WILHELM LEIBL, MÄNNERKOPF. RADIERUNG
III
FORMLOSE NOTIZEN ÜBER GRAPHIK
VON
HANS PURRMANN
Die Graphik ist dem Künstler zumeist eine be-
queme Form, seine Zeichnung fünfzigmal
und noch öfter abzuklatschen, dem Kunsthändler
eine Art Notenpresse, und dem Sammler ein Schau-
stück oder Sammelobjekt geworden. Es wird
einem himmelangst. In wenigen Jahren wird es
eine Graphik-Überschwemmung geben I
Fast alle, selbst die ausgefallensten Graphik-
techniken sind wohlgefällig, weil sie uns eine hand-
werkliche Erinnerung geben; in unserer Zeit aber
geben eigentlich Landkarten das reinste graphische
Vergnügen.
Die meisten neueren Techniken der Radierung
sind ein Ersatz der Stichelarbeit und enden zumeist
in einer Handzeichnungsimitation. Der Stichel
aber verlangt eine Art der Zeichnung, die uns heute
(leider) zuwider ist und in der sich kein neuerer
Künstler auszudrücken vermag.
Die verschiedenen Techniken (so unsinnig und
zufällig vermischt, wie ein gefüllter Möbelwagen
in Vergleich zu einem eingerichteten Zimmer) sind
leider meist der Stolz der Künstler. Die Techniken
aber unvermischt zu verlangen, wäre nichts besse-
res, als ein Orchester gegen ein Solo auszuspielen
272
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FORMLOSE NOTIZEN ÜBER GRAPHIK
VON
HANS PURRMANN
Die Graphik ist dem Künstler zumeist eine be-
queme Form, seine Zeichnung fünfzigmal
und noch öfter abzuklatschen, dem Kunsthändler
eine Art Notenpresse, und dem Sammler ein Schau-
stück oder Sammelobjekt geworden. Es wird
einem himmelangst. In wenigen Jahren wird es
eine Graphik-Überschwemmung geben I
Fast alle, selbst die ausgefallensten Graphik-
techniken sind wohlgefällig, weil sie uns eine hand-
werkliche Erinnerung geben; in unserer Zeit aber
geben eigentlich Landkarten das reinste graphische
Vergnügen.
Die meisten neueren Techniken der Radierung
sind ein Ersatz der Stichelarbeit und enden zumeist
in einer Handzeichnungsimitation. Der Stichel
aber verlangt eine Art der Zeichnung, die uns heute
(leider) zuwider ist und in der sich kein neuerer
Künstler auszudrücken vermag.
Die verschiedenen Techniken (so unsinnig und
zufällig vermischt, wie ein gefüllter Möbelwagen
in Vergleich zu einem eingerichteten Zimmer) sind
leider meist der Stolz der Künstler. Die Techniken
aber unvermischt zu verlangen, wäre nichts besse-
res, als ein Orchester gegen ein Solo auszuspielen
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