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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 8
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Friedländer, Max J.: Bilderverkäufe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0407

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getragen wurde, das jede Erwartung und normale
Taxation weit überstieg, willigte er in den Verkauf.

Jetzt steht in den Zeitungen, der Marquis von
Lansdowne habe seinen Rembrandt „Die Mühle"
verkauft. Die Nachricht hat eine gewisse innere
Wahrscheinlichkeit. Der Marquis gehört zu den
reichen britischen Aristokraten. Es bedurfte einer
ausserordentlichen Versuchung, um den Verkauf zu
bewerkstelligen. Man spricht von iooooo £
(2 Millionen Mark). Als Lansdowne als Vizekönig
vor Jahren nach Indien ging, hat er zwei Rembrandt-
Bilder verkauft, seitdem aber seinen Kunstbesitz
nicht vermindert. Kein Händler dürfte kühn genug
gewesen sein, einen solchen Betrag für „die Mühle"
zu bieten, ohne sich vorher mit einem amerikani-
schen Sammler verständigt zu haben. Dennoch
scheint der Marquis, ähnlich wie der Duke of Nor-
folk, als er seinen „Holbein" verkaufte, der eng-
lischen Nation eine Chance zu bieten. Man sagr,
die National Gallery habe ein Vorkaufsrecht und
könnte den „Rembrandt" für 9 5 000 £ übernehmen.
Die „Mühle" ist zurzeit am Trafalgar Square aus-
gestellt und „enttäuscht" natürlich.

Nachdem in zweiähnlichen Fällen die „Rokeby
Venus" von Velazquez für etwa 30000 und
Holbeins „Herzogin von Mailand" für ungefähr
70000 £ wesentlich durch Nationalsubskription
mit Mühe der National Gallery zugeführt worden
sind, dürfte es jetzt schwerlich gelingen, die 9 5 000 zu
beschaffen, zumal die englische Regierung in solchen
Dingen nicht gerade energisch einzugreifen pflegt.

Ein Preis von dieser Höhe für ein einzelnes Gemäl-
de ist bisher höchstens einmal gezahlt worden. Wenig-
stens wurde etwa dieselbe Ziffer genannt, als der „Ve-
lazquez" aus der Holford Gallery nach Amerika ging.

Rembrandts „Mühle" ist ein mittelgrosses Bild,
wenig mehr als 1 m breit und etwa 80 cm hoch. Sie
geniesst mit Recht den Ruhm, des Meisters schönstes
Landschaftsbild zu sein. Das Motiv ist einfach. Eine
dunkle Masse (die Mühle und der Hügel, auf dem
die Mühle steht) hebt sich drohend, mit unvergess-
lichem Profil vom leuchtenden Abendhimmel ab. Ein
Bild nach dem Herzen Millets und Daumiers, die ähn-
liche Wirkungen, eher willkürlich und mehr künst-
lich, oft herbeigeführt haben. Rembrandts Gemälde
ist undatiert und wird etwa 1650, also in die reifste
Zeit des Meisters, gesetzt. Da weder die National
Gallery noch eine andere der grossen öffentlichen
Sammlungen ein bedeutendes Landschaftsbild Rem-
brandts besitzen, erscheint der Verlust, der dem euro-
päischen Kunstbesitze droht, sehr erheblich. Rem-

brandt hat selten, nur gelegentlich, Landschaften ge-
malt. Von einem geistreichen Kunstfreunde habe ich
einmal die treffende und tiefe Bemerkung gehört: alle
ganz grossen Landschaftsbilder rühren von Malern
her, die nicht Landschafter von Beruf waren--------

Der „Tizian", dessen Verkauf für 30000 £
gemeldet wird, ist verhältnismässig unbekannt.
Das Bild erschien im vorigen Jahr auf einer Aus-
stellung der Grafton Gallery in London. Die Halb-
figur eines jungen Mannes mit roter Kappe gehört
zu jener Gruppe von Bildnissen, die der Frühzeit
des grossen Venezianers zugeschrieben werden.
Giorgiones Vorbild ist deutlich, und auch an Se-
bastiano del Piombo wird man erinnert. Das Porträt
ist etwa 80 cm hoch, 70 breit, vortrefflich erhalten
und von wohlgefälliger und harmonischer Wirkung.

Der Verkäufer ist Sir Hugh Lane, ein Kunst-
kenner, der sich erstaunlich glücklich betätigt und
vom bescheidenen Händler zum Museumsleiter in
Dublin und zum Sir rasch emporgeschwungen hat.
Ihm verdankt Johannisburg in Südafrika eine re-
präsentative Galerie der neueren Malerei (leider
mit Ausschluss der deutschen Kunst).

Endlich wird die Kunde verbreitet, ein weit
berühmteres Porträt von Tizian sei verkauft oder
solle verkauft werden, nämlich das Frauenbildnis aus
der Sammlung der Comm. Benigno Crespi in Mai-
land. Lieber die Autorschaft ist vor diesem Gemälde
trotz der Tizian-Signatur viel gestritten worden.
Die Crespi-Sammlung ist die einzige bedeutende
Galerie, die auf italienischem Boden in neuerer Zeit
geschaffen worden ist. Wenn wirklich eines der
Hauptstücke aus dieser Sammlung Italien verlässt,
wird's an wortreicher Entrüstung gewiss nicht fehlen.

Nachdem meine Notiz über Bilderverkäufe geschrieben
war, ist's von der Angelegenheit nicht still geworden, und
namentlich das Schicksal der „Mühle" hat die Blätter noch
des öfteren beschäftigt. Die letzten Nachrichten lauten: der
Versuch, 95000 £ für das Bild in England durch National-
subskription aufzubringen, sei gescheitert (sehr glaublich), der
amerikanische Käufer sei Widener (dies der Name eines der
sechs oder sieben Herren, denen die Erwerbung eines iooooo£-
Bildes zuzutrauen ist). P. A. B. Widener ist ein sehr reicher älterer
Herr, der auf seiner Besitzung in der Nähe von Philadelphia
eine herrliche Gemäldegalerie eingerichtet hat. Er sammelt
schon ziemlich lange und besass bis vor wenigen Jahren einen
recht gemischten Bestand, Falsches und Zweifelhaftes neben
Echtem. In der letzten Zeit hat er resolut und in grossem
Stil seine Sammlung gereinigt und auf die höchste Stufe ge-
hoben. Van Dyck ist bei ihm besser als irgendwo vertreten.
Er hat das schönste der Cataneo-Porträts, die Dame mit dem
Sonnenschirm, an sich gebracht und besitzt von Hobbema,
Gerard David, Manet und Creco imposante und berühmte
Stücke. Was Rembrandt betrifft, stand sein Besitz ein wenig
zurück, obwohl er 1909 schon drei echte und gute Gemälde
auf der Hudson-Fulton exhibition in New York zeigen konnte.
Mit der Erwerbung der „Mühle" würde Widener in dem
Wettlaufe mit Henry C. Frick und B. Altmann einen gewaltigen
Vorstoss gemacht haben. M. J. F.

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