CHRONIK
Der Bildhauer Joseph Uphues, der im Januar in Berlin
gestorben ist, gehörte zurGruppe der von R Begas
herangebildeten Bildhauer, denen die Gunst des Kaisers
viele Aufträge zuführte. Unter den Siegesalleebild-
hauern war Uphues einer der Besten; er hatte gewisse
solide Handwerkseigenschaften und es fehlte seinen
Arbeiten das Verletzende vieler seiner dilettierenden
Mitbewerber. Auf der andern Seite fehlte dem Künst-
ler freilich auch jeder originelle Zug. Was er machte
(Friedlich der Grosse, Moltke, Kaiser Friedrich — in
Charlottenburg —) blieb immer „Denkmal" im land-
läufigen Sinne. Ein „Monumentajo", wie Böcklin zu
sagen pflegte. Aber einer, dessen Art man immerhin
scharf von der Art vieler seiner Konkurrenten unter-
scheiden muss.
HS-
Henry van de Velde hat den Auftrag erhalten, in
Paris ein grosses Theatergebäude mit zwei Bühnen und
zwei Zuschauerräumen zu errichten. Eine Aufgabe, die
den Künstler sicher von einer neuen Seite zeigen wird.
— Ebenso freudig ist es zu begrüssen — nach den
Proben der A. E. G.-Gebäude —, dass Peter Behrens
bei Düsseldorf die umfangreichen Verwaltungsgebäude
der Firma Mannesmann errichten soll.
*
Wir beginnen mit der nebenstehenden Originallitho-
graphie von R. Grossmann eine Serie, in der dieser
interessante Zeichner den Lesern von „Kunst und
Künstler" Berlin zeigen wird, wie er es sieht. Berlin
im Schnee und im ersten Grün, die innere Stadt
und die Vororte, das arbeitende und das sich ver-
gnügende Berlin, auf der Strasse und im öffentlichen
Lokal. Und immer gesehen durch ein modernes Tem-
perament. Unser erstes Blatt stellt eine Landstrasse bei
Zehlendorf dar.
In der Nationalgalerie sollen wichtige Bauverände-
rungen vorgenommen werden. Wir kommen auf die
Pläne Ludwig Justis, die einen sehr erfreulichen Willen
zur Fortführung der unter Hugo von Tschudi begonne-
nen grossen Reorganisationsarbeit bekunden und deren
so schnelle Verwirklichung als ein ausserordentlicher
Erfolg bezeichnet werden muss, im nächsten Heft aus-
führlicher zurück.
In offiziellen Münchner Kreisen herrscht starke Ver-
stimmung über das preussische Kultusministerium, das
das Ersuchen um die Entlehnung einer Reihe von
Wiener Bildern zur Kaiser Franz-Joseph-Jubiläumsaus-
stellung abschlägig beschieden hat und ausserdem diesen
Bescheid erst am Tage vor AusstellungseröfFnung er-
gehen Hess. Die erste Auflage des Ausstellungskata-
loges, die bereits gedruckt war, macht in einem einge-
legten Zettel von dieser Berliner Zurückweisung Mit-
teilung. Die unerfreuliche Folge wird sein, dass auch
der bayerische Staat, der bisher in loyaler Weise allen
Bitten entgegenkam, Bilder aus bayerischem Staatsbesitz
nicht mehr zu Ausstellungszwecken nach Berlin aus-
leihen wird.
Des am 29. Dezember 1910 verstorbenen Biblio-
thekars der kgl. Museen zu Berlin, Professors Dr. Fer-
dinand Laban, ist an dieser Stelle zu gedenken. Der
Dahingeschiedene ist nicht in der genauen Erfüllung
seiner Berufspflicht und in mühevoller Arbeit für die
Kunstforscher, für die Redaktion des Jahrbuchs der
preussischen Kunstsammlungen, für die Bibliographie im
Repertorium für Kunstwissenschaft und ähnliche Lei-
stungen aufgegangen: er hat auch eine lange Reihe von
Betrachtungen und Abhandlungen veröffentlicht, die aus
Lust und Anteil geboren sind. Über den Miniaturmaler
Füger, über van Dyck, über Böcklin und Manet und
andere Dinge, am liebsten über Persönlichkeiten hat
Laban geschrieben, positiv, aufdeckend, ohne mystischen
Flug und ohne geistreiche Sprünge.
1856 zu Pressburg geboren, studierte Laban in Wien,
Strassburg und Klausenburg. Er begann mit philoso-
phischen und literaturgeschichtlichen Arbeiten und hatte
harte Hilfsdienste in Bibliotheken und Archiven zu lei-
sten, bis er 1895 in das Amt des Bibliothekars bei den
Berliner Museen gelangte.
Zur Kunst stand Laban, obwohl er Museumsbeamter
war, in dem schönen Verhältnis des verehrenden Lieb-
habers, indes die Gewissenhaftigkeit seiner Natur und
die Schule gelehrter Arbeit, die er durchlaufen hatte,
ihn vor den Fehlern des Dilettantismus bewahrte.
Die Hoffnung besteht, dass seine beim Erscheinen
kaum nach Gebühr beachteten Aufsätze gesammelt er-
scheinen werden. Und gewiss wird solcher Band ge-
eignet sein, das Andenken des Verstorbenen dauernd
lebendig zu erhalten.
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