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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 41.1918

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Heft 1
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Meder, Joseph: Carl Müller
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https://doi.org/10.11588/diglit.3680#0101
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CARL MÜLLER.1

Das Lyrisch-Epische will
heute in der Kunst selten wer-
den, alles drängt dem Dramati-
schen zu. Die Märchendichtung
ist fast verstummt und selbst in
der Erzählung und im Roman
beherrscht ein ins Dramatische
gesteigertes Geschehen und
Darstellen den Inhalt. Auch in
der bildenden Kunst hat die
Poesie mittelalterlicher Stoffe,
des Phantastischen und Wun-
derbaren, des Naiv-Volkstüm-
lichen — von allen Großen
deutscher Kunst seit Dürers
Zeiten gepflegt — nicht nur dra-
matischen, sondern auch stili-
stisch-koloristischen oder kunst-
technischen Aufgaben weichen
müssen. Die Wendung vollzog
sich seit langem, wenn auch
zögernd. Wenn Schwind, Böck-
lin und Hans Thoma bis in ihr
bestes Schaffen hinein noch
nach Anerkennung ringen muß-
ten, so darf dies zum großen
Teil damit erklärt werden, daß
sie von ihrer Zeit nicht mehr
voll verstanden wurden. Ludwig Richter kannte diese Erfahrung nicht, weil er sich nur auf engem
Gebiete aussprach. Wenn wir unsere heutigen Zyklusgraphiker wie Max Klinger zum Vergleiche
heranziehen, so gilt das oben Ausgesprochene. »Der Handschuh«, »Eine Liebe«, »Dramen«, »Eva
und die Zukunft«, »Ein Leben«, »Vom Tode« sind dramatischer Art, Kinder ihrer Zeit.

rl Müller, Alter Hof in der Leopoldstadt (Wienj.

Aquarell

1 Carl Müller, geb. 5. Oktober 1862 in Wien (Währing), arbeitete mit 15 Jahren bereits für den Industriemaler Fritz Gareis, seit 1879 an
der Wiener Akademie; nach Absolvierung der allgemeinen Malerschule trat er bei Professor Josef Matthias Trenkwald in die Spezialschule, wo er
drei Jahre verblieb und die er mit der Spezialschule für Landschaftsmalerei des Professors Eduard von Lichtenfels vertauschte.

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