Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0208
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
202

demselben schöpfen. So möge denn zu eueren Ohren gelangen und allen Reichsfürsten
bekannt werden, daß Karl der Große zur Zeit seines Kaiserreiches unser Kloster durch
seine königliche Würde erhöhte und mit vielen Ehrungen überhäufte, zu Ehren der Apo-
stel Petrus und Paulus weihte und gestattete, daß es als Zierde des ganzen Reiches frei
sein solle und zur Bekräftigung dieser Verfügung seine Namensunterschrift leistete. Und
nach ihm ist bis zu diesen Zeiten wahrlich kein König, kein Kaiser und kein römischer
Papst gewesen, von dem wir nicht Freiheitsprivilegien empfangen hätten. Aber leider ist
das alles zur gegenwärtigen Zeit von Leuten verachtet und vernichtet worden, von denen
das keineswegs geschehen wäre, wenn euer Ansehen und aller Guten Würde bei ihnen
etwas ^es;olten hätten. In der Tat aber seid ihr mit dem ganzen Reich in dem uns zuge-
fügten Unrecht beleidigt worden.) Ganz unversehens kamen da unter mönchischem Na-
men gewisse Leute aus Hirsau zu uns, angeblich zur Unterstützung unserer Ordensge-
meinschaft, nicht wie Brüder in Christo, nicht als Demütige, sondern wie Räuber und
Plünderer. Nicht nur uns und unsere Brüderschaften verachteten sie, sondern einer von
ihnen mit Namen Ermonald (Ermenpld^ fing^heran zu regieren, als er den Verstand
dazu hatte, und nicht eher ließ'er von seirfer Raierei a^als bis er ohne Befehl des Abtes
uns alle zu Enterbten unserer klösterlichen Gemeinschaft machte und durch seine Frevel-
haftigkeit einen nach dem andern aus dem Kloster vertrieb. Um eurer väterlichen Würde
Einzelheiten zu eröffnen, welche wir seit der Ankunft derselben erdulden mußten, sei er-
wähnt, daß wir unserer Besitzungen Bruomat (Brumat im Elsaß), Langunga (Langen
nördl. Darmstadt), Gingen (an der Fils sö. Göppingen), Liuthereshusen (Leutershausen
nördl. Weinheim), des Marktzolles und des Wasserrechtes in Winenheim (Weinheim
a. d. Bergstr.) beraubt wurden. Leuten, die eher Tyrannen als Ritter sind, wurden diese
Güter zu Lehen gegeben, Güter, die sehr gottesfürchtige Männer den in wahrer Ritter-
schaft Dienenden und Gott und dem Hl. Nazarius zum Heile ihrer Seelen übergeben
haben. Darüber hinaus wurde von ihnen auch das Getreide und der Wein, dem Lebens-
unterhalte der Mönche dienend, in diesem Jahre wr^cmeuaJrl, uncl a$r3i ihre Verschwö-
rung wurde die ganze Gemeinschaft des Hl. Nazarius, nämlich alle Dienstmannen und
Hübner, beraubt. Daß unser Lebenswandel tadelnswert sei, behaupten sie nur deswegen,
daß sie durch eine derartige Verleumdung uns Vertriebenen unser Erbe vorenthalten
können. Dringend bitten wir daher im Herrn, heiliger Vater Paschalis, eure apostolische
Macht, verbunden mit der Stärke aller Gutgesinnten, möge beschließen und befehlen, daß
jene an ihren früheren Aufenthaltsort zurückkehren und wir das Unserige zurückerhalten
sollen. Mögen wir durch euch, die ihr es verdient habt, von den Menschen den Namen
„Paschalis" (der „österlich Auf erstandene") zu erhalten und durch eure Macht für würdig
befunden werden, in unserem Kloster ein neues Pascha (Osterfest) zu feiern. Lebet wohl
in Christo!

VERMERK 143

So war nun die zweite Verfolgung der Lorscher durch die Hirsauer beendigt. Die
erste war unter Winther, die zweite unter Gebhard erfolgt, ähnlich wie nach der neroni-
schen die domitianische (Christen-/Verfolgung wütete. In unserem Kloster wurde jetzt
Benno, ein Mönch aus dem Kloster Weißenburg, durch simonistische kaiserliche Gunst,
wie berichtet wird, als Abt inthronisiert (1107—1119, Febr., 20.). Nach einigen Jahren
wurde er wegen seines Leichtsinnes und seiner Verschwendungssucht durch eine gemein-
 
Annotationen