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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 5
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0267

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WKMl UKTIONSNACHRICHTEN

FRANKFURT A. M.

Im Sommer d. J. ist der letzte
Nachkomme der alten Kunst-
händlerfamilie Prestel, Ferdinand
GüntherPrestel, von hinnen gegangen, und seine Samm-
lungkam am 22.November und den folgendenTagen, be-
zeichnender Weise unter der Leitung von Helbing-Mün-
chen, hier zur Auktion. Es war eine Sammlung von vor-
wiegend örtlichem Interesse und der zahlreiche Besuch,
wie auch die erzielten hohen Preise zeugen von be-
sonderem Lokalpatriotismus. Neben Arbeiten der
Keramik, Gläsern und Krügen kam noch sonstiger Ur-
väterhausrac zum Verkauf, endlich Gemälde und
Zeichnungen, die mit geringen Ausnahmenungenügende
Zeugnisse von Frankfurter Kunst und Künstlern dar-
stellten. Anschliessend an dieseVersteigerung kamen aus
den Beständen der Sammlung eines hiesigen Kunst-
freundes 144 Gemälde und Aquarelle unter den
Hammer, die bei guten Preisen ihre Abnehmer fanden.
Die vom Kunstverein angekündigte Versteigerung
der Zeichnungensammlung von Jakob Klein fand nicht
statt, weil diese durchaus gewählte, wenn auch kleine
Sammlung vorher als Ganzes von dem Münchener
Kunstantiquariat J. Halle erworben wurde; sie bestand
mit wenigen Ausnahmen aus Arbeiten älterer, besonders
holländischer Meister. Die am 8. Dezember veran-
staltete Auktion der Sammlungen Carl Rumpf, Friedrich
Schierholz u. a. zeigte schwachen Besuch, was massige
Preise zur Folge hatte. Gut bezahlt wurden die Ar-
beiten von Wilhelm Busch: No. 23 eine Reihe von
19 Blatt 390 M., No. 24 der Rausch 17 Blatt 420 M.,
No. 25 der Floh 18 Blatt 470 M., des weiteren eine ge-
tönte Bleistiftzeichnung von Ludwig Richter (No. 97)
590 M., eine Federzeichnung vonJos. Ant. Koch(No. 76)
200 M., eine Landschaft von H. Thoma, Blick auf
Säckingen,Federzeichnung 760 M. Die städtische Galerie
erwarb eine Anzahl von Arbeiten Frankfurter Künstler,
das Städelsche Kunstinstitut u. a. eine Zeichnung von
Hans Bol (No. 17) 90 M. und ein Aquarell von A. Lucas
datiert 18^0: Ansicht von Olevano (No. 80) 46 M.

A. R. S.
*

Bei Rudolf Bangel gibt es am 14. und 15/. Januar
eine Auktion von Antiquitäten, die in einem vierzig-
jährigen Aufenthalt in Mexiko von Herrn Konsul D.
zusammengebracht sind.

PARIS
Kurz vor der Jahreswende wurde im Louvre die
Bildersammlung eröffnet, die der Multimillionär Chau-

chard, der Gründer des Louvre-Magazins, der Staats-
galerie vermacht hat. Die Leser werden vielleicht er-
warten, dass „Kunst und Künstler" sich mit einerStiftung
von etwa 170 Kunstwerken aus der Schule von 1830,
die der Besitzer selbst auf 17700000 Francs schätzte und
ebenso hoch versicherte, ausführlich beschäftigt. Aber
man müsste die Spalten mit Anekdoten aus dem Leben
dieses Krösus füllen oder, wenn man von Kunst sprechen
wollte, Gemeinplätze wiederholen; denn die Bilder selbst
eröffnen keinerlei neue Einblicke in das Schaffen irgend-
eines Künstlers. Chauchards wahre Liebe entflammte
vor den miniaturhaften Zierlichkeiten Meissonniers, von
denen er 26 anhäufte und sie allein mit 3I/4 Millionen
versicherte. Gefallen fand er wohl auch an Henners
weichlichem Akt und an den zahlreichen, kleinen Diaz
aus des Meisters massigster Periode. Die Daubigny,
Delacroix, Corot, Rousseau, Millet, Troyon aber, zu
denen ihm Freunde rieten, kaufte er sicher nur, damit
ein wichtiger Paragraph seines Testamentes Erfüllung
finden konnte, der fordert, dass inmittender 170 hinter-
lassenen Kunstwerke sein Marmorbildnis mit dem Gross-
kreuz der Ehrenlegion aufgestellt wird. Verdient man
aber Mäcen genannt zu werden, wenn man für lächer-
liche Summen Bilder von verstorbenen Künstlern oder
von Greisen aufkauft, deren Name in aller Munde ist?
Nicht ein Künstler hat von den Millionen Nutzen ge-
habt, die Chauchard für Bilder aufwandte. Wohl aber
Händler. Sie mögen sich oft ins Fäustchen gelacht
haben, wenn sie dem eitlen, ruhmsüchtigen Toren wieder
einmal Hunderttausende abgenommen hatten. 800000
Francs für das Angelus von Millet! Wohl der ulkigste
Trick des Kunsthandels. Ein Hundertstel dieser Summe
mag heute der Marktpreis dieses von Stümperhand über-
tünchten und verdorbenen Bildchens sein. Die edle
Haltung der beiden Figuren allein übt heute noch Wir-
kung; Farben sind kaum noch vorhanden. Ausser dieser
Ruine ist Millet in der Sammlung mit einer etwas ko-
ketten Spinnerin aus der Auvergne, vor allem aber mit
drei meisterhaften Bildern „Der Getreideschwinger",
„Die Bäuerin" und „Die Stickerin" vertreren, die die
Grösse dieses Künstlers eindringlich deutlich machen.
Mehrere Corotssind schwach. Von Daubigny, Rousseau,
Dupre, Jacques gilt das Gleiche. Es wird uns keine neue
Seite dieser Meister nahe gebracht. Ein winziger Diaz
fällt durch die Verve der Linien und durch goldene
Tonschönheit auf. DieSammlung als Stiftung verstimmt
durch ihren absoluten Mangel an Charakter. Wenn man
Chauchards Galerie wieder verlassen hat, wandern die
Gedanken in verdoppelter Verehrung, in unverwehbarer
Dankbarkeit den wahrhaft grossen Stiftern des Louvre,
den kultivierten und geschmacksreichen Sammlern
Thomy-Thiery und Moreau-Nelaton zu.

3 ; O. G.

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