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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 2.1899

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Heberdey, Rudolf: Vorläufiger Bericht übe die Ausgrabungen in Ephesus
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https://doi.org/10.11588/diglit.22624#0304
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38

Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Ephesus.

in.

(Wiederholt aus dem Anzeiger der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
in Wien vom 14. December, Jahrg. 1898 n. XXVII; vgl. Jahreshefte I Beiblatt 54 ff.)

Das Hauptergebnis der diesjährigen Arbeiten,
die unter Beistand des Architekten Victor Hoefert
und Dr. Josef Zingerle’s von Anfang April bis Ende
Juni durchgeführt wurden, war die Aufdeckung des
Theaters, von dem im vorigen Herbste Theile des
Skenengebäudes und der Südparodos freigelegt wor-
den waren. Trotz der gewaltigen Schutt- und Stein-
massen, welche Skene und Orchestra bedeckten, ge-
lang es, die Aufgabe im wesentlichen zu bewältigen.
Fig. IO und II zeigen Orchestra und Bühnenhaus,
von der Mitte des Zuschauerraumes in der Höhe des
ersten Diazoma gesehen, vor Beginn und nach Ab-
schluss der Grabungen.

Wie bereits in dem vorjährigen Berichte (Jahres-
hefte I Beiblatt 77) hervorgehoben worden ist, liegt
das Bauwerk nicht in seiner ursprünglichen Gestalt
vor, sondern wesentlich verändert durch mehrfache
Umbauten, am eingreifendsten durch eine Restaura-
tion des 2. Jahrhunderts n. Chr. In dem römischen
Baue lassen sich nach Technik und Material mit
Sicherheit eine Reihe älterer Mauerzüge unterschei-
den, welche bei der Restauration unverändert ge-
blieben oder durch Zu- und Überbauten verkleidet
worden sind.

Die unter solchen Verhältnissen zahlreich sich
aufdrängenden Probleme der Baugeschichte zu klären,
kann erst dann versucht werden, wenn durch den
Abschluss der architektonischen Detailaufnahmen
eine Grundlage für neue Untersuchungen geschaffen
ist. Erschwert wird diese Aufgabe dadurch, dass
Woods Tastgrabungen, über welche nur eine flüch-
tige Notiz, kein nutzbarer Bericht vorliegt, zerstö-
render gewirkt haben, als nach dem ersten Augen-
schein zu vermuthen war. Doch steht zu hoffen,
dass ein sorgfältiges Studium der von ihm nach
London gebrachten Architekturstücke und Sculpturen
im Zusammenhalte mit den Ergebnissen unserer Ar-
beiten ein Bild des Theaters in seinen verschiedenen
Epochen wieder zu gewinnen ermöglichen werde.
Ich beschränke mich daher im folgenden darauf, den
Zustand des Erhaltenen zu schildern und einige Be-
obachtungen anzureihen, welche sich mir im Ver-
laufe der Arbeiten aufdrängten.

Wie bei allen Theatern, deren Anlage in grie-
chische Zeit hinaufreicht, ist auch in Ephesus das

Koilon in Benützung gegebener Terrainverhältnisse
an den Berghang hinangebaut. Die geringe Tiefe
der Mulde und der steile Abfall des Panajirdagh,
an den sich das Theater anlehnt, machte indes
mächtige Stützbauten für die beiden Flügel des Zu-
schauerraumes nothwendig, zwang auch, das ganze
Bühnengebäude auf künstlich angeschüttetes Terrain
zu stellen und dieses letztere gegen die Ebene hin
mit einer Rusticaquadermauer zu stützen, deren
Höhe in süd-nördlicher Richtung von 2 auf 5m
ansteigt.

Der Zuschauerraum umfasst im Grundriss mehr
als einen Halbkreis und öffnet sich gegen Westen
in einer Gesammtbreite von 140™. Er zählt 66 Sitz-
reihen, welche durch zwei Diazomata in drei Ränge
gegliedert sind. Der unterste Rang ist durch
zwölf Treppen in eilf Keile getheilt, für die oberen
ist die Zahl der Treppen noch nicht festgestellt. Die
Sitzstufen sind aus Kalksteinquadern hergestellt und
waren mit Marmorplatten verkleidet, die in der
Nähe der Parodoi noch theilweise erhalten sind.
Zwei gewölbte Eingänge führen im Innern der vor-
springenden Flügelbauten von West her auf das
erste, zwei weitere von Nord und Süd auf das
zweite Diazoma. Im Inneren reichen die Sitzreihen
nicht bis auf das Niveau der Orchestra herab, sondern
schneiden mit einer 1 '75 m hohen marmorbekleideten
Wand ab. Vor dieser lief in 2’6o m Abstand eine
Innenbalustrade, in welche Statuenbasen eingeschaltet
waren, von denen sich eine Anzahl wieder fand.

Der so hergestellte Umgang umschließt die über
einem Radius von I4’50m construierte Orchestra und
mündet im Norden und Süden durch zwei überwölbte
Gänge unter dem Logeion —• die Parodoi der älteren
Anlage — ins Freie; bei einer spätantiken Restau-
ration wurden diese Zugänge aufgelassen und durch
Mauern geschlossen. Der Fußboden der Orchestra
war im Gegensätze zu dem marmorgetäfelten Um-
gänge anscheinend bloß aus Mörtelestrich hergestellt;
an mehreren Stellen finden sich Reste einer Stein-
setzung, welche einem kleineren, älteren Orchestra-
kreise (Radius I3m) entsprechen würde.

Das Bühnenhaus erhebt sich, wie bemerkt, auf
einer mächtigen Terrainanschüttung und zeigt als
Hauptraum einen Corridor, der 40m lang, 2’95 m
 
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