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Meggendorfer-Blätter, München

U2

Zum -Lachen.

Lin Märchen von C. N. Hennig.

s war einmal ein König, genau so wie alle Aönige sind
in Geschichten, welche wie diese anfangen. Er war weise
und bemühte sich auch gerecht zu sein, aber das letztere wurde
ihm sehr schwer. Denn er hatte einmal, wie man sagt, als
Aronprinz das Gallenfieber gehabt, und davon war ihm eine
mordsmäßig schlechte Laune zurückgeblieben. Und wenn einer
von früh bis abends verdrießlich und mißlaunig istz so kann er
eben nur schwer gegen andere gerecht sein.

Das ganze Land hatte unter diesen hypochondrischen Be-
schwerden seines bserrschers zu leiden, am meisten aber der therr
Premierminister, der schon lange gerne sein mißliches Aint
niedergelegt hätte, wenn er nicht ein Lchock armer Oerwandter
gehabt HLtte, die nach und nach alle im Staatsdienst untergebracht
sein wollten. Also das ging nichtz und so zerbrach er sich den
Aopf, wie wohl das Uebel des Königs zu heilen sei. Lr hatte
schon alle Aerzte gefragt vom reinsten lvasserdoktor an bis
zum Doktor vom reinsten Masser. Alle hatten verschrieben,
was sie wußten, und als der Aönig alles das genommen
hatte und sie nichts mehr wußten, schüttelten sie mit dem
Aoxf und gingen wieder heim. In seiner bserzensnot
entschloß sich endlich der premierminister, zu einer alten
5ibylle seine Zustucht zu nehmen, welche alles aus den
Aarten herauszusagen verstand.

„Was demAönigfehlt?" sagtedieAlte. „Lrmußlachenl"

„Das weiß ich ja selbst, Du dummes Geschöpf," brauste
der Ukinister auf. „Aber er lacht nicht."

„So müßt Ihr ihn dazu bringen," fuhr die Aarten-
legerin gleichmütig fort. „Sein Leiden ist nämlich nicht
organischer Art, sondern die Folge einer verwünschnng,
weil er einmal als Prinz über ein Saatfeld geritten ist.

Der Bann ist von ihm genommen, sobald er wieder einmal
über etwas herzlich lachen kann."

Der Premier belohnte die Sibylle und ging fort. Es
lag etwas vertrauenerweckendes in dem Aussxruch der Alten,
weshalb er beschloß, das Ulittel zu probieren, zumal er
auch kein anderes wußte. Lr ließ also allerhand Sxaß-
macher kommen, die mußten vor dem Aönige ihre possen
reißen. Doch der Aönig ergrimmte derart über ihre Aunst-
stücke, daß er sie durch die Feucrwehr ans seinem Lande
hinausspritzen ließ. Dann rief er nach seinem Premier-
minister, das heißt, er schrie, er brüllte nach ihm.

„Na, gute Nacht," dachte dieser, „das wird wieder einen
schönen Salat gebenl"

„Du Schafskopf," schnaubte ihn der König an, „was
schickst Du mir diese Narren auf den bfals? Ltwa, damit
ich über sie lachen soll? lvenn das der Fall wäre, müßte
ich mir bei Deinem Anblick den Bauch halten vor Lachen.

Denn Du bist der größte Narr!"

Der arme Premierminster knickte förmlich zusammen
unter dieser vernichtenden Rritik und beschloß, sich nach dem
Mittagessen aufzuhängen. Da tönte plötzlich ein Lärmen an
sein Bhr. Froh, des Aönigs Aufmerksamkeit durch etwas von
seiner geschätzten Person abgelenkt zu sehen, eilte er hinaus,
um zu sehen, was es gäbe. Bald kehrte er wieder zurück.

„Nun?" fragte der Aönig.

„Lin armer Iunge ist draußen. Ls ist ihm gelungen,
durch die Machen hindurchzuschlüpfen, und beinahe wäre
er bis in die königlichen Gemächer gelangt. Doch hat
man ihn zum Glück noch rechtzeitig abgefaßt. Und nun
zetert er und schlägt mit bsänden und Füßen um sich."

„Was will denn der Bursche?"

„Er will Stalljunge werden!"

„Da soll er doch seinen Gnkel, oder wer sonst für

ihn gut sxricht, zu meinem Stallmeister schicken und keinen solchen
Lärm im Schlosse vollführen."

„Aber er hat ja keinen Gnkel noch sonst jemand und
darum wagt es der Frechling bis an die Stufen des geheiligten
Thrones —-"

„stvie, er hat gar niemand?" fragte der Rönig, und um
seine Mundwinkel begann es zu zucken.

„Nein gar niemand!" bestätigte der Minister.

„Und ohne Protektion hofft der MenschStalljunge zu werden?
Nein, so etwas Aöstliches habe ich noch nie erlebt, hahahaha!"

Und der Aönig lachte aus vollem bjalse und lachte bis zum
Abend. Und mit ihm lachtcn der Uunister und das ganze Land.
Von dieser Stunde an war der Bann gelöst, der Uönig ward
hciter und guter Dinge und der Minister hängte sich vorläufig
noch nicht anf.

Glg Mld (Kigerl.

l
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Gig und Gigerl
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meggendorfer, Lothar
Entstehungsdatum
um 1903
Entstehungsdatum (normiert)
1898 - 1908
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Kutsche
Kutscher
Pferd
Mann
Unfall
Überschlag
Sturz
Schrecken

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 636, S. 112

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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