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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 21.1923

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Heft 5
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Scheffler, Karl: André Derain
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https://doi.org/10.11588/diglit.4655#0153
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Die November-Ausstellung von Ölbildern, Aqua-
rellen, Zeichnungen und Graphiken Andre
Derains in der Galerie Alfred Flechtheim kam zur
rechten Zeit. Es war schon früher oft die Rede
von diesem Pariser, ohne daß man sich eine reine
Vorstellung hätte bilden können. Nach dem Krieg
haben Deutsche, die sich wieder nach Paris ge-
wagt hatten, uns gar erzählt, daß Derain der Maler
sei, der das Interesse der Kunstfreunde dort am
meisten beherrsche und daß er zurzeit mehr noch
geschätzt werde als Matisse. So mußte uns viel
daran liegen, selbst urteilen und die deutschen Ar-
beiten, die eigenen Kunstüberzeugungen an alten
und neuen Werken eines zurzeit so einflußreichen
französischen Malers prüfen zu können, es mußte
die Gelegenheit, die Flechtheim mit der Ausstellung
geschaffen hat, besonders willkommen sein.

Ob die Gelegenheit benutzt worden ist, läßt
sich so bald nicht entscheiden. Nach dem Echo
in der Presse zu urteilen, ist die Anregung ziem-
lich obenhin abgetan worden. Eine starke An-
regung aber konnte die Ausstellung zum mindesten
werden. Man wurde zu großer Achtung genötigt;
und wo man Einwände zu erheben hatte, tat man
es unwillkürlich mit dem Hute in der Hand. Was
Achtung erzwingt, ist die ungewöhnlich ernste
Selbsterziehung Derains. Er läßt sich nichts durch-
gehen, kein Ungefähr in der Form, keins in der
Farbe. Über alles gibt er sich Rechenschaft. Wo
der deutsche Maler derselben Generation oft in
einer undisziplinierten Wildheit das Geheimnis der
packenden Wirkung zu finden hofft, da treibt der
Franzose die Form mit fast wissenschaftlicher
Strenge zur Reinkultur. Ohne die bei solcher Ar-

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