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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0178
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172

URKUNDE 125 (Reg. 3614)

(Gehorsamsentbindung)

Heinrich, von Gottes Gnaden König, entbietet den Lorscher Mönchen seine Gnade. So,
wie wir uns immer eures Gehorsams erfreuen durften, so wollen wir denselben auch jetzt
auf die Probe stellen. Wir verordnen nämlich, daß Q(dalrich), der einst euer Abt genannt
wurde, und den wir seines Ungehorsams und seines schlechten Beispiels halber schmählich
verurteilt haben, euch nichts mehr zu befehlen habe und ihr ihm künftighin keinen Ge-
horsam mehr schuldig seid. Wenn ihr daher unserem Willen Folge leistet, werdet ihr ihm
in keiner Hinsicht mehr Gehorsam erweisen.

VERMERK 126

Auf Grund einer Beratung gab der Abt „dem Zorne Gottes Raum" (Rom. 12, 19),
gehorchte dem königlichen Gebot und begab sich nach Mainz in das Kloster Sankt Alban.
Die Lehensträger und Leute des Lorscher Klosters waren aber über des Abtes Abwesen-
heit unzufrieden, befürchteten, daß sich daraus ein Vorteil für die Gegenseite ergeben
könnte und riefen Udalrich zurück. Unter den adeligen Hauptlehensträgern des Klosters
ragte damals besonders Adelbert, Graf von Calw, hervor, sowohl durch seine erlauchte
Abstammung als auch durch seine Verläßlichkeit, die große Anzahl seiner Freunde und
den Umfang seiner kriegerischen Macht. Ihm wurde der Schutz des Abtes empfohlen.
Während sich nun der König nach Tribur (beute Trebur) zurückzog (13. Jan. 1066), be-
gann der Erzbischof (Adalbert von Bremen) die Belagerung der Feste (Starkenburg) in
der Annahme, daß mit ihrem Fall eine Wende zum besseren für ihn eintreten werde. Zu
seiner bitteren Enttäuschung geschah das Gegenteil. Die (in Tribur zum Reichstag ver-
sammelten) Fürsten waren einig in ihrem Haß auf ihn, den er sich durch seinen Stolz
und Hochmut und seine unersättliche Habsucht zugezogen hatte. Rings war er von Nach-
stellung bedroht, nur notdürftig durch den königlichen Schutz gesichert. Nur durch
schmähliche Flucht in Nacht und Nebel konnte er sich retten, und so war tatsächlich der
Rat des Achithofel zuschanden geworden („Herr, mache den Ratschlag des Ahithophel
zur Narrheit!": 2 Sam. 15, 31). Nach der Flucht des gemeinsamen Feindes aller wurden
durch Erzbischof Sigfrid (I.) von Mainz, Erzbischof Anno von Köln, die Herzöge Rudolf
und Gottfried und die übrigen Großen des Fveiches sehr viele von den Fehlern, welche im
Reiche unter dem jugendlichen König vorgekommen waren, wieder gutgemacht. Der Abt
von Lorsch wurde eingeladen, vor dem König oder vielmehr vor dem Reich (auf dem
Reichstag zu Tribur) zu erscheinen. Durch Gesandte versprachen ihm die Fürsten, für
Gerechtigkeit und die Freiheit seines Klosters einzutreten, ihm nützlichen Rat und ge-
treuliche Hilfe angedeihen zu lassen. Der Abt berief nun seine zwölf Hauptlehensträger
(Inhaber der zwölf Fahnenlehen) zu einer Beratung. Diese zwölf vornehmsten Vasallen
waren auch die Träger der kriegerischen Macht des auf dem Lehenswesen begründeten
Lorscher Güterbesitzes, die in der volkstümlichen Sprache „Heerschild" genannt wurde.
Jedes Hauptlehen umfaßte hundert Afterlehen, verfügte also über je hundert bewaffnete
Ritter, wie überliefert ist. In gut gegliederten Abteilungen, gefolgt von einem entspre-
chenden Troß, setzten sie sich in Bewegung. So erschien diese Streitmacht (von 1200 Rei-
tern) in Waffen und Wehr (in Tribur) vor dem Angesichte des Königs und des Reiches.
Udalrich wurde, begünstigt durch das Wohlwollen aller Fürsten, vom König in Gnaden
 
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