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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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Kleine Mitteilungen
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Aus dem Leben des Vereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0092
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aber die ornamentale Vollkommenheit sich geradezu zum Deck-
mantel für manche formale Unvollkommenheit herausgebildet
habe. Und so beschloß man die Veranstaltung einer ausschließlich
dem Formproblem gewidmeten Schau. Diese fand als Höhepunkt
des Stuttgarter Kunstsommers im Handelshof zu Stuttgart ihre
Eröffnung. An dem Redereigen, der in Anbetracht der Eröff-
nungshausse des Kunstsommers und der Wärmehausse des Na-

tursommers erfreulich kurz war, beteiligte sich der Vorstand der
Württemberggruppe des D.W.B., Geheimrat Peter Bruckmann,
dann Ministerialrat Frey vom Württembergischen Kultusmini-
sterium und Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager, ferner Prof.
Dehrrly »Wien, als Vertreter des österreichischen Werkbundes,
und in seiner Präsidenteneigenschaft Geheimrat Riemerschmid."—
Die Meinungen über die Ausstellung sind geteilt.

AUS DEM LEBEN DES VEREINS.

Joseph Wilm f. Am 26. Sept. starb in Berlin unerwartet an
den Folgen einer Operation der Gold-und Silberschmied Joseph
Wilm. Wir entnehmen hiezu der „Deutschen Goldschmiede-
Zeitung :" „Mit Joseph Wilm ist einer der Besten des deutschen
Edelmetall-Gewerbes dahingegangen — ein Künstler, ein Kenner
und ein Könner in des Wortes höchster Bedeutung. Was immer
Joseph Wilm geschaffen hat, trug seine persönliche Note und
zeugte von so hoher Gestaltungskraft und Materialbeherrschung,
wie sie nur wenigen eigen sind.

Von größter Bedeutung war das Wirken Wilms als Lehrer an
der Unterrichtsanstaltdes Kunstgewerbemuseums in Berlin. Immer
war es sein Streben, die ihm anvertrauten jungen Leute zur Höhe
zu führen und für unser edles Handwerk zu begeistern. Seine
Erfolge an dieser Stelle sprechen für sich selbst. Seine bereits
eingeleitete Ernennung zum Professor hat er nicht mehr erlebt.
In welch' idealem Verhältnis Wilm zu seinen Schülern stand,
ging am besten aus dem warm empfundenen Nachruf hervor,
den er vor wenigen Wochen einem seiner Meisterschüler, Heinz
Schäfer gewidmet hat. Nun ist der Meister selbst dahingegangen,
mitten aus seinem besten Schaffen, im Alter von 44 Jahren, tief-
betrauert von den Seinen, aber auch von seinen Schülern und den
Verehrern seiner Kunst." Möge ihm die Erde leicht sein!

RÜCKKAUF VON HEFTEN. Der Bayerische Kunstge-
werbeverein kauft folgende Hefte von ,,Kunst und Handwerk"
zurück:

Jahrgang 1818: Sämiliche Hefte,

Jahrgang 1919: Sämtliche Hefte,

Jahrgang 1921. Heft 1,

Jahrgang 1922: Heft 1 und 2,

Jahrgang 1923: Heft 4,

Jahrgang 1924: Heft I.
Angebote mit Preisforderung an das Sekretariat München,
Pfandhausslraße 7.

Jubiläum. Am 29. Juli wurde das 25jährige Dienstjubiläum
des Packers und Ausgehers Michael Gerum festlich begangen.
Eine große Anzahl von Mitgliedern des Vereins und Freunde
des Jubilars hatten sich im Saale eingefunden. Herr Leipfinger hob
die Treue und Verlässigkeit des Gefeierten hervor und überreichte
ihm neben einem Geschenk des Kunstgewerbevereins die silberne
Medaille des Bayer. Industriellenverbandes. Die gleiche Aus-
zeichnung in Gold erhielt Frl. Klara Oberprieler nachträglich
für 40jährige Dienstleistung beim Verein. Einer wohlgelungenen
Theateraufführung— Die kleinen Verwandten von L.Thoma —
durch die Angestellten, folgten musikalische und andere Vorträge
und man war noch lange vergnügt beisammen.

Herbstmessen. Der Bayerische Kunstgewerbeverein hat die
beiden Herbstmessen in Leipzig und in Frankfurt besucht. In
Leipzig füllte der Verein erstmals einen ganzen Saal im Grassi-
Museum und fand mit seiner Ausstellung großen Beifall. In

Frankfurt, wo nun die Zusammenziehung des Kunstgewerbes
auf dem äußeren Meßgebäude durchgeführt worden ist, mußten
die bisherigen sehr schönen Räume im Rathaus verlassen und
dafür die neue „Kunstgewerbehalle" <neben dem Haus Werk-
bund) bezogen werden. Es war uns durch Entgegenkommen des
Meßamts geglückt, uns dort einen abgesondert liegenden größeren
Platz zu sichern, auch wurde dieses neue Meßhaus durch bessere
Legung des Eingangs und durch Sdiaffung von Schaufenstern
verbessert. Dennoch entsprach der Ausstellungsraum wegen
ungünstiger Gliederung, mangelhafter Lichtverhältnisse und Er-
schwerung des Rundgangs nicht den berechtigten Anforderungen,
auch erwies sich die neue Kunstgewerbehalle bei den derzeitigen
Zulassungs-Verhältnissen doch nicht als geeignete Ausstellungs-
gelegenheit für das Kunstgewerbe im eigentlichen Sinn. Wir
hoffen, daß bis zum nächsten Frühjahr die auf Spezialisierung
und Verminderung der Messen abzielende Bewegung so weit
fortgeschritten sein wird, daß sich das Kunstgewerbe auf die
Leipziger Messe beschränken kann. Die dortigen Ausstellungs-
verhältnisse noch weiter auszubauen, darauf wird es dann vor
allem ankommen, und der Erfolg wird um so weniger ausbleiben,
als die Leitung des Grassi-Museums daran stets bereitwillig mit-
gearbeitet, auch das Meßamt durch weitblickende Maßnahmen
für neue günstige Lösungen vorgebaut hat.

Der Erfolg beider Messen war verhältnismäßig gut, er über-
traf nicht nur die freilich geringen Erwartungen sondern hielt sidi
auch erheblich über dem allgemeinen Durchschnitt.

Museum Oberammergau. Auf Einladung des Erbauers
Herrn Professor Zell und der Eigentümerin Frau Kommerzien-
rat Lang fand am 14. September ein Ausflug des Vereins zur
Besichtigung des Museums in Oberammergau statt. Bei sonnigem
Herbstwetter trafen die Teilnehmer die Herren Aschenbrenner,
Körnlein, Rosenhauer, Viegelmann in dem nur noch schwach
besuchten Gebirgsdorf ein und wurden von Exz. Lang als Ver-
treter der Familie Lang, ferner von Herrn Hofgoldschmied Heiden
und Rothmüller, Prof. Zell, Prof. Bayrer empfangen. Böller-
schüsse und festliche Musik ertönten, da am gleichen Tage
eine Fahnenweihe stattfand, und schufen weihevolle Stimmung.
Nach einem Imbiß in der Alten Post wurde das Museum in zwei-
stündigem Rundgang besichtigt, alle Gedanken guter alter
Tradition und neuzeitlichen Suchens und Schaffens wurden rege.
Trotz gleicher Not ums Brot zeigen die Arbeiten jener guten
alten Zeit eine abgerundete Bes-haulichkeit und echte Naivität,
man möchte mit dem Waffenschmied sagen : „Sie waren noch
nicht so gescheit". Die Schnitzer von damals nämlich, sie hatten
noch nicht so viel zum lesen und zum lernen. Die Stilistik ging
aus der Zeit hervor, ohne daß Allzueifrige beflissen nachhalfen.
Gerade wie die militärischen Uniformen, die in einer wohl-
geordneten Sammlung von Holzsoldaten besonders reizvoll gezeigt
wurden. Die Ornamentik erwuchs aus den vielen Kirchenbauten
des Barock und Rokoko, an denen ja die umliegende Gegend von

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