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Meggendorfer-Blätter: Meggendorfer-Blätter — 54.1903 (Nr. 654-666)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16704#0142
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Meggenöorfer-BIälter, Nünchen

Die kleine 'Zkriryesstn.

/R/s war einmal ein armes kleines Fischermädchen. Tags-
über flickte es vaters Netze und wenn es damit fertig
war, legte es sich an den sonnigen Strand und sah hin-
aus in die blaue lveite, sah dem Sonnenflimmern aus den
wellen zu und freute fich der keck heranrollenden woge, die ihr
die Füße netzte. — Und keines kümmerte sich um sie, denn fie
hatte nicht Nutter noch Geschwister.

Wenn dann der Abend niedersank und die letzten xurxur-
nen Sonnenlichter über die lVasser sxielten, lag sie noch immer
da und träumte. — Dann hörte sie von der Straße wohl das
Lachen und Scherzen der Nädchen und Burschen des Dorses
herüberklingen und da kam 's, daß sie weinte und dachte: „Ieder
Ukensch hat eins, das ihm gut ist — nur ich bin alleinl" —
Und fie träumte, daß fie eine prinzesfin wär' und einen großen
Lsofstaat hätt'; viel ksofdamen, Iunker und Edelknaben; doch
was das Schönste dran war, das war, daß fie alle — so lieb
hatten — so liebl Aber am allerliebsten hatt' fie doch einer
und der war ein Prinz! —

wie sie mal wieder so träumend lag und den weißen
Möwen nachschaute, kam ein kleines, schmuckes Segel-
boot dahergefahren. Drin saß ein großer, blonder Iunge
mit lieben blauen Ainderaugen. Der ries sie an zu ihm ins
Boot zu kommen. Zuerst sah sie ihn verwundert an, doch weil
er ihr gefiel, schürzte sie ihr Röckchen und sprang durchs seichte
waffer ins Boot.

Lr nickte ihr lachend zu und hantierte an seinem Segel.
Sie kauerte sich ans Steuer und sah ihm zu. Als die Sonne
ins Neer gesunken war und die ersten Dämmerschatten die
Aüste in bläulichen Rauch hüllten, kam er zu ihr herüber ans
Steuer, legte fich ihr zur Seite und sagte: „Schau, das ist schönl"
— Und sie schauten miteinander hinaus und sxrachen nicht viel.
Nur manchmal inusterte fie ihn von der Seite mit einem flüch-
tigen Blick und wenn fie dann sah, daß er's bemerkt hatte,
wurde sie rot und schaute weg. —

Die leichte Abendbrise hatte ihr das ksalstüchlein gelockert
und ein Iixsel flatterte im Minde. Lr hascht darnach und hält
ihn fest und will sich ihn auch um die Schulter legen. Das Tüch-
lein aber will nicht reichen, drum mußte er seine Schulter eng
an ihre schmiegen, damit es langt. — Dann bindet er die beiden
Iipfel vorn zum Anoten und sie sind miteinander gesangen. —

Sie aber ist ein wildes kleines Ding
und mag's nicht leiden. — Da legt
er seinelsand schnell aufdie Schlinge,
daß sie den Anoten nicht lösen könne.
Doch sie kräuselt trotzig die roten
Lippen und droht: „Ich beiß'I" —
Und als er zur Antwort nur lacht,
neigt sie sich auf seine braune,
kräftige lsand und bohrt ihre weißen
Zähnchen hinein — doch zuzubeißen
getraut sie sich nichtl „Ich aber
wohll" Er saßt ihre kleine Ainder-
hand und beißt ste ein ganz klein
wenig in den Finger; — es durch-
rieselt sie seltsam — es ist nicht der
Schmerz — es ist ganz was Sonder-
bares, Neues, Unbekanntes. —

Lr sxürt das Iucken, das durch
den jungen Uörxer geht und wei!
er glaubt ihr weh getan zu haben,
nimmt er ihre kleine lsand zwischen
seine großen jdfoten und drückt einen
schnellen Auß auf die gebissene Stelle. —

Damit ist scheinbar Friede gemacht — denn sie rühren sich
beide nicht — eine lange Meile und bleiben eng aneinander
geschmiegt und sxrechen kein Mort. — Nur ihr Uöpfchen hat
sie zur Seite gewandt. —

Er aber will in ihren Augen lesen, ob sie ihm wieder gut
sei und drum zieht er den Anoten am ksalstüchlein noch etwas
sester, damit sie ihr Aöpschen ihm zuneigen müsse. Und wie's
ihm noch nicht genug scheint — zieht er noch ein wenig fester,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Die kleine Prinzessin
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mukarovsky, J.
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1903
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Junge Frau
Fischerin
Netz
Strand
Meer
Traum
Prinzessin
Mann
Segelboot
Flirt
Märchen

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 54.1903, Nr. 665, S. 138

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Erschließung

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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