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EDUARD WILLMANN.

Ein Nekrolog.

i

mal

K.

lViit tiefem Bedauern schreiten wir dazu, einem unserer
trefflichsten künstlerischen Mitarbeiter gegenüber eine alte
Schuld abzutragen, denn aus der Biographie Eduard Will-
mann's, die schon gelegentlich unserer Publication seines
schönen Stiches „Das alte Athen" nach Josef Hofsmann
in unseren „Mittheilungen" hätte erscheinen sollen, damals
aber bis zur Ausgabe des gegenwärtigpublicirten Blattes ver-
schoben wurde, ist mittlerweile leider ein Nekrolog1 geworden.
Mannigfach begabt trat Eduard Willmann — geboren
in Karlsruhe am 22. November 1820 als Sohn des Kriegsschul-
Bibliothekars Alexander Willmann — ins Leben; lange
schwankte er, ob er sich derMusik oder der bildenden Kunst
zuwenden solle, und war durch mehrere Jahre auf beiden Ge-
bieten thätig, bis ersich endlich für die edle Kunst des Kupfer-
stiches cntschied, der er bis zu seinem Tode treu geblieben.
Schon in seiner Vaterstadt begann Willmann unter Leitung
des dortigen Galeriedirectors Frommel seine Studien und
machte sich sofort durch ein aussergewöhnliches Zeichnen-
talent bemerkbar; noch nicht zwanzig Jahre alt ging er
nach Darmstadt, wo er unter Feifing s Leitung eifrig
arbeitete, und hierauf nach London. Dort erschloss sich
ihm das Haus des grossen Gelehrten Bunfen, und der Ver-
kehr mit den vielen geistig hervorragendenPersönlichkeiten,
zu denen er daselbst in Beziehung trat, förderte nicht
wenig seine allgemeine Bildung und bildete an ihm auch
jene urbanen, liebenswürdigen Umgangsformen heraus,
die dem Künstler nachmals ungewöhnliche gesellschaftliche Erfolge verschasften.
Ganz richtig erkannte Willmann, dass zu jener Zeit Paris der geeignetste Boden zur vollen Entwicklung seiner
speciellen künstlerischen Begabung war, und er übersiedelte 1845 in die Kunststadt an der Seine, die ihm zur zweiten
Heimat werden sollte. In Paris trat er sofort in das Conservatoire, wo er in den Abtheilungen für Gesang und
Declamation mit solchem Erfolg studirte, dass er, der Bassist, schon 1846 im Wettkampfe mit dem nachmals berühmt
gewordenen Tenoristen Roger den Preis für Gesang davontrug. Seine zahlreichen musikalischen Freunde, darunter
Aubcr, Halevy, Adam und Meyerbeer, drangen darauf, dass er an der Grossen Oper seine schöne, trefflich geschulte
Stimme verwerthe; allein der junge Mann leistete Widerstand und liess sich nur in Concerten hören, wo er neben der
Grisi, dann neben Roger und Tamburini sich ehrenvoll behauptete. Unter dem zweiten Kaiserreich, im Jahre 1853,
wurde er sogar zum Mitgliede der „Chapelle imperiale" ernannt und wirkte als Sänger bei den Munkausführungen
in den Tuilerien mit, legte jedoch schon nach wenigen Jahren diese vielumworbene Stelle nieder, um sich ganz der
Kupferstichkunst zu widmen.
1 Wir haben liiebei benützt: den Artikel über Willmann in der „Biographie nationale des Contemporains" redigirt von Erneil Glaefer
(Paris, Glaefer &> Co., 1878), dann den warmen Nachrus Felßng's in Lülzow's, „Kunst-Chronik" (J. XIII, Nr. 45, Sp. 723) und briefliche
Mittheilungen der Frau Alexandrine Zenner, geb. Willmann, einer Schwester des Verewigten, der wir auch sür die photographische Vorlage
zu dem vorstehenden, von V. Jasper gestochenen Bildnisse des Künstlers zu Dank verpssichtet sind.
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Eduard Willmann.
 
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