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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 3
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Liebermann, Max: August Gaul
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0085
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AUGUST GAUL

VO N

MAX LIEBERMANN

Vor seinem Werk empfinden wir doppelt schmerz-
lich den Verlust August Gauls, der uns in-
mitten seines Lebensweges und auf der Höhe seiner
Schaffenskraft entrissen wurde.

Den lieben Meister sehe ich vor mir, mit
seinen kindlich-blauen Augen, dem herzlichen,
schalkhaften Lachen, angetan mit dem Schurzfell
und großen mit Stroh gefüllten Holzpantinen, in
seiner riesigen Werkstatt, die er sich selbst erbaut
hatte, wie er in ihr herumhantiert, hier an einem
kleinen Wachsmodell, dort an einem überlebens-
großen Löwen oder einer anderen wilden Bestie
arbeitend, dann wieder am Schraubstock, in einem
kleinen Nebenraum des Ateliers eine Medaille
oder eine kleine Tierbronze ziselierend: ein Hand-
werksmeister der Renaissance wie die Dürer, die

Anmerkung der Redaktion: Dieses ist das wesent-
liche der Rede, die Max Liebermann bei der Eröffnung der
schönen Gedächtnisausstellung für August Gaul in den Räu-
men der Akademie der Künste gehalten hat.

Veit Stoß und die anderen nürnbergischen Meister,
mit denen der in dem Dörfchen Großauheim un-
weit Hanau Geborene auch innerlich viele Ähn-
lichkeit hatte.

Derselbe liebenswürdige Humor, der in den
Elsheimers und in den fränkischen Meistern lebt,
lebt auch in August Gaul, und es ist kein Zufall,
daß die Kinder die Tiere am Hardenbergbrunnen
— heißt er doch „Streichelbrunnen", — nicht
müde wurden zu streicheln. Jede seiner kleinen
Bronzen möchten wir mit der Hand liebkosend
umfassen; sie sind liebenswürdig, weil ihr Meister
liebenswürdig war.

Aus kleinsten Verhältnissen herausgewachsen,
lernte Gaul von seinem Vater, einem Steinmetz-
meister, das Handwerkliche seiner Kunst. Auf
der Gewerbeschule in Hanau dann weiter aus-
gebildet, kommt er nach Berlin, wird Schüler
von Begas und dessen Gehilfe. (Die Löwen am
Kaiser-Wilhelm-Denkmal, die Tiere am Bismarck-

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