Meggendorfer-Blätter: Meggendorfer-Blätter (54.1903 (Nr. 654-666))

m e g g en d o r fe r - B l ä t t e r, müIIcheII

Äie Uovell'e.

^er Schriftsteller Uurt Schreiberhau war überglücklich, denn

/ er hatte folgendes Schreiben in der tfandi
Sehr geehrter tferrl

wir beehren uns Ihnen mitzuteilen, daß wir Ihre
Novelle „lfinter seine Schliche gekommen" akzextiert haben.
Sie wird demnächst erscheinen.

kfochachtungsvoll

die Redaktion der „Lyrischen lvespen".

lvie gesagt, Äurt war überglücklich, nach jahrelangem
Warten sollte er endlich zum ersten Male gedruckt werden. Zum
ersten Malet Aber nicht zum letzten Male. Das einmal eroberte
Feld wollte er schon siegreich behauxten, trotz aller Intrigue,
der er sich von allen seinen Mitstrebenden ganz besonders aus-
gesetzt glaubte.

Nach zwei Wochen trifft Aurt seinen Freund und Aollegen
Teufel, der ihn sogleich mit den Morten empfängt: „Mensch,
Deine Novelle ist gedruckt! Macht sich großartig!"

„ksast Du die Nummer bei Dir?" stößt Aurt heraus.

„Nein, meine Nichte hat sie mir entrissen, hat ja bekannt-
lich einen besondern Schwarm sür Dich." — Aurt läßt Teufel
stehen und stürmt sofort ins nächste Tafe, woselbst er atemlos
nach den „Mespen" verlangt. „Bedanre," sxricht die Aellnerin,
„in der neuesten Nummer soll etwas ganz Großartiges stehen,
eine Novelle oder so 'was, wie es noch nie dagewesen sein soll,
und wohl infolgedessen ist die Nummer bereits seit einer halben
Stunde verschwunden."

Aurt eilt in die nächste Buchhandlung. Lrfolglos, die letzte
Nummer sei eben verkauft worden, eine Novelle — —, aber
Aurt ist schon wieder draußen. In der nächsten Buchhandlung
dieselbe Szene. Ebenso in der dritten, viertsn, fünften.

Da eilt Aurt mit hochrotem Gesicht und Riesenschritten nach
kfause. Fieberhaft setzt er sich an den Schreibtisch. Und dann
schreibt er fünf, sechs, ein Dutzend Briefe. Alle init verstellter
ksandschrift, so täuschend, daß nicht einer dem andern gleicht.
Alle auf anderes Papier, das er zu diesem Zwecke schon seit
langem bereit hält. Lbenso Federn von verschiedener Schreib-
stärke. Die Briefe, äußerlich so verschieden, sind im Text dem
Sinne nach sämtlich gleich, so daß einer genügt, um alle zu
wissen. Lr lautet:

An die Redaktion der ,Lyrischen wespen^.

Sehr geehrte Redaktion!

Die Novelle „ksinter seine Schliche gekommen" ist einfach
entzückend. U)enn Sie öfters von diesem Der-
fasser etwas bringen wollten, würde dies die
Abonnentenzahl Ihres geschätzten Blattes keines-
wegs verringern.

Lin treuer Leser.

Zwei Tage nach der Absendung dieser Briefe
war Aurt Schreiberhau niedergeschlagen wie Roggen
nach einem kfagelwetter, denn er hatte folgendes
Schreiben in der kfand:

Geehrter lferrl

wir sind hinter Ihre Schliche gekommen.

Ihre Geistesproduktion, die anbei zurück erfolgt,
ist noch gar nicht erschienen und wird auch
— bei uns wenigstens — nicht erscheinen.

Die Redaktion d. L. W.

Der so jäh aus allen kfimmeln gestürzte poet
hat diesen ,Scherz° seinem Freunde Teufel nie
verziehen. Carl Franke.

's fchwlchhastL Diandl.

^^cho oft hat si' da bsiasl denkt:

„Bal i das Lisei siech,

Na sag i' ihr, „I' bin Dir guat
Und frag's: „Liabst Du auch mich?"

Er hat's derweil noch oft gesehn,

Doch was er für si' nimmt,

Lsat er bis heunt net sag'n kinna,

Meil er zu Mort net kimmt.

Fritz Bollmar.

--

Dcr VergstX.

„Ich könnte mir die kfaare ausraufen!
ich jafschon einmall"

Auf dieser Bergsxitze war

Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F- Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Besterreich-Ungarn für kserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Vrrlsg von I. F. Schrribrr in Münchrn und Etzlingrn.