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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0224
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218

URKUNDE 154 (Reg. 3640; entspricht Urkunde 3811)

Über den Weiler Zell

Kund und zu wissen für jetzt und später sei dem liebevollen Gedenken aller Gläubigen,
daß ein gewisser Diener Gottes namens Billung (von Lindenfels) und seine Gattin . . .
(Lücke im Text!) . . . eine Schenkung gemacht haben. Sie diene dem Seelenheile der Spen-
der, ihrer Eltern und Nachkommen. Sie sei Gott und dem Hl. Nazarius gewidmet. Die
Schenkgeber übereignen die in (an) ihrem eigenen Haus im Weiler Zell errichtete Kirche,
begabt mit drei Morgen Weinland und einem Bauernhof. Es wurde allerdings (für die
Nutznießung durch die bisherigen Besitzer) die Auflage gemacht, daß sie, solange sie leben,
alljährlich an Weihnachten eine Unze von den Erträgen entrichten sollen und daß nach
ihrem Tode die Kirche mit all ihrem Zubehör und mit allen Rechten unserem Kloster ge-
höre. Dieses übernimmt die Verpflichtung, daß der Prior oder ein anderer von ihm beauf-
tragter Mönch in jener Kirche an drei Tagen der Woche die göttlichen Geheimnisse feiere.
Ebendieselben Gottergebenen vermachen uns in Besinsheim (Bensheim), auf dem nahe-
gelegenen Berge (dem Hemsherg) ein Neuland, von dem sie (für das Nutzungsrecht) jähr-
lich zehn Silberlinge zinsen, solange sie leben. Nach ihrem Tode soll die gesamte Schenkung
in allen ihren Teilen an uns übergehen. Es gelte die Bestimmung, daß der zu ihren Leb-
zeiten jährlich fällige Zins für beide Schenkungen in jedem einzelnen Jahr für die An-
fertigung von Kerzen (als Wachszins) dienen soll. Diese Übergabe wurde durchgeführt
unter der Regierung König Konrads IL (richtig: III., 1138—1152), zur Zeit des Mainzer
Erzbischofs Heinrich (I., 1142—1153), unter unserem Herrn, dem (1141—1148 regieren-
den) Abt Folknand (also zwischen 1142 und 1148), in des Abtes und der übrigen Mönche
Gegenwart, vor bewährten Zeugen:

Mönche: Abt Folknand selbst, Dekan Hunfrid, Adelrad, Marquard, Udalrich und ein
zweiter Udalrich.

Edle: Graf Bobbo (von Henneberg, gest. 1156), sein Bruder Bertholf (Berthold III., gest.

1165), Magenes (von Lindenfels), Konrad.
Dienstmannen: Konrad, Bertholf, Craft (von Handschuhsheim), Dragebodo, Giselher,

Diederich — und sehr viele aus dem Volk.

VERMERK 155

Mit diesem Billung verfuhr „der Gott der Rache" (Ps. 94, 1) gemäß den Verdiensten
und dem Schutz seines heiligen Blutzeugen Nazarius nach seinem Willen, und ebenso ging
er gegen diejenigen vor, die sich ähnlich verhielten und „das Volk des Herrn erniedrigten
und sein Erbe verheerten" (Ps. 94, 5). Auch gegen diese „streckte er seine vergeltende Hand
aus" (Ps. 55, 21). Denn nach ungefähr zwei Jahren hauchte dieser (Billung), vollkommen
der Sprache beraubt, verkrüppelt durch eine schreckliche Lähmung aller seiner Glieder,
dem Fleische nach bereits abgestorben und in den letzten Lebensäußerungen zuckend,
ruhmlos und nicht mehr in der Lage, einen letzten Willen zu äußern, seinen Geist aus.
Eberhard von Erbach, ebenfalls plötzlich der Rede nicht mehr mächtig, ging unbußfertig
dahin. Burkhard vom Scharhof, „aufgedunsen, voller Schwären und Maden" (2 Makkab.
9, 9), siechte in einem schmählichen Ende dahin. Alle, sowohl Bedienstete als auch Herren,
welche „Jacob aufgefressen und seine Häuser verwüstet hatten" (Ps. 73, 19), wurden
„zunichte und gingen unter wegen ihrer Missetaten" (Ps. 73, 19). Der Klostervogt Graf
 
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