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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 3
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Scheffler, Karl: Henry van de Velde und der neue Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0129

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HENRY VAN DE VELDE

UND DER NEUE STIL

VON

KARL SCHEFFLER

Punkten übernationaler Gesinnung so ohne
Erstaunen hingenommen werden. Auch im
achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert ist
es ja oft genug vorgekommen, dass aus der
Fremde Künstler zu uns gekommen sind und
auf die Entwickelung unserer Malerei, Skulp-
tur, Architektur oder unseres Kunstgewerbes
bedeutenden Einfluss gewonnen haben. Da-
mals aber hat Frankreich uns vor allem nur
seine überschüssigen Kunstarbeiter zugeschickt
und hat unsere Akademien mit Künstlern ver-
sorgt, die daheim von der Zunft in jeder
Weise anerkannt waren. Der Fall van de Velde
ist insofern etwas Einziges, als der Belgier wie
ein halb Exilierter zu uns gekommen ist, fast
wie ein Refugie der Kunst. Deutschland ist
ihm zur zweiten Heimat geworden, indem es
ihm Arbeitsmöglichkeiten gab, die das eigene
Land ihm verweigerte oder doch unnatürlich
erschwerte. Es giebt kein Beispiel vorher, dass
ein revolutionäres Wollen, das sich in den
Niederlanden nicht bethätigen konnte und
das sogar in der belgischer Kunst sonst
doch so nahen Kulturhauptstadt Paris ent-
täuscht worden ist, in dem einst vom gal-
lischen Westen sehr abhängigen Deutschland
den rechten Boden gefunden hat. Einiges
Licht auf diese Thatsache wirft die Einsicht,
dass die Bewegung, in der van de Velde
führend steht, im wesentlichen eine die ger-
manischen Völker umfassende Kunstbewegung
ist und dass in dem diesem Belgier einge-

Es kommt Einem kaum noch zu Bewusstsein borenen Rassendualismus das germanische Ele-
wie merkwürdig van de Veldes Situation in ment überwiegt. Sehr anschaulich ist die eigen-
unserer Mitte ist. Diese Stellung, die ein Belgier artige Situation van de Veldes bei Gelegen-
in unserem Kunstleben einnimmt, kann nur in heit der Brüsseler Weltausstellung zum Aus-
einer Zeit weltwirtschaftlicher und in vielen druck gekommen. Dieser Künstler, ohne Frage

ED. MUNCH, BILDNIS VAN DE VELDES. ZEICHNUNG

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