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Meggendorfer-Blälter, Blünchen
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Vermutung.
Uarlchen (der ein Iehnmarkstück verschluckt hat): „Der Gerichtsvoll-
zieher darf das wohl nicht wissen, Papa, — sonst xfändet
er mich?"
Wcltanschauung.
i^t'ie groß und herrlich ist die weltl
68^ Rief voll Lmphase einer;
Mie klein, wie häßlich und entstelltl
Lin anderer. Recht hatt' keiner.
Der eine nämlich sah sie an
Durch eine Schusterglocke,
Der andre durch ein Persxektiv,
Das hing verkehrt am Stockc.
C- A. Hg.
--
Äin Traum.
ultan Soliman von Baadad war ein weiser Regent.
Lr war der Liebling des Propheten und Allah über-
häufte ihn mit seiner Gnade.
Nur eine Leidenschaft hatte er, nämlich das Sxiel. Täglich
saß er, um von seinen Reaierungssorgen auszuruhen und
durch Zerstreuung neue Araft zum Mohle der Gläubigen zu
sammeln, mit seinem Großveüer beim Spieltische.
Doch Großvezier Mehcmed schien ein noch größerer Liebling
Allahs zu sein, denn täglich wanderten die Goldstücke Solimans
in Mehemeds Sack.'j
„Fatum," pflegte Mehemed stets zu sagen, „alles ist vorher-
bestimmung, Allah wciß warnm Du, erhabener kserrscher, nie
gewinnst, Allah ist groß/
Ganz schien Soliman diese Ansicht nicht zu teilen, seine
Aasse wurde täglich leerer, doch sxrach auch er: „Allah ist groß,
nur sage mir Großvezier, wie denkst Du über Träume, mein
letzter trifft speziell Dich."
Längst hatte Mehemed seincr vielen verdienste wegen, die
er sich um das Mohl der Gläubigen seines glorreichen kserrschers
gesammelt hatte, eine Anerkennung erwartet und anch der Sultan
fich bereits in ähnlichem Sinne geäußert, der Traum konnte
daher sehr leicht die Ueberreichung eines fürstlichen Geschenkes
zum Gegenstande haben.
„Liebling Allahs, Beherrscher der Sonne, des Mondes und
der Sterne," sprach Mehemed, „der jdroxhet gibt uns oft im
Traume kund, wie wir unsere Randlungsweise einrichten sollen.
Lsäufig erleuchtet er darin unseren Verstand und gibt uns einen
Fingerzeig, wie wir uns vor Schaden bewahren, das Gute be-
lohnen und das Böse bestrafen sollen, doch erzähle!"
„Nun so höre," sprach Soliman.
„Mir träumte, wir hätten wie gewöhnlich miteinander ge-
sxielt. So wie jetzt, hatte ich bereits eine bedeutende Summe
verloren, da erfaßte mich plötzlich mächtiger Zorn. Rasend vor
!Vut gab ich den Auftrag, Dir bei lebendigem Leibe die ksaut
abzuziehen, da erwachte ich und kann nun diesen seltsamen Traum
nicht aus dem Gedächtnisse bringen, deute mir, o Mehemed
dessen Sinn!"
„Liebling des paradieses, Allah ist groß," sprach Mehemed,
„doch vernimm, o kserrscher der GlLubigen, daß Träume auch
oft Ausgeburten der ksölle sind, um die Bekenner des Propheten
irre zu führen, man traue Träumen daher in den seltensten
Fällen, diesen wird Dir Allab in seiner Bedeutung selbst offen-
baren, Allah ist groß."
Die NArkung des Traumes zeigte sich bald. Sultan
Soliman verlor keine partie mehr.
H. K.
Vcrantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreibcr, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
^sn .B e st e r r o i ch - U n g a r n für lscrausgabe und Redaktion verantwortlich : Robert Mohr in Mien I.
Verlsg von I. F. Schrribrr in Wünchrn und Lßlingrn.
Meggendorfer-Blälter, Blünchen
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Vermutung.
Uarlchen (der ein Iehnmarkstück verschluckt hat): „Der Gerichtsvoll-
zieher darf das wohl nicht wissen, Papa, — sonst xfändet
er mich?"
Wcltanschauung.
i^t'ie groß und herrlich ist die weltl
68^ Rief voll Lmphase einer;
Mie klein, wie häßlich und entstelltl
Lin anderer. Recht hatt' keiner.
Der eine nämlich sah sie an
Durch eine Schusterglocke,
Der andre durch ein Persxektiv,
Das hing verkehrt am Stockc.
C- A. Hg.
--
Äin Traum.
ultan Soliman von Baadad war ein weiser Regent.
Lr war der Liebling des Propheten und Allah über-
häufte ihn mit seiner Gnade.
Nur eine Leidenschaft hatte er, nämlich das Sxiel. Täglich
saß er, um von seinen Reaierungssorgen auszuruhen und
durch Zerstreuung neue Araft zum Mohle der Gläubigen zu
sammeln, mit seinem Großveüer beim Spieltische.
Doch Großvezier Mehcmed schien ein noch größerer Liebling
Allahs zu sein, denn täglich wanderten die Goldstücke Solimans
in Mehemeds Sack.'j
„Fatum," pflegte Mehemed stets zu sagen, „alles ist vorher-
bestimmung, Allah wciß warnm Du, erhabener kserrscher, nie
gewinnst, Allah ist groß/
Ganz schien Soliman diese Ansicht nicht zu teilen, seine
Aasse wurde täglich leerer, doch sxrach auch er: „Allah ist groß,
nur sage mir Großvezier, wie denkst Du über Träume, mein
letzter trifft speziell Dich."
Längst hatte Mehemed seincr vielen verdienste wegen, die
er sich um das Mohl der Gläubigen seines glorreichen kserrschers
gesammelt hatte, eine Anerkennung erwartet und anch der Sultan
fich bereits in ähnlichem Sinne geäußert, der Traum konnte
daher sehr leicht die Ueberreichung eines fürstlichen Geschenkes
zum Gegenstande haben.
„Liebling Allahs, Beherrscher der Sonne, des Mondes und
der Sterne," sprach Mehemed, „der jdroxhet gibt uns oft im
Traume kund, wie wir unsere Randlungsweise einrichten sollen.
Lsäufig erleuchtet er darin unseren Verstand und gibt uns einen
Fingerzeig, wie wir uns vor Schaden bewahren, das Gute be-
lohnen und das Böse bestrafen sollen, doch erzähle!"
„Nun so höre," sprach Soliman.
„Mir träumte, wir hätten wie gewöhnlich miteinander ge-
sxielt. So wie jetzt, hatte ich bereits eine bedeutende Summe
verloren, da erfaßte mich plötzlich mächtiger Zorn. Rasend vor
!Vut gab ich den Auftrag, Dir bei lebendigem Leibe die ksaut
abzuziehen, da erwachte ich und kann nun diesen seltsamen Traum
nicht aus dem Gedächtnisse bringen, deute mir, o Mehemed
dessen Sinn!"
„Liebling des paradieses, Allah ist groß," sprach Mehemed,
„doch vernimm, o kserrscher der GlLubigen, daß Träume auch
oft Ausgeburten der ksölle sind, um die Bekenner des Propheten
irre zu führen, man traue Träumen daher in den seltensten
Fällen, diesen wird Dir Allab in seiner Bedeutung selbst offen-
baren, Allah ist groß."
Die NArkung des Traumes zeigte sich bald. Sultan
Soliman verlor keine partie mehr.
H. K.
Vcrantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreibcr, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
^sn .B e st e r r o i ch - U n g a r n für lscrausgabe und Redaktion verantwortlich : Robert Mohr in Mien I.
Verlsg von I. F. Schrribrr in Wünchrn und Lßlingrn.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Der geprellte Gendarm
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 631, S. 60
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication