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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 1.1921

DOI Heft:
Heft 3 (1. Jahrgang Mai 1921)
DOI Artikel:
Hartlaub, Gustav Friedrich: "Der Genius im Kinde"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20810#0043
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Deutsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterricht

Zeitschrift des Neichsverbandes akademischer Zeichenlehrer
des Reichsverbandes akademischer Zeichenlehrerinnen

Verantworllkch für dtc Schrisileiiung: proseffor Gustav Kolb, Göppingen
Verlag und Anzeigcncnnahme: T. A. Secmann kn Leipzkg, Hospltalstraße 112 - Druck: Rudolf Gerstäcker, Lekpzkg

1. Jahrgang


Mai 1921

—:_—

HestZ

Inhalt: .Der GcnkuS km Kknde." Dr. G. F. Hartlaub. — Moglkchkekten des Kunstunterrkchts an höheren
Schulen. Dr.K. Gaifer. — Kulturpolltik. — Dke Begriffs- unv Merkmallehre kn derZeichenwlffenschaft. K.L. Krkeger. —
Das Zeichnen als Ausyrucks- und Bildungsmkttel. — Kunst — pädagogik. Hans Cornelius. — Ballast. Dr. F. Bernack. —
Hreisausschreiben. — Buch-Desprechungen.. — Ckeue Lernmittel für den Arbektsuntcrricht.

.Der Gem'us im Kmde." ^

Mit seiner 25. (Iubiläums-) Ausstellung, die der
.Freie Bund zur Einbürgerung der blldenden
Kunft' in der städtischen Kunsthalle Mannheim
veranftaltet, ist ein Gebr'et auf ausstellungsmäßigem
Gebiet erschlossen, das auch für den Leserkreis dieser
Zeitschrift von Bedeutung ist. Die auch technisch
bemerkenswerie umfangreiche und vielseitkge Schau
ist aus dem Gedanken hervorgegangen, daß es im
Erleben der Welt und in der Gestaltung dkescs
Erlebens eine besondere r'n sich abgeschlossene Sphäre
gibt, die der Kindheit. Daß ln dcm meist spielen-
Len Gestalten des Kkndes, sei es in Wort und
Ton oder in sichtbarer Gestaltung, ein Eigenwert
liegt, Ler ohne Beziehung zu der Stufe des Er-
wachscnenseins für sich besteht, und dcr uns das
Klnd nicht bloß unter dcm Fortschrittsgesichtspunkt
als einen auszubildenden.Heranwachsenden", son-
dern als einen gcwissermaßen in sich fertigen Ver-
treter bestimmter Daseinsformen des Menschcntums
erkennen läßt, ist eine Wahrheit, die in ihrer Weise
bereits die Romantik erfaßt hatte und die in der
neuen Nomantik, welche wir seit Beginn des 20.
Iahrhundcrts durchmachen, wiederum zum Erlebnis
geworden ist. Klnderzelchnungen durften dem
Forscher dazu dlenen, fogenannte primitkve Skadlen
der Menschheltsgeschlchte zu begretfen,- der .Er-
pressionismus"' machte auf künstlerischem Gebiet
-edem Fortschrittsdünkel ein Ende und erblkckte gerade
in drn Hrrvorbringungen der Vrimitiven einen
hohen Menschhzitswert, so auch in dem spielenden
Gestalten des Kindes, das seinen ln sich abge-
schlossenen, gleichsam absoluten Wert erhielt. Das

kindlkche Schaffen an sich, ohne fede ästhetische Ab- '
flcht, d. h. zum selbftgenügsamen Spkel hervorgebracht °
und aus unbewußten Rhythmen, natürlichen Zwangs- i
läufigkeiten geboren, wurde so zum Gegenstand einer !
bewußt ästhetischen Beurteilung, so wle die Vatur,
obgleich nicht in künstlerischer Absicht und ganz
.unbewußt" entstanden, doch vom Menschen mit
dem Auge des Künstlers angesehen werden kann.

Aber die Mannheimer Ausstellung begnügt flch
nicht damit, durch Darstellung des spontanen, nkcht
absichtsvoll beeknflußten GestaltensderKinderdie
Innere Kkndhektswelt zu erschlkeßen. Kinderzeich-
nungcn und Malereien aus allen Lebensaltern und
Gcgenden des In-, zum Teil auch des Auslandes
bilden neben allerhand plastkschen Versuchen und
Basteleien nur den Hauptteil der gesamten Schau.
Tlicht weniger wichtig ist, was als „Kunst für
das Kind" geboten wird an Spielzeugen und
Bilderbüchern, die gleichfalls zeitlich und räum-
lich verschiedenartkgsten Ursprungs flnd. Als wesent-
liche und in die Augcn fallende Erkenntnis ergibt
flch hier für den unbefangenen Besucher der Aus-
stellung die innere Beziehung, dte zwischen guten
Spielzeugen und Bilderbüchern einerseits und dm
ekgenen Hervorbringungen der Kleinen andererfeits
bestehcn muß. Eine solche innere Bezlehung weist
nur das Spielzeug auf, welches von einem selber
naiv empfindenden Erzeuger hervorgebracht ist. Dle
Bauern, Naturvölker, )a die Eroten flnd die ekgent- '
lichen Wahlverwandten des Kindes. 3hre aus ! -
einfach werkgerechter Materialbehandlung und Ver- ,
zirrungslust erwachsene Formensprache ist überall, ^
 
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