Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RADIRUNGEN NACH FRANS HALS
von Pros. William Unger, mit Text von Dr. C. Vosmaer.
Leiden, A. W. Sijihoff.


Frans Hals' Selbssporträt.

Cy»i?w'.?Publication der Wiener Belvedere-Galerie
hat uns bereits Anlass geboten, darauf hinzu-
weisen, wie sehr das Talent dieses höchst begabten
Aquafortisten sich den Meistern aller Schulen
und Kunstepochen anzuschmiegen und von ihren
Werken adäquate Reproduktionen zu liefern ver-
mag1. Selbstverständlich ist dadurch nicht aus-
geschlossen, dass er für gewisseMeister oder gewisse
Schulen eine besondere Vorliebe empfindet und
dass ihm die Wiedergabe ihrer Bilder vorzugs-
weise gelingt, da ja auch der_ reproducirende
Künstler von seiner ursprünglichen Anlage in
eine bestimmte Sphäre der Kunst gebannt wird,
innerhalb welcher er sich am sichersten, am
freiesten und daher am liebsten bewegt. Unger's
eigenste Domäne nun bilden unzweifelhaft die
alten holländischen Meister, vornehmlich aber zwei
derselben, welche in Bezug auf die rein malerischen
Qualitäten wohl den höchsten Rang in der ganzen
Schule behaupten: Reinbrandt und Frans Hals.
Die kühne, alle Schwierigkeiten herausfordernde
und sie spielend beherrschende Virtuosität der
Mache, welche wir an den Bildern dieser Meister
bewundern, übt ofsenbar auf Unger's farbenfrohe
Nadel die grösste Anziehungskraft aus; je schwie-

riger es an sich erscheint, die Wirkung einer dieser coloristischen Zauberstücke in Schwarz undWeiss wiederzuspiegeln,
desto muthiger macht sich Unger an die Aufgabe und hat in der Regel den Erfolg sür sich.
Der malerische Zug der Nadel Unger's tritt besonders deutlich in der Serie von zwanzig Blättern hervor, die
er vor einigen Jahren nach Bildern von Frans Hals veröffentlicht hat. Man kann wohl behaupten, dass der
Harlemer Meister, dessen Ansehen gegenwärtig ebenso gross ist wie bis noch vor wenigen Decennien die Ver-
gessenheit war, welche über seinem Namen sich gelagert hatte, von keinem reproducirenden Künstler so glücklich
wiedergegeben worden ist wie von Unger. In die Malweise von Frans Hals, in seine unnachahmliche Art, ein
Bild mit kreuz- und quersahrenden Zügen seines trefssicheren Pinsels wie im Sturme zusammenzufegen, ohne dass
diese mühelose Produ<5tion jemals der Wahrheit, der Kraft und der sie charakterisirenden coloristischen Wirkung
entrathen würde, ist Unger eingedrungen wie kaum ein zweiter Aquafortist; hiebei kommt ihm wesentlich zu
statten, dass auch seine Produstion ihm erstaunlich leicht und rasch von der Hand geht, dass auch seiner Virtuosität
die Fixirung des Charakteristischen unter Vernachlässigung von Details, mit welchen andere reproducirende

1 Vergl. „Die Graphischen Künste", Band I, 1879, s- 58-
 
Annotationen