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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 6
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0318

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■ UNSTAUSSTEL LUNGEN

BERLIN
Unter den Februarausstellungen
ist die bei Paul Cassirer wert her-
vorgehoben zu werden, weil sie —
nachdem kurz vorher die „Neue
Künstlervereinigung München" mit radikalistischen Ver-
irrungen aufs äusserste gelangweilt und abgestossen
hatte — wertvolle neue Arbeiten von Waldemar Rösler
brachte. Seit langem hat der Besucher moderner Kunst-
salons einen so beleben-
den Eindruck nicht
mehr gehabt wie vor
Röslers neuen Arbei-
ten, die dieses bei
aller vorwärtsdrängen-
den Kraft so besonnene
Talent in einer neuen

Entwickelungsphase
zeigen. Rösler holt, wie
es scheint, alle seine
Motive aus Lichter-
felde, aus der näch-
sten Umgebung seines
Wohnorts. Und doch
zeigt er eine neue
Kunstwelt, eine Welt
voll farbiger Mystik
und übergegenständ-
licher Schönheit. Erbe-
kräftigt es so, dass das
eigentlich Malens werte
überall ist, dass die
Wunder der kosmi-
schen Schönheiten in
jedem Winkel der Na-
tur zu finden sind und
dass die jungen Maler
auch in Berlin finden
könnten, was unsterb-
lich macht. Die neuen
Landschaften Röslers
sind kräftiger und farbiger als die so vortrefflich ver-
einfachten der älteren Periode, von denen einige zum
bequemen Vergleich daneben hängen. Aber es ist
der Reichtum ihres Kolorits unmittelbar nun ebenso
dem Natureindruck abgewonnen, wie es in den Fabrik-
bildern die bescheidene Skala der grünen und grauen
Töne ist. Wie die Farben und Valeurs aus blauem
Frühdunst wie mit siegreichem Glanz sich lösen,
wie die Frische des Morgens, die klare Herbheit der
Luft, das farbige Blühen kühler herbstlicher Sonnig-
keit, die kristallenen Klarheiten der ewig wieder-
geborenen Lebensfrische rein malerisch ausgedrückt

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GRECO, ENGEL, FRAGMENT
AUSGESTELLT IN DER ALTSPANISCHEN AUSSTELLUNG, GALERIE HEINEMANN, MÜNCHEN

sind: das deutet auf eine Kraft, Gesundheit und
Jugendfiille, wie wir sie lange nicht mehr bei einem
Werdenden erlebt haben. Rösler ist am allermeisten
vielleicht einer jener Liebermannschüler, wie Erich
Hancke sie in seinem Aufsatz dieses Heftes herbei-
wünscht. Hier liegt eine Zukunft unserer Malerei; denn
hier ist nichts Verlogenes, trotzdem man in jedem Pinsel-
strich, in all den gewaltsamen Pastositäten das Ringen
und die Angestrengtheit noch spürt. Wie ein Programm

dieser Kunst wirkt die
kräftige Phrasenlosig-
keit des „Selbstpor-
träts"am Atelierfenster,
und es tritt der Land-
schafter mit der gan-
zen Unbefangenheit
Dessen, der ohne Deu-
teln von seinen Ein-
drücken spricht, weil
er tief empfindet, der
naiv und bewusst zu-
gleich sein kann, weil
er von Natur sich sel-
ber gehört, mit Bildern
wie „der Bahndamm",

„Herbstlandschaft"
oder „sonnige Land-
schaft" vor uns hin.
Was hier gethan ist, hat
Mancher schon ver-
sucht. Beckmann zum
Beispiel hat sich redlich
darum bemüht; und
Brockhusenist dem Ziel
am nächsten gekom-
men. Aber Rösler hat
seine Genossen im
ersten Anlauf überholt,
weil er ein selbstver-
ständlicherer Mensch
ist. Eine Jugend, die
jeder Gesunde lieben muss. Und eine Begabung, der es
natürlich ist, Naturgefühl so in Kunstformen zu ver-
wandeln, dass das Gefühl weitergegeben und neu er-
weckt wird. K. S.

PARIS

Der „Salon" giebt erfreulichen Anlaß, ein deutsches
Talent zu signalisieren: den Bildhauer Wilhelm Lehm-
brück aus Duisburg, der die triste Düsseldorfer Schule
hinter sich ließ, um in Paris den Spuren Maillols zu folgen.
Seine lebensgrosse Plastik eines halbnackten Mädchens
zeigt einen starken Instinkt für den gesunden, vollpul-

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