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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 8
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Elias, Julius: Strassburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0408
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CARLO CR1VELLI, ANBETUNG PES CHRISTOSKINDES

STRASSBURG

VON

JULIUS ELIAS

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in paar Reisetage Strassburg. Halb
zog es mich, halb sank ich hin.
Und ich bereue nicht, denn ich
habe auf meine Art eine künst-
lerische Entdeckung gemacht, die
ich einem angefeindeten Manne
verdanke. . .
Ich spaziere an diesem schönen Sonntagmorgen
über den Münsterplatz. Im Dom geht der Gottes-
dienst zu Ende. Das Volk strömt durch die grosse
Pforte, die der Krämergasse gegenüberliegt. Unter
den Augen dieses gewaltigen Zeugen germanischer
Art und Kunst fallen in schlimmem Tonfall Brocken
französischer Alltagsprache. Hübsch sind die Strass-
burgerinnen. Ein blondes Gretchen schreitet über
die Stufen, und ein viertel Dutzend Fauste folgt ihr

— in Gestalt von Oberprimanern. Hier sammelt ein
Pfaffe seine Kurrenden um sich; dort ist ein Trupp
Soldaten, die mit Mägden schäkern; und weiter
eine Schar Bengels, die mit einer zahmen Dom-
krähespielen. Und dazwischen der Industrialismus:
Postkartenhändler, Fremdenführer, Interpreten. Bei
Auguste Michel (sprich: Mieschell; ist doch gewiss
ein guter deutscher Michel) liegen im appetitlichen
Schaufenster die neuen Gänselebersachen aus; die
Saison beginnt; eine getrüffelte Galantine gefällt
mir am besten . . .

So steuert man gemächlich auf das „alte Schloss"
zu, einem prächtigen und doch schlichten Bau der
französischen Spätrenaissance, wie man ihn im Innern
von Alt-Paris (Hotel de Sully usw.) noch häufig
sieht; eine breitgeschwungene Steintreppe mit

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