Zeitschrift für chuinor und Uunst
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Nus der Kinderstube.
Der kleine Paul: „Llli, wollen wir Deine Puppe
mit meinem Soldaten verheiraten?"
Die kleine Llli: „Ja, aber Dein Soldat ist hoffentlich
kein Mitgiftjäger?"
von dem ihr befreundeten berühmten LhemieprofessorOr. Schnüffel-
mann, einer Leuchte seines Faches, untersuchen lassen, und der
hätte durch chemische Analyse festgestellt, daß es sich in dem
Briefe nicht um Tränen, sondern um ganz gewöhnliche Brunnen-
wasserflecke handle. Albert sei ein Lügner und Heuchler und
möge nie wieder einen versuch machen, sich der Tante zu nähern.
Tatsächlich hatte der Unglückliche das Schreiben nur mit ein
paar Tropfen aus seiner Wasserflasche benetzt."
„Donnerwetter," meinte Fellmer, „so etwas kann also die
Chemie?"
„Mas glaubst Du wohl, was sollte die moderne Chemie
nicht können! Die kann ja auch Schweineblut von Menschenblut
unterscheiden, was doch in manchen Fällen ganz außerordentlich
schwer sein muß."
„Wieso gerade in manchen Fällen?"
„Na, bedenke doch, wie viele Menschen umherlaufen, die
den Namen der nützlichen Borstenviecher verdienen!"
„Höre 'mal, wenn Du noch faule Witze machen kannst —"
„Galgenhumor, Freundchen. Also, wie das Pech des Vetters
Albert lehrt — vestigin terrent! — müssen wirkliche, echte
Tränen den Brief befeuchten; die aber fehlen mir noch auf
dem Papiere hier."
„Na, dann weine der alten Dame und ihrem Lhemieprofeffor
doch in Gottes Namen ein paar Salzwassertropfen auf den
Brief."
„Da hapert's ja eben," klagte Bauditz. „Seit einer halben
Stunde mühe ich mich schon ab, meinen Augen ein paar Tropfen
zu entlocken, — es geht nicht, ich kann nicht weinen. Aber
vielleicht versuchst Du es, Fellmer?"
„Will gleich 'mal sehen."
Fellmer beugte sich über den Brief und machte ein Gesicht,
als ob er am Spieße steckte; seine Augen quollen ihm aus dem
Kopfe, sein Antlitz lief blaurot an vor Anstrengung, er drückte,
quetschte — vergebliche Mühe.
„Donnerwetter, es geht nicht. Das willkürliche weinen
ist für einen ausgewachsenen Mann gar keine so einfache Sache.
Aber wende Dich doch an eine Frauensperson, Weiber und
Kinder können ja jederzeit die Schleusen ihrer Tränen öffnen."
„Du hast recht," meinte Bauditz. „Ich will mein Heil
sogleich bei meiner Wirtin versuchen."
Frau Schulze machte ein erstauntes Gesicht, als ihr Bauditz
sein Anliegen vortrug. „Weinen soll ich, Herr Doktor? Aber
das geht doch nicht, — so mir nichts, dir nichts!"
„Sie müssen, Frau Schulze, Sie müssen! . . wissen Sie
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Nus der Kinderstube.
Der kleine Paul: „Llli, wollen wir Deine Puppe
mit meinem Soldaten verheiraten?"
Die kleine Llli: „Ja, aber Dein Soldat ist hoffentlich
kein Mitgiftjäger?"
von dem ihr befreundeten berühmten LhemieprofessorOr. Schnüffel-
mann, einer Leuchte seines Faches, untersuchen lassen, und der
hätte durch chemische Analyse festgestellt, daß es sich in dem
Briefe nicht um Tränen, sondern um ganz gewöhnliche Brunnen-
wasserflecke handle. Albert sei ein Lügner und Heuchler und
möge nie wieder einen versuch machen, sich der Tante zu nähern.
Tatsächlich hatte der Unglückliche das Schreiben nur mit ein
paar Tropfen aus seiner Wasserflasche benetzt."
„Donnerwetter," meinte Fellmer, „so etwas kann also die
Chemie?"
„Mas glaubst Du wohl, was sollte die moderne Chemie
nicht können! Die kann ja auch Schweineblut von Menschenblut
unterscheiden, was doch in manchen Fällen ganz außerordentlich
schwer sein muß."
„Wieso gerade in manchen Fällen?"
„Na, bedenke doch, wie viele Menschen umherlaufen, die
den Namen der nützlichen Borstenviecher verdienen!"
„Höre 'mal, wenn Du noch faule Witze machen kannst —"
„Galgenhumor, Freundchen. Also, wie das Pech des Vetters
Albert lehrt — vestigin terrent! — müssen wirkliche, echte
Tränen den Brief befeuchten; die aber fehlen mir noch auf
dem Papiere hier."
„Na, dann weine der alten Dame und ihrem Lhemieprofeffor
doch in Gottes Namen ein paar Salzwassertropfen auf den
Brief."
„Da hapert's ja eben," klagte Bauditz. „Seit einer halben
Stunde mühe ich mich schon ab, meinen Augen ein paar Tropfen
zu entlocken, — es geht nicht, ich kann nicht weinen. Aber
vielleicht versuchst Du es, Fellmer?"
„Will gleich 'mal sehen."
Fellmer beugte sich über den Brief und machte ein Gesicht,
als ob er am Spieße steckte; seine Augen quollen ihm aus dem
Kopfe, sein Antlitz lief blaurot an vor Anstrengung, er drückte,
quetschte — vergebliche Mühe.
„Donnerwetter, es geht nicht. Das willkürliche weinen
ist für einen ausgewachsenen Mann gar keine so einfache Sache.
Aber wende Dich doch an eine Frauensperson, Weiber und
Kinder können ja jederzeit die Schleusen ihrer Tränen öffnen."
„Du hast recht," meinte Bauditz. „Ich will mein Heil
sogleich bei meiner Wirtin versuchen."
Frau Schulze machte ein erstauntes Gesicht, als ihr Bauditz
sein Anliegen vortrug. „Weinen soll ich, Herr Doktor? Aber
das geht doch nicht, — so mir nichts, dir nichts!"
„Sie müssen, Frau Schulze, Sie müssen! . . wissen Sie
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Aus der Kinderstube
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildbeschriftung: Der kleine Paul: "Elli, wollen wir Deine Puppe mit meinem Soldaten verheiraten?" / Die kleine Elli: "Ja, aber Dein Soldat ist hoffentlich kein Mitgiftjäger?"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 778, S. 87
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg