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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 9.1911

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Heft 2
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Hancke, Erich: Max Slevogt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4706#0079

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MAX S LE VO GT

VON

ERICH HANCKE

in bescheiden aussehendes Bild, das
neben seinen helleren modernen
Nachbarn wie ein Aschenbrödel
zurücktritt;, den empfänglichen
Blick aber in einen eigentüm-
lichen Bann zwingt hängt in dem
Kunstsalon von Casper in Berlin.
Es ist ein Porträt von Slevogt noch
aus seiner Münchner Zeit und
stellt die „Blonde Theres" dar, eine
Kellnerin aus dem Prinzregenten-
cafe, in die eine ganze Generation
von Künstlern und Studenten verliebt war. Ein
scheinloses Bild, in dunkelgrünem Ton gehalten,
auch der schmale grüngetönte Holzrahmen schon für
München bezeichnend. Vom ersten Tage an, wo
ich es vor zwölf Jahren dort in der Sezession sah,
wurde es eins meiner Lieblingsbilder. Wie vor
allen Arbeiten Slevogts aus dieser Zeit hatte ich
die Empfindung, ein Freund von mir habe es ge-

malt. Machte das die starke, Jedem, der dort ge-
lebt hat, so vertraute Münchner Atmosphäre, die
aus dem Porträt herausweht, oder, und das ist wahr-
scheinlicher, das warme Temperament, das es zurück-
strahlt? Nirgends anderswo konnte es entstehen
mit seinen Vorzügen und seinen Schwächen. Es ist
Münchner Art, die Lenbachs Einfluss nicht verleug-
net, das Wohlgefallen an dem distinguierten Aus-
sehen nachgedunkelter Bilder, an der Patina, dem
Rost und Staub der Jahrhunderte. Aber diese künst-
liche Sprache ist hier in den Dienst des Lebens ge-
stellt und der sie spricht, ist ein echter, lebensvoller
Künstler. Das bezeugt die Energie, womit er durch
tausend gefährliche Nebenformen und das Spiel
mannigfaltigster Farbflecke hindurch dem stark er-
fassten Gesamteindruck nachgegangen ist.

Die bewegliche Person, der man ansieht, dass
Stillstehen ihrer Natur zuwider ist, scheint eben vor
den Maler hingetreten zu sein. Auf einem Stuhle
neben ihr liegt ihr Hut. Die rechte Hand hängt

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