Zeitschrift für l)unior uud A u n st
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scheiterte aber an den vorliegenden Schwierigkeiten. Lin findiger
Aoxf hatte einen anderen Linfall. Er eilte in die Mirtschaft
und requirierte dort so viele Tischtücher, als er aufzutreiben ver-
mochte. Nadeln und Zwirn waren ebenfalls zu haben und
ausgerüstet 7nit diesen Utensilien machte er sich mit Lifer
und vielem Geschick daran, das Brautxaar als Gesxenster zu
vermummen.
Die Tischtücher waren gerade nicht die saubersten, aber Not
bricht Lisen. Schon nach einer bangen Viertelstunde bewegte
sich xlötzlich ein seltsamer Zug durch den Garten. Umgeben
von dem Schwarm der jungen Ulänner, die ein düsteres Lied
sangen, schritten zwei graue Gespenster einher, das eine mit
kleinen, zaxxelnden, das andere mit weit ausholenden, großen
Tritten, und während der erstere Geist mit sichtlicher lfast an
dem rechnungsrätlichen Tisch vorübereilte, blieb der andere
einen Augenblick stehen und spen-
dete den Verblüsften erst einen
zierlichen bsandkuß und sodann
eine wohlgesetzte sast meterlange
Nase, ein Benehmen, das eines
Gesxenstes sast noch unwürdiger
ist, als eines Assessors und nur mit
der riesigen Freude entschuldigt
werden kann, die durch die glück-
liche Befreiung sich ergab.
„Das soll auch ein Nlitz sein,"
brummte der Rat. Dann aß er
ruhig weiter. Die Rätin aber
hatte mit weiblichem Scharsblick
bemerkt, daß eines der Gespenster
im Leben ihrem eigenen Geschlecht
angehörte, und sühlte eine fast
schmerzliche Lust, das Geheimnis
zu lüften. Daß es ihr nicht gelang,
war Grund genug für sie, eine
Reihe ihrer Bekannten vor dem
Gerichtshof ihres Aaffeekränzchens
etwas eingehender zu „beleuchten"
und vorerst eine Moche lang sehr
schlecht zu schlafen.
Auf das brave Iulchen riet sie
freilich nicht, die konnte es auch
gar nicht gewesen sein, denn die aß
ja bei Tante Lleonore zu Abend und
kam gegen neun Uhr vom Dienst-
mädchen treulich begleitet, fröhlich
wie ein Zaunkönig nach bjausel
(Lngel oder Deifi?
68)er oa sagt: „Der Mensch werd
Als Engel gebor'n.
Im Aamxf mit der Melt erst
Geht d' Unschuld verlor'n."
Der zwoat' sagt: „Jn uns steckt
Der Deifi von bfaus.
Mi'm Steckerl crst treibt ma 'n
Mehr weniger aus."
Bb oaner da recht hat?
I glaub's net so schnell.
Der Mensch hat sei' Lebtag
AgscheckateSeel. O. I.
Abfichtllches Mßvcrständnis.
Geck: „Schönes Dirndll Lösche die Gluten meines iherzensl"
Dirndl: „Aber ja,
TWsWsWTWsWsWsWTW 66. Band. sWZWTWTW^DTWsWTW
Aöonnement-Kinlcrdung.
Meggenöorfer-Mtätter, München.
Mil uächster Nummrr brginnk rin nrurs Nusrknl <88. Hand) unü ersuchen wir unstre verehrlichen Abon-
nrnken ihrr Vestrklungen stftrk <u ernrurrn, dumik in der regrlmästigrn Suftndung keine Verxögerung einkrikk. —
Prets xro Lugrkal (13 Vummern) in Drukschlnnd Mk. 3.—, Postbexug Wk. 8.05, in Vrstrrreich-Nngsrn Kr. 3.60.
bri sllru Vuch- und Aunsthsndlungrn, Brikungs-ExPedikionrn und Postsmkrrn.
Kei dirckter Zustxduag uuter Krruxkand: In Drukschlsnd 3 Mk. 38 Pfg., in Orstrrrrich-Nngsrn Kr. 4.—
ins Auslsnd Wk. 3.60 — 4 Lrsnks 50 Aks. — Sinxrlnr Lummrr 30 Pstnnig odrr 36 Hrllrr.
GrMioil der Meggenporstr-Mlltter.
München, Etzlingen, Wien I.,
1S. Jahrgaug.
TW<WsWT^)TWTWTW 1903. IV. Nuarkal. ^)TWTWTWE)EVTB)
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scheiterte aber an den vorliegenden Schwierigkeiten. Lin findiger
Aoxf hatte einen anderen Linfall. Er eilte in die Mirtschaft
und requirierte dort so viele Tischtücher, als er aufzutreiben ver-
mochte. Nadeln und Zwirn waren ebenfalls zu haben und
ausgerüstet 7nit diesen Utensilien machte er sich mit Lifer
und vielem Geschick daran, das Brautxaar als Gesxenster zu
vermummen.
Die Tischtücher waren gerade nicht die saubersten, aber Not
bricht Lisen. Schon nach einer bangen Viertelstunde bewegte
sich xlötzlich ein seltsamer Zug durch den Garten. Umgeben
von dem Schwarm der jungen Ulänner, die ein düsteres Lied
sangen, schritten zwei graue Gespenster einher, das eine mit
kleinen, zaxxelnden, das andere mit weit ausholenden, großen
Tritten, und während der erstere Geist mit sichtlicher lfast an
dem rechnungsrätlichen Tisch vorübereilte, blieb der andere
einen Augenblick stehen und spen-
dete den Verblüsften erst einen
zierlichen bsandkuß und sodann
eine wohlgesetzte sast meterlange
Nase, ein Benehmen, das eines
Gesxenstes sast noch unwürdiger
ist, als eines Assessors und nur mit
der riesigen Freude entschuldigt
werden kann, die durch die glück-
liche Befreiung sich ergab.
„Das soll auch ein Nlitz sein,"
brummte der Rat. Dann aß er
ruhig weiter. Die Rätin aber
hatte mit weiblichem Scharsblick
bemerkt, daß eines der Gespenster
im Leben ihrem eigenen Geschlecht
angehörte, und sühlte eine fast
schmerzliche Lust, das Geheimnis
zu lüften. Daß es ihr nicht gelang,
war Grund genug für sie, eine
Reihe ihrer Bekannten vor dem
Gerichtshof ihres Aaffeekränzchens
etwas eingehender zu „beleuchten"
und vorerst eine Moche lang sehr
schlecht zu schlafen.
Auf das brave Iulchen riet sie
freilich nicht, die konnte es auch
gar nicht gewesen sein, denn die aß
ja bei Tante Lleonore zu Abend und
kam gegen neun Uhr vom Dienst-
mädchen treulich begleitet, fröhlich
wie ein Zaunkönig nach bjausel
(Lngel oder Deifi?
68)er oa sagt: „Der Mensch werd
Als Engel gebor'n.
Im Aamxf mit der Melt erst
Geht d' Unschuld verlor'n."
Der zwoat' sagt: „Jn uns steckt
Der Deifi von bfaus.
Mi'm Steckerl crst treibt ma 'n
Mehr weniger aus."
Bb oaner da recht hat?
I glaub's net so schnell.
Der Mensch hat sei' Lebtag
AgscheckateSeel. O. I.
Abfichtllches Mßvcrständnis.
Geck: „Schönes Dirndll Lösche die Gluten meines iherzensl"
Dirndl: „Aber ja,
TWsWsWTWsWsWsWTW 66. Band. sWZWTWTW^DTWsWTW
Aöonnement-Kinlcrdung.
Meggenöorfer-Mtätter, München.
Mil uächster Nummrr brginnk rin nrurs Nusrknl <88. Hand) unü ersuchen wir unstre verehrlichen Abon-
nrnken ihrr Vestrklungen stftrk <u ernrurrn, dumik in der regrlmästigrn Suftndung keine Verxögerung einkrikk. —
Prets xro Lugrkal (13 Vummern) in Drukschlnnd Mk. 3.—, Postbexug Wk. 8.05, in Vrstrrreich-Nngsrn Kr. 3.60.
bri sllru Vuch- und Aunsthsndlungrn, Brikungs-ExPedikionrn und Postsmkrrn.
Kei dirckter Zustxduag uuter Krruxkand: In Drukschlsnd 3 Mk. 38 Pfg., in Orstrrrrich-Nngsrn Kr. 4.—
ins Auslsnd Wk. 3.60 — 4 Lrsnks 50 Aks. — Sinxrlnr Lummrr 30 Pstnnig odrr 36 Hrllrr.
GrMioil der Meggenporstr-Mlltter.
München, Etzlingen, Wien I.,
1S. Jahrgaug.
TW<WsWT^)TWTWTW 1903. IV. Nuarkal. ^)TWTWTWE)EVTB)
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Absichtliches Mißverständnis
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Geck: "Schönes Dirndl! Lösche die Gluten meines Herzens!" / - Dirndl: "Aber ja,
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1903 - 1903
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 54.1903, Nr. 666, S. 155
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication