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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0112
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URKUNDE 46 (Reg. 3527)
Erlaß des Königs Arnulf über Immunität und Libertät unseres Klosters

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Arnulf, von Gottes Gnaden
König. Wir zweifeln nicht daran, daß wir von Gott den Lohn der ewigen Wiedervergel-
tung erlangen werden, wenn wir den Stätten, die sich dem Gottesdienst gewidmet haben
und denjenigen, welche dort Gott dienen, um der Liebe Gottes willen geeignete Wohl-
taten erweisen. Es diene daher zur Kenntnis und zum Nutzen aller unserer Getreuen, der
gegenwärtigen und der zukünftigen, daß der ehrenhafte Mann Gerhart, Abt des Klo-
sters Lorsch, sich an uns wandte. Sein Kloster liegt im Oberrheingau am Fluße Wisgoz
(Weschnitz) und ist errichtet zu Ehren der seligen Apostel Peter und Paul. Dort ruht auch
der Leib des heiligen Märtyrers Nazarius. Vor unserem Angesicht erschienen, legte uns
der Abt eine königliche Urkunde über die Immunität seines Klosters vor, ausgestellt vom
Herrn Ludwig, dem frommen König. Sie besagt, daß der König jenem Kloster um der
Liebe Gottes und der ungestörten Ruhe der dort lebenden Mönche willen, stets seinen
vollsten Schutz und die Verteidigung seiner Reichsunmittelbarkeit vor jeder Einmischung
staatlicher Beamter gewähren wolle. Um aber ganz sicher zu gehen, bat uns Gerhart, der
vorgenannte Abt jenes Klosters, daß wir, der Übung der Väter folgend, aus Ehrfurcht vor
dem heiligen Märtyrer Nazarius, dessen Leib dort ruht, einen ähnlichen Feiheitserlaß für
sein Kloster herausgeben möchten. Gerne haben wir diese Bitte gewährt. Unsere dies-
bezügliche königliche Vorschrift komme dem Kloster und den Mönchen zugute, welche
dort Gott dienen. Wir haben der Sicherheit halber beschlossen, von Liebe für den Gottes-
dienst bewogen und zum Heile unserer Seele, Freiheit und Schutz des Klosters zu gewähr-
leisten. Wir bestimmen und befehlen daher, daß kein staatlicher Beamter und kein mit
richterlicher Gewalt Ausgestatteter und auch kein anderer unserer Getreuen, der gegen-
wärtigen und der zukünftigen, im Hoheitsgebiet des Klosters eine Amtshandlung vor-
nehmen dürfe. Frei von jeglichem derartigem Eingriff sollen seine Kirchen, Ortschaften,
Äcker und sonstigen Besitzungen sein, die zur Zeit über viele Gaue und Verwaltungs-
gebiete zerstreut, rechtlich und gesetzlich allein der Botmäßigkeit des Reiches unterstehen
und ebenso jene Güter, welche nacheinander von christlichen Männern dem Kloster ge-
schenkt wurden. Niemand darf in Hoheitsgebieten des Klosters ein richterliches Verhör
anstellen, Bußen oder Steuern einheben, dauernde oder vorübergehende Wohnungen ein-
richten, Geiseln ausheben oder Klosterleute, seien es Edle oder Knechte, die auf solchem
Territorium wohnen, auf ungerechte Weise in Anspruch nehmen, Schulden oder gar unge-
rechte Forderungen eintreiben. Er wage es nicht, jetzt oder später einzudringen. Er unter-
stehe sich nicht, verbotene Handlungen, die oben angeführt sind, vorzunehmen. Es sei
dem Abte und seinen Nachfolgern gestattet, den Güterbesitz des Klosters unter unserem
Schutze seiner Freiheit in Ruhe und Ordnung zu genießen. Jedes Recht, welches einst dem
königlichen Fiskus zustand, haben wir ganz und unversehrt an das genannte Kloster über-
tragen. Es diene künftig und für ewige Zeiten dem Vorteil des Klosters, sei es als Almo-
sen für die Armen oder als Unterhalt für die dort Gott dienenden Brüder. Und wenn ein-
mal auf göttliche Berufung der erwähnte Abt oder seine Nachfolger vom Lichte der Welt
Abschied nehmen, sollen die Mönche kraft unserer Vollmacht und Zustimmung, wie sie
ihnen schon unser Herr und Großvater verliehen, wenn sie unter sich einen finden können,
der ihre Schar nach der Regel des Hl. Benedikt leiten kann, die Erlaubnis der freien
 
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