Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BILDNISS MAKART'S.

J^^Mk^n^


Radirung nach der Natur von Wilhelm Hecht.

_^S)

MMER deutlicher tritt die erfreuliche Thatsache zu Tage,
dass die Photographie, bei deren Auftauchen man der
Porträtmalerei den Untergang vorhersagte, das Bedürfniss
und den Geschmack an Werken dieserKunst eher befördert,
als gemindert hat. Freilich, jene handwerksmässig aus-
geführten Conterfeis, welche früher die landläufige Zierde
der Familienstuben bildeten, sind nunmehr glücklicher-
weise überall durch die Photographie verdrängt worden;
das eigentlich künstlerische Porträt aber hat unstreitig an
Verbreitung gewonnen und bildet auf allen Aussüllungen
gegenwärtig einen slarken Bruchtheil der vorhandenen
Gemälde, sowie im Allgemeinen eine starke Säule der
modernen Kunst. Im Hinblick darauf darf es billig Wunder
nehmen, dass selbst die wahrhaft kunstsinnigen Kreise sich
zur Vervielfältigung von Bildnissen fast überall nur der
Photographie bedienen. Jene Mäcene vergangener Jähr-
ig) l^^^^^^^^^^j^T, ;4?-2|=pr | hunderte, die den Porträtstich kräftig gefördert und zu er-
staunlicher Blüthe gebracht haben, sind wohl nimmer mehr
zur Auferstehung zu bringen; allein bei der modernen Vorliebe für die Radirung bedarf es vielleicht nur
einer geschickten Agitation, oder, was noch sicherer, einer guten Laune der allmächtigen Mode, um an
Stelle des von der Maschine masfenhaft producirten geistlosen Abklatsches lieber und vertrauter
Physiognomien, welcher unsere Albums füllt, auf allen Tischen steht und an den Wänden herumhängt,
jene lebendigen, geistreichenBüdnisse zubringen, die von kunstfertigerHand mit derRadirnadel raschund,
im Verhältniss zum Kunstwerthe, ohne erheblichen Kostenaufwand erzeugt werden können. Wie abge-
schmackt und langweilig kommt demBeschauer ein Salon-Album, etwa mit „Cabinet-Photographien", vor,
nachdem er es einmal durchblättert, und wie anregend, immer neuen Genuss bietend, ist nicht eine
Mappe mit den Cabinetstücken der van Dijck'schen Ikonographie! Nun werden wohl die van Dijck
nicht in jedem Jahre geboren, aber Künstler, die eine tüchtige Portätradirung zu Wege bringen, besitzen
wir auch heutzutage, wie unser, von Wilhelm Hecht porträtähnlich und höchst wirksam nach der Natur
radirtes Bildniss Makart's klar beweist. Mit solch' einem lebensvollen Abbild von berufener Künstler-
hand kann sich denn doch kein aus der Maschine des Photographen hervorgegangenes vergleichen.
Mit dem Porträt des vielgefeierten künstlerischen Führers des nun der österreichischen Kunst-
geschichte angehörenden Wiener Festzuges von 1879 verbinden wir eine graphische Reminiscenz an dieses
Ereigniss. Sie besteht in dem allerliebsten, ganz modern empfundenen Initialbuchstaben, mit dem Julius
Viclor Berger die Adresse der Wiener Künstler an das österreichische Kaiserpaar geschmückt hat, und
welchen wir, Dank der Freundlichkeit des Künstlers, nach heliographischer Uebertragung auf die
Kupferplatte, zur Decoration dieses Ausfatzes verwenden konnten. O. B.
 
Annotationen