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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0177
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171

gekommen, daß von dir ein Aufruhr ausgelöst werden solle. Es ist nicht eben weise von
dir überdacht, welches Ende eine solche Meuterei nehmen wird. Wir haben dir daher nicht
nur einen "Wunsch, sondern einen gemessenen Befehl zu erteilen. Wenn du Wert darauf
legst, im Genüsse unserer Gnade zu bleiben und in unserem Reiche Geltung zu behalten,
so säume nicht, auf das Fest Allerheiligen (1. November 1065) vor uns in Goslar zu
erscheinen.

VERMERK 124

Durch diese drohenden Worte eingeschüchtert, beschloß Udalrich gegen den Rat seiner
Ordensbrüder und Ritter, dem Befehl zu gehorchen. Unter Aufbietung all seiner Kräfte
stieg der kranke Mann zu Pferde, sank aber, noch nicht weit vom Kloster entfernt, offen-
bar durch göttliche Fügung aus dem Sattel, verletzte sich bedenklich und mußte, halb
entseelt und der Sprache nicht mehr mächtig, in einem Tragsessel ins Kloster zurückge-
bracht werden. Die Kriegsleute der Lorscher Fürstabtei aber, sowohl die Dienstmannen
als auch die Edelleute, darunter weitberühmte Männer, wurden von Eifer für die Gerech-
tigkeit entflammt. Empört darüber, daß sie Fremden dienen und würdelos auf sich neh-
men sollten, was sich nicht einmal in eherne Fesseln geschlagene Sklaven gefallen lassen
würden, beschlossen sie, die drohende Gefahr mit dem Schwerte in der Hand und unter
Einsatz ihres Lebens abzuwehren, da sie es durch ihren nicht vermöchten. Sie besetzten
daher den unweit des Klosters sich erhebenen, Burcheldon ( „Burgfelsen", nach einer kelti-
schen Wallburg, heute „Starkenburg") genannten Berg, erbauten eine Befestigungsanlage,
errichteten Türme, umgaben die Wehrbauten mit einem Wall, verstärkten diesen mit
Vorwerken, stellten Wachen auf und legten eine Besatzung in die Burg. Der König, durch
Späher des Bischofs hierüber benachrichtigt, befahl dem Abt sofort brieflich, die neue
Feste zu schleifen und drohte in folgender Weise:

URKUNDE 124 (Reg. 3613)
(Absetzung)

Heinrich, von Gottes Gnaden König, an den Mönch Odalric (Udalrich). Wir wundern
uns darüber, mit welcher Vermessenheit und mit welcher Begründung du unsere Abtei
gegen unseren Willen behalten willst. Durch eine solche Handlungsweise dienst du weder
uns noch unserem Mentor A(dalbert von Bremen), dem wir sie verliehen haben, und er-
zeigst ihm auch nicht die Spur von Unterwürfigkeit. Es ist daher unser Wille, und wir
erteilen dir bei Verlust deines eigenen Heiles den strengsten Befehl, daß du ohne Verzug
unser Eigentum verlassen sollst. Säume nicht und unterstehe dich auch ferner nicht, irgend-
welche Schritte in dieser Angelegenheit zu unternehmen. Den Hirtenstab hast du unserem
Boten auszuliefern, damit er ihn uns überbringe.

VERMERK 125

Um sie davon abzuschrecken, dem Abte in irgendeiner Form auch weiterhin Gehor-
sam zu erweisen, wurde den Lorscher Mönchen dieser Brief zugesandt:
 
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