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Darum verstummen auch nimmer die Klagen der leidenden Menschheit.
Wir auch, das Haar schon vom Alter gebleicht und von Arbeit entkräftet,
Wir, die wir viermal schon zwanzig der Jahre im Kloster verlebten,
Die wir befolgten die alten Gesetze und Regeln der Väter,
Wurden von jenen vertrieben, verjagt aus den heimischen Mauern,
Müssen erdulden die Schande, mit ihnen verglichen zu werden,
Trotz unsrer Ablehnung, diesen Sektierern und Ketzern zu folgen.
Nun denn, o König, erstrahlend im Glänze des Römischen Reiches,
Du, dessen Ruhm noch die fernsten Jahrhunderte werden verkünden,
Mußt du derartiges dulden? Was säumst du, dies alles zu enden?
Schmerzen, barmherziger Herr, nicht auch dich unsre bitteren Schmerzen?
Müssen im Zwiespalt der Heuchler ersticken die Lande der Deutschen?
Siegreicher König, warum nur besiegst du nicht eigene Sorgen?
Magst du in Christo erkennen, daß, wenn du nicht Einhalt gebietest,
Weiterhin wucherndes Ketzergezänke dir Unheil bereitet,
Mühvolle Sorge wird wachsen, und Kriege auch werden nicht ruhen.
Fälle dein richterlich Urteil, wie Christus es fället, der Richter!
Leih deine Arme den Armen, erbarm dich der Machtlosen Ohnmacht,
Du, unsre einzige Hoffnung, du Odem und Port unsres Heiles.
Eilenden Fusses laß wieder uns ziehen in unsere Heimat!
Daß es uns wieder beglücke, dem Herrn dort zu dienen in Ruhe,
Wie es erheischt deutsche Sitte und auch Benedictus, der Vater.
Wenn du, o König, willfahren willst gnädiglich unserer Bitte,
Wollen wir beten für dich sowohl jetzt als in künftigen Zeiten.
VERMERK 142 d
Nichtsdestoweniger folgt hier noch der Brief, welcher von den vorgenannten Mön-
chen an Papst Paschalis gerichtet wurde.
URKUNDE 142 (Reg. 3630)
Brief der Lorscher an Papst und Kaiser
An den heiligsten Priester des apostolischen Stuhles Paschaiis (IL, 166. Papst, 1099—
1118) und den ruhmreichsten König der Römer, Heinrich (V., 1106—1125) und an alle
Reichsfürsten (wendet sich) die geringfügige Herde des Hl. Nazarius. Immer ist der
himmlische Bräutigam besorgt um seine Braut, die heilige Kirche, welche er mit seinem
Blute erlöst hat. Lange Zeit hat er ihr großes Heil gebracht, nun aber hat er euch als
seine Stellvertreter über sie gesetzt. Während wir in unseren Sünden dahinleben, hat die
Scheelsucht der Häretiker und Schismatiker schon durch viele Jahre die Glieder der
Kirche, unserer Mutter Syon, vergiftet. Da aber die göttliche Gnade mehr und mehr aus
eurem von Honig fließendem Munde träufelt, hoffen wir, daß unser Haupt vom Himmel
beachtet werde, daß er sehe den Schmerz seiner Glieder, welche in ihren mannigfaltigen
Bedrängnissen täglich zu ihm schreien. Deswegen, o gütiger Hirte, legen wir unsere be-
weglichen Bitten vor eurem und des ganzen Reiches Angesicht nieder, bittend und flehend,
ihr möchtet unser Geschrei erhören und, nachdem ihr es erhört, ein gerechtes Urteil aus
Darum verstummen auch nimmer die Klagen der leidenden Menschheit.
Wir auch, das Haar schon vom Alter gebleicht und von Arbeit entkräftet,
Wir, die wir viermal schon zwanzig der Jahre im Kloster verlebten,
Die wir befolgten die alten Gesetze und Regeln der Väter,
Wurden von jenen vertrieben, verjagt aus den heimischen Mauern,
Müssen erdulden die Schande, mit ihnen verglichen zu werden,
Trotz unsrer Ablehnung, diesen Sektierern und Ketzern zu folgen.
Nun denn, o König, erstrahlend im Glänze des Römischen Reiches,
Du, dessen Ruhm noch die fernsten Jahrhunderte werden verkünden,
Mußt du derartiges dulden? Was säumst du, dies alles zu enden?
Schmerzen, barmherziger Herr, nicht auch dich unsre bitteren Schmerzen?
Müssen im Zwiespalt der Heuchler ersticken die Lande der Deutschen?
Siegreicher König, warum nur besiegst du nicht eigene Sorgen?
Magst du in Christo erkennen, daß, wenn du nicht Einhalt gebietest,
Weiterhin wucherndes Ketzergezänke dir Unheil bereitet,
Mühvolle Sorge wird wachsen, und Kriege auch werden nicht ruhen.
Fälle dein richterlich Urteil, wie Christus es fället, der Richter!
Leih deine Arme den Armen, erbarm dich der Machtlosen Ohnmacht,
Du, unsre einzige Hoffnung, du Odem und Port unsres Heiles.
Eilenden Fusses laß wieder uns ziehen in unsere Heimat!
Daß es uns wieder beglücke, dem Herrn dort zu dienen in Ruhe,
Wie es erheischt deutsche Sitte und auch Benedictus, der Vater.
Wenn du, o König, willfahren willst gnädiglich unserer Bitte,
Wollen wir beten für dich sowohl jetzt als in künftigen Zeiten.
VERMERK 142 d
Nichtsdestoweniger folgt hier noch der Brief, welcher von den vorgenannten Mön-
chen an Papst Paschalis gerichtet wurde.
URKUNDE 142 (Reg. 3630)
Brief der Lorscher an Papst und Kaiser
An den heiligsten Priester des apostolischen Stuhles Paschaiis (IL, 166. Papst, 1099—
1118) und den ruhmreichsten König der Römer, Heinrich (V., 1106—1125) und an alle
Reichsfürsten (wendet sich) die geringfügige Herde des Hl. Nazarius. Immer ist der
himmlische Bräutigam besorgt um seine Braut, die heilige Kirche, welche er mit seinem
Blute erlöst hat. Lange Zeit hat er ihr großes Heil gebracht, nun aber hat er euch als
seine Stellvertreter über sie gesetzt. Während wir in unseren Sünden dahinleben, hat die
Scheelsucht der Häretiker und Schismatiker schon durch viele Jahre die Glieder der
Kirche, unserer Mutter Syon, vergiftet. Da aber die göttliche Gnade mehr und mehr aus
eurem von Honig fließendem Munde träufelt, hoffen wir, daß unser Haupt vom Himmel
beachtet werde, daß er sehe den Schmerz seiner Glieder, welche in ihren mannigfaltigen
Bedrängnissen täglich zu ihm schreien. Deswegen, o gütiger Hirte, legen wir unsere be-
weglichen Bitten vor eurem und des ganzen Reiches Angesicht nieder, bittend und flehend,
ihr möchtet unser Geschrei erhören und, nachdem ihr es erhört, ein gerechtes Urteil aus