfert und aus dem
Münster entfernt worden ist.

Dieser Altar gehört, wie sich aus der Widmungs-
inschrift seines Stifters, des Basler Domkustos Wil-
helm Blarer von Wartensee vom Jahre 1615 ergibt,
dem Anfange des 17. Jahrhunderts an. Wer ihn ge-
schaffen, ließ sich bisher nicht ermitteln.

Das zierliche architektonische Rahmenwerk ist
von dem Geiste der „Deutschen Renaissance" jener
Zeit beherrscht. In seinen blauen und grauen mit
etwas Gold gemischten Tönen dient es vortrefflich
zur Hebung der mehr in gelb und braun gestimmten
Bilder.

Die Gemälde dürften auf italienische Her-
kunft oder italienische Schulung ihres Meisters hin-
weisen.

Ausdrucksvolle Köpfe, reiche Bewegung der
edel geformten Gestalten und Gewänder, zarte Farben,
die dem Ganzen eine wohltuende Gesamtstimmung
verleihen, schöner Aufbau der Gruppen des großen
Mittelbildes, ein bemerkenswerter Zartsinn in der

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