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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0209
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203

same haßerfüllte Verschwörung der Mönche und Vasallen und besonders des Kloster-
vogtes Berthold des Jüngeren, nach Zerstörung der Burg (Windegg bei) Weinheim aus
der Abtei vertrieben. In Lorsch, auf dem Abrinsberg (Heiligenberg) und überall, wo es
ihm möglich war, hatte er den Kirchenschatz zusammengerafft und war zu Kaiser Hein-
rich IV. (richtig: V.) geeilt, der damals sich fast ein Jahrzehnt lang in Italien aufhielt,
während der Staat in voller Verwirrung war. Durch Gottfried, den Pfalzgrafen bei
Rhein, dessen Einfluß zu jener Zeit die treibende Kraft bei Hofe war, erlangte er die
Wiedereinsetzung, nachdem er ihm die Belehnung mit allen Lehen versprochen hatte, die
damals an das Kloster Lorsch heimgefallen waren. Das Ergebnis dieser Übereinkunft
war verwunderlich und beklagenswert. Denn nicht weniger als sieben Hauptlehen (Fah-
nenlehen), welche das Volk Voll-Lehen nennt, waren durch den Tod von sieben dem
Hochadel angehörigen Vasallen des Klosters heimgefallen. Und alle sieben wurden kurz
darauf in der einen Person Gottfriedes vereinigt, um dann nach ihm zum unermeßlichen
Schaden des Klosters an seinen Schwiegersohn, den Herzog Weif überzugehen. Und ge-
rade dadurch wurde der ritterliche Herescilt (Heerschild, Heerbann) in seiner Einheit zer-
rissen und in einzelne Teile zerspalten und die Verfassung des Klosters sowohl in der
Stärke der waffentragenden Mannschaft als auch im Wohlstand, sowohl in seinen eigenen
Unternehmungen als auch in den für den König ausgerüsteten Feldzügen aufs empfind-
lichste getroffen. Da nun die Lehensdienst-Leistungen vieler (Lehensträger) in einer Per-
son vereinigt waren, wurden die Beziehungen von Herrenlehen und Mannlehen nur noch
leere Worte. Benno, nun wieder auf seinen Stuhl erhoben, vertrieb eine Anzahl Mönche,
andere, die er als Feinde betrachtete, verfolgte er grausam. Unter anderen von ihm durch-
geführten Ungeheuerlichkeiten wäre besonders zu erwähnen, daß er die Besitzung Bru-
mat (im Elsaß) dem Kloster unter dem Vorwand einer Belehnung entfremdete, den Weiler
Bechtolsheim (nordöstl. Alzey), der dem Klösterchen, welches Capeila (Stephanus-Lau-
rentius-Kloster am Heiligenberg bei Heidelberg) genannt wird, gehörte und einen Teil
des Weinberges „Seelenweingarten" in Weinheim dem Konrad Sporo übergab. Auch das
Klösterchen Michelstadt bedrängte er aus Haß gegen seinen ehrwürdigen Propst Libelin.
Dieser hatte nämlich die Zerstörung der Burg (Windegg bei) Weinheim beim Kaiser
durchgesetzt, da sie (von Benno) auf dem Gipfel eines mit Weinbergen bepflanzten Berges
erbaut worden war, welche dem Kloster (Michelstadt) gehörten. Aber noch bevor er nach
Michelstadt kam, wurde er auf dem Anmärsche von der göttlichen Rache mit tötlicher
Krankheit geschlagen. Man brachte den Sterbenden ins Klösterchen, wo er nach wenigen
Tagen seinen letzten Tag beschloß. Er wurde ebendort begraben. Dreizehn Jahre lang
war er in Lorsch Abt gewesen. Nach ihm kam ein gewisser Heidolf aus dem Kloster des
Hl. Pantaleon in Köln. Er wurde vom Kaiser, nachdem dieser Geld erhalten hatte, in
sein Amt hinein- und sofort wieder hinausgedrängt (1119). Dann folgte ein Interregnum,
während dessen das Lorscher Kloster ohne Hirten sechs Jahre lang (1119—1125) zur
Verfügung des Kaisers stand, nämlich bis zum Tode des Kaisers.

VERMERK 143a

Als Heinrich IV. (richtig: V.) nach dem 21. Jahre seines Kaiser- und Königtums
(1104 bezw. 1106—1125) zu Utrecht (am 23. Mai 1125) gestorben und zu Speyer neben
seinem Vater beigesetzt worden war, wurde Hermann, der bisherige Propst von St. Peter
zu Altenmünster, durch die Gunst des Mainzer Erzbischofs Adelbert I., des Älteren, und
 
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